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Monsieur Papon oder ein Dorf steht kopf

Monsieur Papon oder ein Dorf steht kopf

Titel: Monsieur Papon oder ein Dorf steht kopf
Autoren: Julia Stagg
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sich, dass er mit vierzig immer noch Single war!
    Er legte seufzend den Gang ein und bog auf die Straße nach La Rivière ein. Unterwegs fragte er sich, ob er gegen seine politischen Überzeugungen verstoßen und Aktien des Unternehmens kaufen sollte, das die Feuerlöscher herstellte, die er regelmäßig kaufte. Bei dem Tempo, das seine Mutter vorlegte, würden sie eine bessere Einkommensquelle abgeben als die Landwirtschaft.
    Während er durch das Dorf Picarets fuhr, tat sich ein prächtiges Panorama vor ihm auf: kleine Häuser, dicht an den Berghang geschmiegt, darunter das Tal und am Horizont die hoch aufragenden Berge – die wahren Gipfel der Pyrenäen. Egal, wie oft er diese Straße fuhr, diese Aussicht begeisterte ihn jedes Mal aufs Neue. Doch als er die Berge hinter sich ließ und in Richtung Wald fuhr, der in das Tal führte, kehrten seine Gedanken zu Serge Papon zurück.
    Was zum Teufel war nun schon wieder mit ihm los, dass Christian alles stehen und liegen lassen und auf der Stelle in die Épicerie kommen musste?
    Josette hatte dem Bürgermeister gerade seinen zweiten Pastis serviert, als die Ladentür aufging, begleitet von einem kleinen Rülpser der alten darüberhängenden Klingel. Die Klingel wurde immer unberechenbarer, gab abwechselnd ein Repertoire anstößiger Geräusche von sich oder blieb einfach stumm. Josette wusste sehr wohl, dass es an derZeit war, sie auszutauschen, hatte diese Aufgabe aber bislang aus sentimentalen Gründen hinausgeschoben. Insbesondere, da sie Jacques nicht mehr länger darum bitten konnte, es zu tun.
    »Bonjour«, rief Christian, als er im Türrahmen der Bar auftauchte, und schloss die viel kleinere, zierliche Josette in seine Arme.
    »Wurde auch Zeit«, brummte der Bürgermeister, dessen schlechte Laune sich auch nach dem ersten Pastis nicht gebessert hatte.
    Christian ignorierte ihn, hielt Josettes Hände fest und blickte sie aufmerksam an.
    »Wie geht’s dir?«
    »Ganz gut«, brachte sie heraus und warf einen Blick zur Kaminecke hinüber, wo Jacques angesichts der Ankunft von Christian über das ganze Gesicht strahlte. Christian war für ihn der Sohn, den er nie gehabt hatte. »Es ist ein Auf und Ab.«
    Christian nickte.
    »Lass es mich wissen, wenn du Hilfe benötigst.«
    »Aber natürlich«, log sie, entzog ihm sanft ihre Hände und ging in den Laden zurück, bevor seine Freundlichkeit ihr die Tränen in die Augen trieb.
    Véronique hatte es sich auf einem Hocker hinter der Theke gemütlich gemacht. Offenbar beabsichtigte sie nun, da die Dinge interessant wurden, nicht so bald zu gehen. Aber als sie Josette hereinkommen sah, stand sie sofort wieder auf.
    »Hier, setz dich nur, Josette«, sagte sie und deutete auf den nun leeren Hocker. »Ich werde mich drüben um die Getränke kümmern. Du siehst müde aus.«
    Josette lächelte. Sie wusste, dass Véroniques Angebot größtenteils aufrichtig gemeint, aber auch von ihrem unstillbarenVerlangen motiviert war, den Finger am Puls der örtlichen Politik zu haben. Doch Josette nahm trotzdem Platz. Sie musste zugeben, dass sie sich tatsächlich ein wenig erschöpft fühlte. Sie nahm ihre Brille ab und massierte ihre Schläfen. Vielleicht war es die Aussicht auf den drohenden Ärger in der Gemeinde. Was auch immer der Grund sein mochte, es ließ sie jedes ihrer siebenundsechzig Jahre spüren.
    Josette bemerkte erst jetzt, dass der Laden leer war. »Wo ist Fatima?«, fragte sie.
    Véronique nickte mit ironisch verzogenem Mund zum Schaufenster hinüber.
    »Die bereitet ihren Mann wie immer auf das Treffen vor.«
    Und tatsächlich hatte Fatima Pascal vor der Anschlagtafel am Ende der Gasse, die zum Postamt führte, in die Enge getrieben. Außer Sichtweite der Bar gestikulierte sie wild, während sie ihm ihre Anweisungen einbläute. Pascal hatte das Aussehen eines Mannes, dessen geistigen Fähigkeiten alles abverlangt wurde, während er versuchte, sich all das zu merken, was ihm seine Frau sagte, und gleichzeitig zu vermeiden, mit seinen auf Hochglanz polierten Schuhen in einen der zahlreichen Hundehaufen zu treten, die dort die Straße verdreckten.
    Als sie ihr Motivationsgespräch beendet hatte, trat Fatima zurück und erlöste ihren Mann von den Qualen. Er warf einen letzten prüfenden Blick auf sein Spiegelbild im Autofenster, fuhr sich einmal durchs Haar und schritt dann auf die Bar zu, die er auf direktem Wege betrat, anstatt zunächst die Épicerie zu durchqueren.
    Josette kicherte in sich hinein. Der arme Pascal. Er mied
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