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Monster

Monster

Titel: Monster
Autoren: Jonathan Kellerman
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wieder.
    Der Kameramann machte ein paar Schritte rückwärts. Er konzentrierte sich voll auf Peake. Dessen Kopf schnellte nach hinten und schaukelte dann hin und her. Speichel troff aus seinem Mund.
    »Hängt da rum wie ‘n nasser Sack, eine zuckende Fleischmarionette«, sagte der Kameramann.
    Beim Klang seiner Stimme fing die Frau mit den rotbraunen Haaren leise an zu wimmern. Die pergamentartige Haut um ihr unverletztes Auge herum zog sich zu einem Fächer aus Falten zusammen, während sie krampfhaft die Augen geschlossen hielt, um dem Geschehen so zu entfliehen. Der Kameramann ignorierte sie. Er war zu sehr mit Peake beschäftigt.
    Ansonsten rührte sich nichts im Felsenrund. Das braunhäutige Mädchen hatte uns zwar im Blickfeld, doch sie zeigte keinerlei Anzeichen, dass sie uns wahrnahm. Ihre Augen blickten starr geradeaus. Paralysiert von Angst und Schrecken oder irgendwelchen Drogen. Vielleicht auch eine Mischung aus allem.
    Milo zielte mit dem Gewehr auf den Hinterkopf des Kameramannes. Seine kräftigen Finger spannten sich um den Abzug. Doch der Kameramann stand nur Zentimeter von der Angelschnur entfernt. Wenn er in die falsche Richtung fiel, ging die Pistole los.
    Die Kamera unter den Arm geklemmt, rückte der Filmemacher Peake noch weiter zurecht. Einer seiner Arme hing schlaff herunter. Er warf den Kopf in den Nacken. Aus seinem Mund troff noch mehr Sabber. Geräuschvoll atmete er ein und blies Schleim aus seiner Nase.
    Der Kameramann griff rasch zur Kamera und filmte die Szene. Er schlug Peake erneut ins Gesicht und sagte: »Du bist ja ein echtes Monster.«
    Peakes Kopf fiel nach vorne.
    Er war nicht gefesselt - er hätte von seinem Stuhl aufstehen können, doch es hielt ihn etwas, das stärker war als ein Seil.
    Der Kameramann filmte weiter, schwenkte von der Frau zur Pistole und dann zu Peake. Und blieb dabei immer in unmittelbarer Nähe der Angelschnur.
    Peake ließ wieder den Kopf kreisen und leckte sich die Lippen. Seine Augen weit aufgerissen, zwei weiße Ovale, die ins Nichts blickten.
    »Spitzenmäßig, ganz prima - mach mehr von dem Augenkram.«
    Der Kameramann redete nun lauter, und Milo nutzte die Geräuschkulisse, um sich, das Gewehr im Anschlag, weiter in das Felsenrund zu schleichen.
    Der Kameramann zupfte mit der rechten Hand an der Angelschnur. Sah, wie sie zuckte. Stieß ein Lachen aus und zupfte noch einmal daran, während er zusah, wie sich Peakes Hand unter dem Zug leicht bewegte.
    Der Kameramann sagte: »Wenn man wirklich mal jemanden braucht, ist natürlich keiner da.« Er packte Peakes Ohr, zerrte seinen Kopf nach hinten und filmte die weit aufgerissenen Augen ab. Zärtlich strich er über die Angelschnur, während er mit der Kamera von Peakes stoppeligem Schädel hinunterschwenkte zu seinen Füßen.
    Ich entsicherte meine Pistole, blieb jedoch an Ort und Stelle. Milo hatte sich vorsichtig ein paar Zentimeter weiter an den Kameramann herangeschoben. Er war höchstens noch fünf Meter von ihm entfernt und drehte mir immer noch den Rücken zu. Mit äußerster Behutsamkeit hob er das Gewehr an seine Schulter und zielte erneut auf den Nacken des Kameramannes. Das bevorzugte Ziel von Scharfschützen: die Medula oblongata, der untere Teil des Gehirns, der die grundlegenden Körperfunktionen kontrolliert. Ein sauberer Schuss lässt sofort die Atmung aussetzen.
    Der Kameramann sagte: »Also los, Ardis. Hintergrund habe ich genug. Egal wie, jetzt wird jedenfalls die Fotze erledigt.«
    Die Frau mit den rotbraunen Haaren öffnete das unversehrte Auge. Sie sah Milo. Bewegte ihren Mund um den roten Ball herum, als ob sie versuchte, ihn auszuspucken. Ich wusste, wer sie war - Marvelle Haas. Die Frau von Sheriff Haas.
    Ungeöffnete Post auf dem Tisch, seit einem oder zwei Tagen. Einer der Wagen nicht vor dem Haus. Die Frau alleine.
    Sie fing an, heftig zu zittern.
    Das junge Mädchen starrte weiterhin abwesend geradeaus.
    Der Kameramann drehte sich zu Marvelle um und gestattete uns einen Blick auf sein Profil. Tiefe Furchen säumten einen Mund ohne Lippen. Großporige, sonnengebräunte Gesichtshaut, die um einiges dunkler war als der kahle weiße Schädel. Aber er trug ja sowieso meistens Perücken. Ein kleines, aber aggressives Kinn und eine lange, spitze Nase. Das Gesicht mager, die Wangen schlaff, der Hals sehnig. Unterarme, aus denen die Venen hervortragen, große Hände, schmutzige Fingernägel.
    Derrick Crimmins wurde seinem Vater immer ähnlicher.
    Sein Vater war ein verbitterter,
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