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Monsieur Papon oder ein Dorf steht kopf

Monsieur Papon oder ein Dorf steht kopf

Titel: Monsieur Papon oder ein Dorf steht kopf
Autoren: Julia Stagg
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Herzens zu Bett. Es war nicht leicht. Ihn zu verlieren war schon schlimm gewesen, aber ihn zu diesen Bedingungen zurückzubekommen, war beinahe noch schlimmer.
    Sie ging zum hinteren Ende der Bar und stieg die Treppe zu dem leeren Doppelbett hinauf, das im letzten halben Jahr immer größer geworden zu sein schien.
    In der Dunkelheit der Bar unten wachte Jacques weiter am Fenster, blickte in die Nacht hinaus und hielt Ausschau nach dem Ärger, den er kommen sah.

Kapitel 2
    Der Holzstapel war warm. So ziemlich der einzige behagliche Ort hier draußen, den die wenigen Strahlen der Sonne erreichten, die es Mitte November kaum schaffte, den Hügel gegenüber der Auberge zu erklimmen. Sie hatte sich gut versteckt und war durchaus zufrieden. Der Holzgeruch kitzelte ihr in der Nase, und das Summen einer späten Biene drang an ihre Ohren, aber sie rührte sich nicht, kostete die unerwartete wohlige Wärme aus.
    »Tomate. Tomate!«
    Sie zuckte mit den Ohren, aber ihre Augen blieben geschlossen.
    »Tomate. Futter.«
    Ein Auge öffnete sich, ein grüner Schlitz im Sonnenlicht, ein Farbtupfer im Vergleich zu dem schwarz-weißen Fell.
    »Komm schon, Tomate, sonst bin ich zu spät wieder in der Schule!«
    Chloé Morvan ließ frustriert ihren Ranzen auf den Boden fallen und schritt auf den Holzstapel zu. Dabei schüttelte sie den Plastikbehälter mit dem Futter. Sie wusste, wo die Katze war. Sie versteckte sich immer an derselben Stelle und tat so, als sei sie nicht interessiert. Chloé streckte den Arm über ihren Kopf hinauf zur Oberseite des Stapels, schob ihre Hand in eine kleine Spalte zwischen zwei großeHolzscheite und spürte, wie ihre Finger warmes Fell berührten.
    »Mittagessen, Tommy«, sagte sie, während sie den einzigen Teil der Katze streichelte, den sie mit ihren Fingerspitzen erreichen konnte.
    Dann zog sie ihren Arm zurück, öffnete den Plastikbehälter und schüttete ein wenig Trockenfutter in die Schüssel, die auf dem Boden stand. Und wie immer rief das Geräusch des auf Metall fallenden Futters eine Reaktion hervor. Erst tauchte eine Tatze auf, dann einen zweite, und die Katze kam aus ihrem Versteck und gähnte herzhaft, wobei sich ihre kleine rosafarbene Zunge gegen ihren Gaumen zurückrollte. Sie musterte die Welt mit einem fragenden Blick, als wäre sie sich nicht ganz sicher, ob es noch dieselbe war, die sie am Morgen zurückgelassen hatte, als sie die Augen schloss, und dann heftete sie ihren Blick auf Chloé und begann zu schnurren.
    »Bist du dir auch ganz sicher, dass wir das dürfen?«, fragte Lorna Webster, ohne die Straße vor sich dabei aus den Augen zu lassen. Ein flüchtiger Blick zu Paul hinüber, und sie müsste sich übergeben. Sie fragte sich nicht zum ersten Mal, ob es für jemanden, dem beim Autofahren immer so schlecht wurde wie ihr, wirklich ratsam war, in die französischen Pyrenäen zu ziehen.
    »Der Immobilienmakler ist offenbar der Meinung, dass nichts dabei ist, also warum sollten wir es nicht tun?«, erwiderte Paul. »Außerdem gehört sie ohnehin beinahe uns«, fügte er lachend hinzu. »Nur noch drei Wochen, dann ist es so weit!«
    Lorna grinste trotz ihrer Übelkeit. Die ganze Sache war einfach verrückt. Sie mussten doch völlig übergeschnappt sein. Und mit einem Mal verwandelte sich ihr Lachen inblanke Angst. Die Art von Angst, die sie in der letzten Woche um den Schlaf gebracht hatte, als sich langsam die ganze Tragweite ihrer Entscheidung zeigte. Geldumtausch, Versicherungen, Bankkonten, Immobilienmakler, Anwälte, Umzugsfirmen, Rechtsdokumente, und das meiste davon auf Französisch, was sie beide nicht sehr gut beherrschten. Was hatten sie sich nur dabei gedacht? Nein, die Frage sollte lauten: Was ZUM TEUFEL hatten sie sich nur dabei gedacht?
    »Alles in Ordnung? Nehme ich die Kurven zu schnell?«
    Lorna schüttelte den Kopf und schluckte, um den widerlichen Geschmack loszuwerden, der auf der Woge ihrer Furcht in ihrer Kehle aufgestiegen war. Paul drückte ihre Hand.
    »Ist nicht mehr weit«, sagte er, als er den Wagen durch eine weitere Kurve steuerte. Bäume säumten die schmale Straße auf beiden Seiten, klammerten sich rechts an den Berghang und links an das steile Flussufer. Lorna fragte sich, wie jemand jemals ahnen konnte, wo er sich auf dieser Straße gerade befand. Für sie sah alles gleich aus, seit sie sich von St. Girons durch das Tal hinaufschlängelten, die Sicht beschränkt durch die Hänge der Berge, die sie umgaben. Als ihr erneut übel wurde, krallte
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