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Monsieur Papon oder ein Dorf steht kopf

Monsieur Papon oder ein Dorf steht kopf

Titel: Monsieur Papon oder ein Dorf steht kopf
Autoren: Julia Stagg
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Feueranzünderblöcke vertiefte. Josette blieb gerade einmal genug Zeit, um zu bemerken, dass sich Jacques’ Stirnrunzeln angesichts Fatimas Nähe nur noch weiter vertiefte, als auch schon die Tür aufflog und der Bürgermeister hereinkam.
    »Pastis!«, blaffte er Josette an und steuerte zielstrebig auf den Nebenraum zu, der als Dorfbar fungierte, ohne dabei die beiden Frauen zu beachten, die sich alle Mühe gaben, mit den Wänden zu verschmelzen.
    Josette folgte ihm und richtete ihm das Getränk auf einem Tablett her, während der Bürgermeister in seiner Jacke nach dem Handy kramte, bevor er sich den Stuhl hervorzog, der dem Kamin am nächsten stand, und sich miteinem frustrierten Seufzer daraufsinken ließ. Er hämmerte mit dem Finger auf das Handy ein, wobei er mehrere Versuche benötigte, um die Nummer richtig einzugeben – woran seine Wurstfinger genauso Schuld hatten wie die Tatsache, dass er zu eitel war, eine Brille zu tragen –, und dann hielt er sich das Mobiltelefon ans Ohr.
    »Christian? Christian?«, schrie er. »Setz dich sofort in Bewegung und komm her. Wir müssen eine Dringlichkeitssitzung … was? Ist mir egal, ob du mit dem Arm bis zum Ellenbogen im Hintern einer Kuh steckst. Komm auf der Stelle her. Und bring diesen Idioten Pascal mit«, fügte er hinzu, ehe er das Gespräch beendete, während die Einwände noch aus dem Telefon drangen.
    Als Josette das Tablett mit dem Getränk des Bürgermeisters zu dessen Tisch hinübertrug, erhaschte sie durch die Tür zum Laden einen Blick auf Fatimas verkniffenes Gesicht. Sie war zweifellos aufgebracht über die Art und Weise, wie der Bürgermeister über ihren Mann Pascal sprach, und es war auch nicht gerade hilfreich, dass Véronique es mitbekommen hatte, dachte Josette, als sie das Glas Pastis auf den Tisch stellte. Daneben platzierte sie ein Kännchen mit Wasser, von dem sie ein wenig verschüttete, als sie bemerkte, dass Jacques in der Kaminecke hinter dem Bürgermeister saß, ohne sich der Hitze des prasselnden Feuers bewusst zu sein, das Stirnrunzeln nun ersetzt durch ein kleines Schmunzeln. Aber der Bürgermeister blickte nicht einmal auf. Er zog nur das Glas zu sich heran, fügte einen Schuss Wasser hinzu und nahm tief in Gedanken versunken, die listigen Augen zusammengekniffen, einen großen Schluck der trüben Flüssigkeit.
    Christian Dupuy griff nach den Wagenschlüsseln am Wandbrett und zog los. Die Stimme seiner Mutter folgte ihmdurch die Tür und über den Hof, und sie schien von den weißen Bergspitzen zurückzuschweben, die den Horizont säumten.
    »Der Mann ist ein Gauner, Christian. Egal, was er jetzt schon wieder ausgeheckt hat, halte dich da lieber raus!«, mahnte sie ihn und wedelte mit ihrem Geschirrtuch, um zwei Hennen zu verscheuchen, die versuchten, ins Haus zu gelangen.
    »Jawohl, Maman«, murmelte Christian, während er seinen kräftig gebauten Körper vorsichtig in den kleinen Panda 4x4 hineinschob. Ich sollte mir wirklich endlich mal ein größeres Auto zulegen, dachte er, als er seine Knie unter das Lenkrad zwängte. Aber so, wie es um die Landwirtschaft bestellt war, würde in diesem Jahr wohl nichts daraus werden.
    »Sie hat recht«, mischte sich sein Vater von der Scheune aus ein, wo er an einem alten Traktor herumbastelte, von dem Teile um ihn herum verstreut auf dem Boden lagen. Christian beobachtete, wie er dem wachsenden Haufen wieder etwas hinzufügte, und wusste, dass sein alter Herr heute Abend mit der Behauptung zu Bett gehen würde, er habe die Maschine repariert, auch wenn der Haufen abgelegter Teile immer noch so groß war wie zuvor.
    »Aber da du schon einmal auf dem Weg bist, könntest du wohl einen Abstecher in den Ort machen und einen neuen Feuerlöscher kaufen?«
    Christian zog eine Augenbraue in die Höhe und blickte seine Mutter an, die trotzig die Hände in die Hüften stemmte.
    »Ja, ja, es gab da mal wieder ein kleines Missgeschick, na und? Ich hab’s ja noch rechtzeitig gemerkt.«
    Christian lächelte resigniert und drehte den Schlüssel in der Zündung. In letzter Zeit hatte er immer häufiger dasGefühl, dass er die Rolle des Elternteils in seiner Familie übernehmen musste. Die Unfähigkeit seiner Mutter, ein Essen zu kochen, ohne dabei die Küche in Brand zu setzen, war eine Belastung, und die Tatsache, dass sein Vater mehr über radikale linke Politik als über die Landwirtschaft Bescheid wusste, war bei der alltäglichen Arbeit auf dem Hof auch nicht gerade hilfreich. Und dann wunderten sie
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