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Morag und der magische Kristall

Titel: Morag und der magische Kristall
Autoren: Dawn A. Nelson
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heranschleicht.
    Morag hatte furchtbare Angst. Das Herz hämmerte ihr jetzt wie wild in der Brust, und sie wünschte sich, sie hätte den Mund gehalten. Aber trotzdem wiederholte sie ihre Worte. »Ich habe gesagt, sie ist nicht meine Mutter.« Es gelang ihr sogar, mit festerer Stimme zu sprechen als zuvor.
    »Nicht deine Mutter? Natürlich ist Moira deine Mutter – sie ist die einzige Mutter, die du jemals haben wirst«, schrie Jermy sie an. »Deine eigene Mutter wollte dich nicht. Sie hat dich aufgegeben, als sie begriff, was ihr bevorstand. Kein Wunder, dass deine Mum und dein Dad davongelaufen sind. Sie konnten es nicht ertragen, dich am Hals zu haben. Wenn wir nicht gewesen wären, wärest du jetzt tot. Wir haben dir alles gegeben: ein gutes Zuhause, Essen im Kühlschrank, ein Dach überm Kopf – und so vergiltst du uns das! Du bist ein undankbarer kleiner Nichtsnutz!« Sein Gesicht war purpurn vor Zorn.
    »Sie ist eine Schande, Jermy«, stachelte Moira ihn aus ihrer Ecke heraus an, während sie die Zigarettenasche des vergangenen Tags in einen halb vollen Becher kalten Tees kippte.
    Morag sagte nichts. Sie wusste, dass es sinnlos war, dass sie die Dinge damit nur noch schlimmer machen würde. Sie wartete darauf, dass Jermy sie bestrafte, aber dann geschah etwas Merkwürdiges. Statt ihr abermals zu drohen, gab er einfach auf. Seine Züge entspannten sich, er seufzte und wandte sich ab.
    »Oh, was soll’s?«, sagte er. »Beeil dich einfach und mach Moira ihr Frühstück. Und ich will eine Tasse Tee. Sofort. Die brauche ich nach gestern Nacht.« Er entfernte sich von dem kleinen Mädchen und schnappte sich den Stuhl, auf dem Morag bis vor fünf Minuten gesessen hatte . Er zog ihn an den Tisch und nahm neben seiner Frau Platz.
    »Ich habe dir gesagt, dass wir sie ins Waisenhaus hätten bringen und gegen einen Jungen eintauschen sollen«, bemerkte er mit leiserer Stimme zu Moira. »Ein Junge wäre viel besser gewesen als diese kleine Madam. Jungen sind stärker und verlässlicher. Sie ist total nutzlos. Jetzt siehst du, warum sie sie zurückgelassen haben.«
    »Kannst du ihnen deswegen einen Vorwurf machen?«, lachte Moira. »Wenn wir nicht so nett wären, Jermy, mein Liebster, hätten wir sie ebenfalls im Stich gelassen. Sieh sie dir doch nur an.«
    Wenn Jermy und Moira über sie herzogen, tat Morag für gewöhnlich ihr Bestes, sie zu ignorieren und die Tränen wegzublinzeln, aber aus irgendeinem Grund konnte sie sich diesmal nicht zurückhalten. Vielleicht lag es daran, dass Jermy mit so beiläufiger Grausamkeit über ihre Eltern gesprochen hatte, vielleicht war es auch die Art, wie er über sie sprach; sie wusste es nicht, aber etwas stieg in ihr auf, eine Art von Wut, die sich einfach nicht unterdrücken ließ, wie sehr sie sich auch bemühte. Die Wut brodelte auf wie Lava in einem Vulkan, dann schwappte sie über und ließ Funken auf das verblüffte Paar am Tisch herabregnen.
    »Meine Eltern haben mich nicht im Stich gelassen!«, schrie Morag und nahm einen Teller aus der Spüle. »Sie wollten sich nicht von mir trennen.« Sie zerschmetterte den Teller an der Spüle und er zerbrach in hundert kleine Teile. »Meine Eltern haben mich geliebt!«, kreischte sie, während dicke Tränen ihr übers Gesicht rollten. Sie warf ein Glas nach Jermy und Moira. Die beiden duckten sich und das Glas zersprang an der Wand. »Sie haben mich nicht im Stich gelassen, sie sind verschollen. Verstanden? Sie sind verschollen!«
    Krach. Ein weiterer Teller folgte dem Glas und auch er zersplitterte an der Wand. Abgestandener Wein und das Abendessen vom vergangenen Tag liefen in einer schmutzigen Spur hinunter. »Und ihr beide seid nicht meine Mum und mein Dad und werdet es niemals sein!«, schluchzte sie.
    »Das reicht«, brüllte Jermy unter dem Tisch, wo er und Moira Zuflucht gesucht hatten. Er spähte gerade in dem Moment nach oben, als Morag einen großen Suppentopf über den Kopf hob.
    »Jetzt hast du es geschafft! He, stell das weg! Stell es weg!«
    Krach. Der Topf prallte mit einem Scheppern vom Tisch ab und rollte über den Boden bis dicht vor Jermys Knie. Mit einem boshaften Lächeln packte er den Topf, stülpte ihn sich zum Schutz über den Kopf und stand auf. Kalte Suppe vom gestrigen Tag rann ihm über das knochige Gesicht, aber das ignorierte er und kam langsam auf Morag zu.
    »Schnapp sie dir, Jermy!«, rief Moira unter dem Tisch. Peng! Morag verstärkte ihren Angriff. Sie packte, was immer sie finden konnte, und bewarf
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