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Monkeewrench 01 - Spiel unter Freunden

Monkeewrench 01 - Spiel unter Freunden

Titel: Monkeewrench 01 - Spiel unter Freunden
Autoren: PJ Tracy
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den Rücken zukehrte, verriet das schwarze Haar die Identität des Mannes ebenso unzweifelhaft wie die hängenden Schultern, die um Entschuldigung für den extremen Körperwuchs zu betteln schienen.
    «Anantanand Rambachan.» Magozzi ließ sich den Namen des Mannes immer wieder auf der Zunge zergehen. Es war, als vernaschte er einen Windbeutel.
    Dr. Rambachan drehte sich um und hieß Magozzi mit einem strahlenden Lächeln am Tatort willkommen. «Detective! Ihr Hindi-Akzent klingt heute Morgen ganz ausgezeichnet!» Seine dunklen Augen mit den schweren Lidern funkelten schelmisch.  
    «Und was sehe ich denn da? Sie sind ja so herausgeputzt! Sie sind bestimmt auf der Pirsch.»
    «Äh?»
    «Sie haben Gewicht verloren, der Tonus ihrer Muskeln ist ausgeprägter … was nur bedeuten kann, dass sie endlich ihres einsamen Lebens überdrüssig sind und jetzt die Gesellschaft des schönen Geschlechts suchen.»
    «Nächsten Monat stehen in unserer Abteilung die Fitness-Prüfungen an.»
    «Daran könnte es auch liegen.» Magozzi hockte sich hin, um einen kurzen Blick auf die Leiche zu werfen. Das Opfer war jung, nicht viel älter als zwanzig, trug Jogginghosen aus Nylon und ein ausgewaschenes Sweatshirt. Sein regloses, wächsernes Gesicht schien ausdruckslos, und die offenen Augen waren vom Tod getrübt. «Sehen Sie hier?» Rambachan deutete auf ein kleines dunkles Loch gleich über der linken Augenbraue.   
     
    «Winziges Loch.» Er formulierte das Offensichtliche. Das tat er immer. «Sehr sauber. Entweder ausgezeichnete Treffsicherheit oder großes Glück für unseren Schützen.
    Großes Pech jedoch für unseren Freund hier.»
    «.22er?»
    «Oh ja. Höchstwahrscheinlich.» Magozzi seufzte und blickte über den Fluss. Das Sonnenlicht war durch den niedrigen Wolkenschleier gebrochen und zauberte funkelnde Prismen in den eisigen Dunst, der aus dem Wasser aufstieg. «Kalt heute Morgen.»
    «Oh, oh! Ich habe kürzlich aus einem Buch, das mir meine Frau geschenkt hat, gelernt, dass die angemessene Erwiderung auf diese Aussage ‹Könnte schlimmer sein› lautet.» Magozzi nahm den Klarsichtbeutel mit den Beweismitteln in die Hand und inspizierte den Führerschein, den er enthielt.
    «Ach ja? Und was für ein Buch ist das?» Rambachans Stirn legte sich in Falten. «Ein Linguistik-Buch. Ich glaube, es trägt den Titel Sprachwendungen und ihr Bezug zum Alltag in Minnesota . Haben Sie schon mal davon gehört?» Magozzi hätte fast gelächelt. «Sonst noch persönliche Gegenstände?»
    «Nur der Führerschein und ein Zwanzig-Dollar-Schein.
    Aber da ist noch etwas anderes, etwas höchst Eigenartiges. Ich habe so etwas noch nie gesehen. Schauen Sie sich das mal an.» Rambachan schob seine von einem Handschuh geschützten Finger zwischen die Lippen des Leichnams und drückte die Kiefer auseinander.
    Magozzi blinzelte und beugte sich vor. Dann roch er es. Er ging wieder in die Hocke zurück. «Verdammte Scheiße.»

 
    Kapitel 4
    Zu ungefähr derselben Zeit, als Detective Magozzi auf Tuchfühlung mit dem toten Jogger ging, bog Grace MacBride mit ihrem großen schwarzen Range Rover in die Washington Avenue und fuhr in Richtung Industriegebiet.
    Schon von ihrem ersten Tag an hatte Grace Minneapolis für eine zimperliche Stadt gehalten, gleichsam eine Dame mit dem Drang nach Höherem, die ihre Röcke schürzte, um sie nur nicht mit dem Matsch der Prärie zu beschmutzen. Sie besaß natürlich auch ihre dunklen Seiten ­ die Huren und Freier, die Pornoläden, die Kids aus der Junior High School, die auf der Suche nach etwas Heroin oder Ecstasy durch die Gegend cruisten ­ aber man musste schon wirklich suchen, um diese Seiten der Stadt zu finden. Dass sie tatsächlich existierten, schockierte die eingeschworen lutheranische Bevölkerung immer wieder aufs Neue und forderte sie zu Reaktionen heraus.
    Es handelte sich um eine der wenigen Städte im Land, dachte Grace, in denen die Selbstgerechten noch immer überzeugt waren, dass man den Abschaum durch einen Appell ans Schamgefühl der Erlösung zuführen könne.
    Washington Avenue, einst Heimstatt der Obdachlosen und Dealer, war schon lange wieder durch Strafpredigten gefügig gemacht worden. Alte Lagerhäuser trugen jetzt neue Fenster und mit Sandstrahl gereinigte Fassaden zur Schau; schäbige Imbisse waren aufgetakelt und in funkelnde Oasen der Nouvelle Cuisine verwandelt worden. Und nur die bösen Menschen, die ganz bösen Menschen ­ wie Grace MacBride-, rauchten auf der Straße.
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