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Monströs (German Edition)

Monströs (German Edition)

Titel: Monströs (German Edition)
Autoren: Chris Karlden
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deine beste Freundin, stimmt das?«
    Selma sah ihn einen Moment lang an. Dann zuckte sie mit den Achseln und nickte.
    »Ja, das sagte ich bereits. Anna und ich teilten unser Leid. Das schweißt zusammen. Außenstehende können da nicht mitreden.«
    »Was war mit ihr los? Woher kam ihr Leid? Warum ist sie zu einem Therapeuten gegangen und hat mir nichts davon gesagt? Ich dachte, das geht vorbei. Sie war in der Gewalt eines Verbrechers und hatte Angst. Da war es normal, dass sie Angstzustände hatte. Aber es ging nicht vorbei. Es wurde immer schlimmer. Warum ist sie ihre Niedergeschlagenheit nicht mehr los geworden?«
    Selma schloss die Augen. Ihre Schultern sackten zusammen. Es war, als hätte er mit seinen Worten alte Gespenster wieder aufleben lassen. Sie wirkte jetzt zum ersten Mal zerbrechlich.
    »Ich habe den Tod Rita Mattfelds arrangiert wie den Tod deiner Frau. Es war eine Hommage. Ich habe dir E-Mails unter dem Namen deiner Frau geschrieben, auch das sollte dich darauf bringen, dass es da noch etwas gibt. Etwas Unausgesprochenes. Ein Geheimnis, das Anna mit ins Grab genommen hat. Sie bat mich zumindest, es dir nie zu sagen, und ich habe ihr geschworen, es nicht zu tun. Als ich ihr beim Sterben beistand, beendete ich damit ihr Leiden und dein Leiden begann.«
    Martin wurde noch übler. Er begann, zu würgen, und zu husten.
    »Ich frage mich nur, wie du deiner besten Freundin das antun kannst?«
    »Was antun?«
    »Wenn du mich umbringst, hat ihr Sohn, dann hat Paul niemanden mehr. Das hätte sie nicht gewollt.«
    Selma schien darüber amüsiert zu sein. Sie schmunzelte. Irgendwie nahmen ihre Gesichtszüge einen friedlichen Ausdruck an.
    »Ich werde keine neue Therapie mehr anfangen. Es ist so ähnlich wie bei den Verbrechern in den Filmen, am Ende sagen sie immer, ich gehe nicht wieder zurück in den Knast, lieber sterbe ich. Das hier ist so ähnlich. Ich dachte, mir würde es besser gehen, wenn ich die Übeltäter ausradieren würde. Aber es ist nicht so. Panikattacken, Angstzustände, Schlaf- und Essstörungen. Ein nicht Betroffener kann da nicht mitreden.«
    »Selma, was willst du mir damit sagen«, drang Martin weiter in sie. Sie hatte auf seine letzten Fragen gar nicht geantwortet.
    Sie schaute ihn entgeistert an. Merkte erst jetzt, dass sie einen Monolog mit sich selbst geführt hatte. Einen kurzen Moment schwieg sie. Dann schaute sie ihn hellwach und neugierig an, so als ob gerade ein neuer Plan in ihr gewachsen wäre.
    »Ich stelle mir gerade eine interessante Frage«, sagte sie. »Was wäre Anna lieber gewesen, dass ich dich töte, oder dass ich dich am Leben lasse, aber dafür, das ihr gegebene Versprechen breche und dir doch ihr Geheimnis verrate. Sag du es mir.«
    Martin war überrascht und gleichzeitig entsetzt über den Wahnsinn, von dem ihr Gerede zeugte.
    »Wir haben uns geliebt und ich bin Pauls Vater. Er braucht mich. Sie hätte mir lieber ihr Geheimnis verraten, als dass ich sterbe, denn sie hätte gewollt, dass ich für Paul da sein kann. Schlimmer als der Tod, kann kein Geheimnis sein.«
    Selma beugte sich dicht vor ihn. Er konnte ihren Atem riechen.
    »Da bin ich mir eben nicht so sicher. Doch wenn ich es recht bedenke, dann ist dieses Ende doch viel mehr in meinem Sinn. Jetzt da ich merke, dass auch die Rache mir keine Linderung brachte.«
    Martin verstand nichts von dem, was sie sagte. Sie redete in Rätseln, aber er spürte, dass er jetzt eine reelle Chance hatte. Dennoch verursachte alles an Selma ein Grauen in ihm, die Art wie sie redete, langsam fast benommen, wie unter Drogen stehend.
    Dann öffnete sich ihr Mund und jetzt war sich Martin nicht mehr sicher, ob er die richtige Entscheidung getroffen hatte.
    »Es hat mit dem Prozess zu tun, wie alles, was sich seit gestern Nacht hier abgespielt hat«, begann sie. »Udo Kaltenbach ist in euer Haus eingedrungen und hat Annas Leben bedroht. Er hat dich angerufen, als du auf dem Weg zum Gericht warst. Er sagte, er würde Anna töten, wenn du deine belastende Aussage gegen Eddie Kaltenbach nicht widerrufst.«
    Martin sah sie mit zusammengekniffenen Lippen an. Und irgendwie wusste er schon, bevor sie es sagte, was kommen würde.
    »Udo hat sie nicht nur bedroht. Er hat Anna vergewaltigt.«
    »Nein«, schrie Martin, »Du lügst.« Tränen rannen ihm über die Wangen. Jetzt hatte er das Gefühl, verrückt zu werden. Doch es sollte noch schlimmer kommen und er wusste es.
    »Paul ist nicht dein Sohn. Er ist der Sprössling des Vergewaltigers und
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