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Moonlit Nights

Moonlit Nights

Titel: Moonlit Nights
Autoren: Carina Mueller
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Inbegriff der
Unsportlichkeit. Jemand, der noch unsportlicher sein sollte als ich,
konnte nur tot sein.
Auf der Hälfte der Treppe hörte ich das leise Klingeln der
Türglocke, die anzeigte, wenn Besucher den Laden betraten. Oh
nein … Hoffentlich waren es keine bekannten Leute. Bitte, bitte
mach, dass es fremde Leute sind! Ich hatte keine Lust auf
irgendwelche Omas und Opas, die mir in die Backe kniffen, mir
sagten, wie groß ich geworden sei und wie nett sie es von mir
fänden, dass ich meinem Vater helfen würde. Und schon gar nicht
wollte ich irgendwelchen Klassenkameraden hier begegnen. Die
meisten von ihnen wussten zwar sowieso, dass ich nachmittags
bei meinem Dad aushalf, aber sie mussten ja nicht ständig daran
erinnert werden. Ich wurde schließlich schon genug gehänselt.
Aber so war das eben, wenn man nachmittags bei seinem Dad
arbeiten musste, anstatt sich wie die anderen nach der Schule
treffen zu können. Wobei ich das nie als schlimm empfunden
hatte. Klar, die Arbeit war zum Kotzen, aber meine
Klassenkameraden trafen sich eh meistens nur zum Rauchen, oder
um ein paar Bier platt zu machen. Bier schmeckte mir ohnehin
nicht und wenn mir jemand einen dieser Stinkstängel anbieten
würde, würde ich ebenfalls ablehnen. Ob ich nun blöd angemacht
wurde, weil meine Eltern nicht so viel Geld hatten und ich im
Laden aushelfen musste, oder weil ich weder Bier trank noch
rauchte, war ja letztendlich auch egal ...
Vorsichtig stieg ich die restlichen Stufen nach oben und linste den
schmalen Gang in den Laden hinein. Ein großer, gut aussehender
junger Mann stand vor dem Verkaufstresen und unterhielt sich
angeregt mit meinem Dad. Ob er sich verirrt hatte? Er sah
zumindest nicht so aus, als wollte er etwas kaufen. Schnell
schlüpfte ich in die Mitarbeitertoilette, stellte die Kiste ab und
zupfte geschickt ein paar Strähnen aus meinem Zopf hervor. Wer
auch immer das sein mochte, er sollte mich nicht mit meinem
üblichen, langweiligen Pferdeschwanz sehen, den ich meistens so
streng nach hinten gebunden hatte, dass er mein komplettes
Gesicht straffte. Nicht, dass ich es nötig gehabt hätte, aber meine
glatten braunen Haare hingen sowieso immer wie durchgegarte
Spaghetti an meinem Kopf herunter, und meine Haare zu einem
Pferdeschwanz zusammenzubinden war die schnellste Frisur, die
ich morgens vor der Schule zaubern konnte. Auch, wenn meine
Mutter immer sagte, damit sähe ich aus wie meine eigene Oma,
aber mehr war frühmorgens leider nicht drin. Dafür schlief ich
lieber länger. Selbst schuld, schließlich hatten sie mir auch den
altmodischen Namen meiner Großmutter verpasst. Sollten Dana
oder Amilia oder wie sie alle hießen, ruhig morgens um fünf Uhr
aufstehen, damit sie gestylt wie Topmodels in der Schule
ankamen. Mit einem Model konnte ich sowieso nicht mithalten.
Also, wofür sich die Mühe machen? Ich war zwar immer schon
groß und schlank gewesen, aber ansonsten gewöhnlich wie jede
andere. An mir gab es nichts Besonderes … Oder doch, Moment.
Waren negative Eigenschaften auch etwas Besonderes? Wenn ja,
waren meine Haare etwas Besonderes. Etwas ganz Besonderes
sogar! Ich kannte keinen Menschen, dessen Haare ständig so
schlapp am Kopf herunterhingen, wie meine. Selbst, wenn ich
frisch aus der Dusche kam, meine Kopfhaut danach mit
Lockenwicklern perforierte und so viel Haarspray benutzte, dass
ich womöglich allein für das Ozonloch hätte verantwortlich sein
können: zehn Minuten und meine Haare waren wieder so gerade
wie ein Highway …
»Emma? Hast du die Äpfel?«
Ich griff nach der Kiste und betrat den Verkaufsraum.
»Das ist meine Tochter Emma«, stellte Dad mich vor.
»Hey, ich bin Liam!« Ein unwiderstehliches Lächeln entblößte
eine Reihe makelloser weißer Zähne, und er reichte mir die Hand.
Ich stellte die Holzkiste auf dem Boden ab, ergriff seine Hand und
hauchte ein atemloses »hey« zurück. Liam hatte einen festen
Händedruck. Das würde Dad gefallen! Seine Hände waren groß
und sahen stark aus, doch seine Haut war seidenweich und warm.
Schnell entzog ich ihm meine kalte schweißnasse Hand und rieb
sie an meiner ausgefransten Jeans trocken. Zu meinem Bedauern
hatte ich immer kalte Hände. Hinzukam, dass sie auch noch
ständig schweißnass wurden, sobald ich etwas aufgeregt war.
»T’schuldigung. Ist klebrig – von den Äpfeln«, log ich schnell,
doch Liam sah nicht sehr überzeugt aus und musterte mich mit
einer
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