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Monkeewrench 01 - Spiel unter Freunden

Monkeewrench 01 - Spiel unter Freunden

Titel: Monkeewrench 01 - Spiel unter Freunden
Autoren: PJ Tracy
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    Sie parkte vor einem kleinen Lagerhaus, dessen altes Mauerwerk gewollt pinkfarben schimmerte, stieg aus und blickte die Straße hinunter.
    Annie kam gerade um die Ecke und schickte ihr Lächeln voraus. Sie trug einen hellroten Wollumhang, der beim Gehen nach links und rechts umklappte. Grace fand, dass die Kapuze einen sehr hübschen Kontrast zu ihrem hennafarbenen Haar bildete. Sie trug es in diesem Jahr kurz, zu einem Bob wie in der Charleston-Zeit geschnitten, und über unnatürlich grünen Augen fielen ihr akkurat ausgerichtete Strähnen auf die Stirn.
    «Du siehst aus wie das kleine Rotkäppchen.» Annie lachte. «Ich bin aber das große Rotkäppchen, Sugar.» Ihr Tonfall gemahnte an Mississippi, war süß wie Zuckerrohrmelasse. «Du mögen?» Sie drehte sich in einem engen Kreis, ein prächtiges scharlachrotes Nilpferd bei einer Pirouette.
    «Ich mögen. Wie war dein Wochenende?»
    «Du weißt schon. Sex, Drogen, Rock 'n' Roll. Immer wieder dasselbe. Und wie war's bei dir?» Grace schloss eine unscheinbare Tür auf, die keine Aufschrift trug, sondern nur einen relativ frischen Anstrich aufwies, den Annie verächtlich als versandhausgrün bezeichnete. «Hab ein bisschen gearbeitet.»
    «Hm.» Annie ging durch die Tür in eine Garage zu ebener Erde, die bis auf ein nagelneues Mountainbike und eine mit Schlamm bespritzte Harley leer war. «Ein bisschen. Was verstehen wir darunter? Zehn, zwölf Stunden am Tag?»
    «So ungefähr.» Annie schnalzte mit der Zunge. «Du musst mehr leben, Honey. Du gehst niemals aus. Das ist nicht gesund.»
    «Liegt mir aber nicht, Annie. Das weißt du doch.»
    «Ich hab da einen sehr netten Typen kennen gelernt, mit dem ich dich zusammenbringen könnte …»
    «Letztes Mal, als du mich mit jemandem zusammengebracht hast, war es kein so großer Erfolg.» Annie verdrehte die Augen. «Grace. Du hast ihn mit deiner Knarre bedroht. Er redet noch immer kein Wort mit mir.» Sie seufzte, während sie zum Lastenaufzug an der Wand gegenüber gingen. Das Klicken ihrer Absätze hallte in dem höhlenartigen Raum wider. «Wir könnten doch heute Abend nach der Arbeit durch die Clubs ziehen und zwei knackige Bauernjungs aufreißen. Dazu müsstest du aber zuerst eine Tüte über deinen hässlichen Kopf stülpen.» Mit einer Schlüsselkarte setzte sie das kehlige Grollen eines Räderwerks hoch über ihnen in Gang. Dann drehte sie sich um und unterzog Grace der obligatorischen Morgeninspektion. Ihre Miene war die einer genervten Mutter, die im Stillen das rätselhafte Outfit ihres rebellischen Kindes missbilligt.
    Für Annie Belinsky war ein Tag ohne Pailletten kaum lebenswert und ein Tag ohne Make-up völlig undenkbar. Den Teint des schwarzhaarigen irischen Frauentyps zu haben und nichts damit anzufangen war zweifellos eine Todsünde. Sie streckte die Hand aus und hob eine Strähne der dicken schwarzen Locken von der Schulter ihrer Freundin, ließ sie aber sofort angewidert zurückfallen. «Es macht mich völlig fertig, dass dies ausgerechnet auf deinem Kopf wächst. Wenn du mal stirbst, werde ich dich skalpieren und mir aus dem Haar eine Perücke machen lassen. An dir ist es eh die pure Verschwendung.»
    «Hält mir aber den Kopf warm.» Grace schmunzelte.
    «Das kommt mir alles so vorsintflutlich vor. He, tu dir das hier mal rein.» Sie hob die Seitenteile ihres Capes und enthüllte Reihen limonengrüner Wildlederfransen, die von den Knöcheln bis zum Hals reichten. Das erklärte auch ihre neuen Kontaktlinsen. Annies Augenfarbe war stets auf ihre Garderobe abgestimmt. «Die dicke Annie wird heute ein paar Herzen brechen.»
    «Du brichst die Herzen auch in Sackleinen.»
    «Stimmt.» Sie seufzte und musterte die eingedellte Fahrstuhltür. Die schiefe Schablonenzeichnung eines Affenkopfes grinste ihr hämisch entgegen. «Scheiße, wieso hat Roadrunner das hier bloß vermurkst? Er benutzt eine Reißschiene, um seine Socken im Wäscheschrank auszurichten, kann aber nicht mal so eine dämliche Schablonenzeichnung waagerecht anbringen.» Grace betrachtete den Affen mit zur Seite geneigtem Kopf.
    «Ich weiß gar nicht, warum er nicht einfach am Laserdrucker einen Aufkleber mit dem richtigen Logo gemacht hat. Das hier sieht doch …»
    «… bescheuert aus?»
    «Genau. Bescheuert.»
    Harley sah mehr nach einem Hell's Angel aus als jeder Hell's Angel, den Grace je zu Gesicht bekommen hatte ­ riesengroß, massig, tätowiert, bärtig und furchteinflößend. Er wartete darauf, ihnen das
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