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Mord am Oxford-Kanal

Mord am Oxford-Kanal

Titel: Mord am Oxford-Kanal
Autoren: Colin Dexter
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aufgespießte Würstchen.
    «Wir fangen gleich damit an»,
sagte eine bekannte Stimme in seinem Rücken. Hinter ihm stand Eileen, zum Glück
ohne Begleiter. Sie trug, im Gegensatz zu den meisten anderen, Tracht.
    «Hallo», sagte Morse.
    «Hallo», erwiderte sie leise.
    «Schön, Sie zu sehen.» Sie
lächelte ihm zu und nickte unmerklich.
    Wie aus dem Nichts stand
plötzlich ein großer, schwerer Mann, dessen Gesicht noch die Spuren eines nicht
allzu lange zurückliegenden Kampfes aufwies, neben ihr.
    «Das ist Gordon», sagte Eileen
und blickte fast ein wenig verängstigt hoch in sein düster wirkendes, hageres
Gesicht. Gordon nickte Morse kurz zu, griff nach Eileens Ellenbogen und
verschwand mit ihr in der Menge. Morse war wieder allein und überlegte, wie er
möglichst unauffällig verschwinden konnte.
    Er war nur noch wenige Schritte
von der Tür entfernt, als sich ihm jemand plötzlich in den Weg stellte.
    «Sie wollen sich doch nicht
etwa heimlich verdrücken?»
    Nessie!
    «O hallo, Schwester! Nein. Ich
kann... ich kann zwar nicht sehr lange bleiben, aber...»
    «Schön, daß Sie gekommen sind.
Ich weiß, daß Sie eigentlich schon ein bißchen zu alt sind für diese Art
Vergnügen.» Es klang, als mache sie sich ein bißchen über ihn lustig.
    Morse nickte, was ließ sich
dagegen schon sagen, und fischte verlegen in seinem Becher nach Apfelstückchen.
    «Ihr Sergeant hat Sie neulich
besser versorgt — mit Getränken, meine ich», sagte sie.
    Morse blickte sie an und hatte
plötzlich das Gefühl, als sehe er sie zum erstenmal. Ihre Haut schimmerte unter
den zuckenden Lichtblitzen beinahe opalartig, und ihre Augen hatten die Farbe
von Smaragden. Das rötlichbraune Haar hatte sie nach hinten gekämmt, so daß die
Konturen ihres Gesichts deutlicher hervortraten. Sie war leicht geschminkt. Für
eine Frau war sie ziemlich groß, fast so groß wie er selbst, und wenn sie,
dachte Morse, noch ein etwas vorteilhafteres Kleid angehabt hätte...
    «Wollen wir tanzen, Inspector?»
    «Ich... nein! Das ist nichts
für mich, tanzen, meine ich.»
    «Was...?»
    Morse erfuhr nicht, was sie ihn
hatte fragen wollen, denn in diesem Moment trat ein Medizinalassistent, noch
ganz erhitzt vom Tanzen, lächelnd auf sie zu, griff nach ihrer Hand und zog sie
auf die Tanzfläche.
    «Komm, Sheila! Diesen Tanz
hattest du mir versprochen, erinnerst du dich?»
    Sheila!
    «Sie bleiben doch noch...?»
sagte sie und drehte sich kurz noch einmal nach ihm um. Dann betraten die
beiden die Tanzfläche, und bald hörten alle anderen Tänzer auf und zogen sich
an den Rand zurück, während Sheila und ihr Partner zum rhythmischen Klatschen
der Zuschauer eine atemberaubende Folge schneller Schritte und Drehungen
vollführten.
    Morse spürte einen Anflug von
Eifersucht, als er dem Paar mit den Augen folgte und sah, wie der junge Mann sie
an sich gepreßt hielt. Eigentlich hatte er jetzt wirklich noch bleiben wollen,
doch als die Musik aufhörte und eine verwandelt wirkende Nessie sich völlig
erschöpft in einen Sessel fallen ließ, wo sie sogleich von einer Schar von
Bewunderern umringt war, stellte Morse unauffällig seinen Plastikbecher
beiseite und ging.
     
     
    Er verbrachte eine unruhige
Nacht und beschloß beim Aufwachen, im Laufe des Vormittags im
John-Radcliffe-Krankenhaus anzurufen. Gegen halb zehn griff er zum Hörer.
    «Ich möchte bitte mit der
Oberschwester sprechen.»
    «Um was handelt es sich denn?»
    «Es ist ein... äh... privater
Anruf.»
    «Tut mir leid, aber private
Anrufe können wir nicht entgegennehmen. Wenn Sie mir vielleicht Ihren Namen
nennen wollen...»
    «Ach, sagen Sie ihr einfach,
ein ehemaliger Patient von Station 7 C habe sie sprechen wollen.»
    «Ich habe Sie doch richtig
verstanden, Sie wollten Schwester Maclean sprechen?»
    «Ja.»
    «Das wäre sowieso nicht
gegangen. Sie ist gar nicht mehr bei uns. Letzte Woche war ihre Verabschiedung.
Sie hat außerhalb eine Stelle als Leiterin des Pflegedienstes bekommen...»
    «Ist sie noch in Oxford?»
    «Ja, aber sie fährt heute. Sie
ist nur deshalb noch geblieben, weil sie gestern abend bei der Party im
Schwesternwohnheim dabeisein wollte.»
    «Ich verstehe. Hoffentlich habe
ich Sie jetzt nicht zu lange aufgehalten. Ich bin offenbar zu spät dran.»
    «Es scheint so.»
    «Wo geht sie übrigens hin?»
    «Nach Derby — zur Derby Royal
Infirmary.»

Kapitel 37
     
    Die
Prägung des Begriffes reflektiert die Wirksamkeit der Mittelklassenideologie
in bezug auf den
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