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Montgomery & Stapleton 10 - Testphase

Montgomery & Stapleton 10 - Testphase

Titel: Montgomery & Stapleton 10 - Testphase
Autoren: Robin Cook
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Uhr
    Tokio, Japan
    Naoki Rajiri arbeitete bereits länger im Mizu Shoˉbai , dem Wasserhandel – Euphemismus für alle nächtlichen Vergnügungen –, als er gerne zugab. Nach seiner Schulzeit hatte er ganz unten angefangen und Sake-Tassen, Bierkrüge und Shoˉchuˉ -Schnapsgläser gespült. Dann kletterte er die Leiter der Verantwortung nach oben. Bei seiner Karriere legte er großen Wert darauf, in den unterschiedlichsten Etablissements gearbeitet zu haben: Im traditionellen Nomiya , einer Trinkhalle, genauso wie in Hardcore-Edelbordellen der Yakuza, der japanischen Variante der Mafia. Naoki selbst hatte sich nie einer Gruppierung angeschlossen, aber er wurde toleriert. Bei den Yakuza war er aufgrund seiner Erfahrung sogar sehr gefragt, weshalb er leitender Manager des Paradise im Akasaka-Distrikt von Tokio war, einem der beliebtesten Full-Service-Lokale, das die ganze Nacht hindurch geöffnet hatte.
    Naoki hatte seine Karriere in seiner kleinen Heimatstadt begonnen, war dann im Lauf der Jahre in immer größere Städte weitergezogen und hatte schließlich seine großen Zeiten erst in Kyoto, dann in Tokio. In all diesen Jahren war Naoki der Meinung gewesen, er hätte alles gesehen, womit man es im »Wasserhandel« zu tun bekommen konnte, einschließlich Geld, Alkohol, Glücksspiel, Sex und Mord. Jedenfalls hatte er bis zu diesem Morgen so gedacht.
    Es begann mit einem Anruf kurz vor sechs Uhr morgens. Verärgert über den Anrufer, der ihn störte, nachdem er eben erst eingeschlafen war, meldete er sich schroff, änderte dann aber ganz schnell seinen Tonfall. Der Anrufer war Mitsuhiro Narumi, der Saiko Komon , der höchste Ratgeber des Oyabun , des Oberhaupts der Inagawa-kai, der Yakuza-Familie, der The Paradise gehörte. Dass ihn, einen einfachen Nachtclub-Leiter, eine so hochgestellte Persönlichkeit anrief, ließ ihm eiskalte Schauer der Angst über den Rücken laufen.
    Naoki fürchtete, etwas Furchtbares könnte sich im Paradise über Nacht abgespielt haben, und als Manager war es seine Aufgabe, über alle Vorkommnisse Bescheid zu wissen. Aber es handelte sich um etwas ganz anderes, um etwas Außergewöhnliches: Narumi-san rief an, um ihn darüber zu informieren, dass Hisayuki Ishii, der Oyabun einer anderen Yakuza-Familie, das Paradise besuchen würde, um ein wichtiges Treffen mit Kenichi Fujiware, dem ersten Vize-Minister für die Ressorts Wirtschaft, Handel und Industrie, abzuhalten. Der Vize-Minister war ein hochrangiger, in der Politik verwurzelter Bürokrat. Narumi-san sagte weiter, dass Naoki persönlich für den reibungslosen Ablauf des Treffens verantwortlich sei. »Sorg dafür, dass sie bekommen, was auch immer sie benötigen oder wünschen!«, lautete seine abschließende Anweisung.
    Darüber erleichtert, dass es bei dem Anruf nicht um ein ernstes Problem ging, erwachte Naokis Neugier. Warum sollte sich ein Oyabun einer anderen Yakuza-Organisation auf Inagawa-kai Territorium wagen – besonders, wenn er mit einem Minister der Regierung sprechen wollte? Aber er hatte nicht die Stellung inne, danach zu fragen, und Narumi-san gab ihm auch keine Erklärung, sondern beendete die Unterhaltung abrupt.
    Als es auf zehn Uhr zuging, wurde Naoki allmählich ruhiger. Alles war arrangiert. Das eigentliche Mobiliar war fortgeräumt, und ein besonderer Tisch war in die Mitte der Cocktaillounge im zweiten Stock gestellt worden. Man hatte Naokis besten Barmann aus dem Bett gerissen für den Fall, dass nach exotischen Drinks verlangt werden würde. Vier Hostessen waren heranbeordert worden, falls Naokis Gäste ihre Dienste wünschten. Das Arrangement wurde vollendet durch einen Aschenbecher, der zusammen mit einer Auswahl an Zigarettenpackungen aus dem In-und Ausland bei beiden Sitzplätzen stand.
    Als Erster erschien der Oyabun , begleitet von einer Schar unauffälliger Gefolgsleute, die alle in dunklen Sharkskin-Anzügen, dunklen Sonnenbrillen und stark gegelten Stachelhaaren auftraten. Der Oyabun war konservativer gekleidet und trug einen italienischen, meisterhaft geschneiderten, dunklen Wollanzug, den er mit auf Hochglanz polierten Budapester Schuhen aus England kombiniert hatte. Sein Haar war kurz und sorgfältig frisiert, und seine Nägel perfekt manikürt. Er war der Inbegriff eines sehr erfolgreichen Mannes, der – neben der Verantwortung, Oberhaupt der Verbrecherfamilie Aizukotetsu-kai in Kyoto zu sein – auch die Führung einer Anzahl legaler Unternehmen innehatte. Er passierte den sich verbeugenden
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