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Money, Honey

Money, Honey

Titel: Money, Honey
Autoren: Susan Sey
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Wochen.«
    Während Liz die Main Street Richtung FBI-Büro entlangfuhr, schaute sie auf die Uhr. Seitdem sie sich im Restaurant seiner Schwester angespannt von Patrick verabschiedet hatte, waren zweiundzwanzig Minuten vergangen. Blieben ihr also gerade noch zwei Minuten, um es rechtzeitig zur Besprechung zu schaffen.
    Zuerst hatte sie überlegt, ob sie absagen sollte, nachdem die O’Connors ihren eigenen schönen Schlachtplan über den Haufen geworfen hatten. Aber das kam nicht infrage. Weder würde sie kneifen noch zu spät kommen. Das nunmehr geplante Vorgehen, wie sie es ihrem Chef gerade telefonisch skizziert hatte, mochte unorthodox sein, hatte aber durchaus auch Vorteile. Jetzt musste sie ihm das Ganze nur noch einmal richtig verkaufen, wenn sie ihm Auge in Auge gegenübersaß.
    Und damit würde sie - erneuter Blick auf die Uhr - in genau einer Minute anfangen. Keine Ausreden, kein Drücken. Grayson Bernard, ihr Vorgesetzter, hielt Pünktlichkeit und Disziplin für das Fundament der zivilisierten Welt. Einige Kollegen nannten ihn deshalb einen engstirnigen Spießer, Liz war da allerdings anderer Meinung. Bernard hielt sich streng an die Vorschriften und seine Prinzipien und ermöglichte dadurch ein effizientes Arbeiten. Liz bewunderte das und eiferte ihm nach. Ohne klare Regeln brach Chaos aus.
    Sie musste an Patricks selbstzufriedenes Lächeln denken. Der Mann war das personifizierte Chaos. Liz gab sich alle Mühe, nicht zu bemerken, dass er sie vielleicht nicht nur deshalb nervös machte. Patrick O’Connor war und blieb der Feind, auch wenn er jetzt tausend Mal den gesetzestreuen Bürger spielte. Beim Einparken vor dem Büro wäre sie fast mit den Wagen nebenan zusammengestoßen. Das war allein die Schuld von Patrick O’Connor!
    Eilig griff sie nach ihrer Aktentasche, sprang aus dem
    Auto und rannte los. Eine halbe Minute vor dem Termin hatte sie auf dem Stuhl vor Bernards Büro Platz genommen und lächelte seiner Sekretärin zu.
    Die Frau murmelte etwas in ihr Headset und verkündete dann: »Er ist gleich so weit, Agent Brynn.«
    Liz nickte und strich sich schnell die Haare glatt. Auf dem Weg zurück aus dem Reservat hatte ihre Frisur ziemlich gelitten. Zwar besaß ihr Wagen eine Klimaanlage, aber Liz hatte Frischluft gebraucht. Also hatte sie bei fünfundsiebzig Meilen in der Stunde das Fenster heruntergedreht.
    Mit finsterer Miene ließ sie die Finger durch ihre blonden Strähnen gleiten. Sie war FBI-Agentin, verdammt! Das bedeutete ihr alles! Auf keinen Fall würde sie es zulassen, dass irgendein Ex-Krimineller sie aus der Fassung brachte. Mochte er noch so gut aussehen, einflussreich und neuerdings auch ehrlich sein! Und schon gar nicht sollte ihr Vorgesetzter auch nur eine Sekunde darüber nachdenken, ob sie mit dem Fall vielleicht überfordert war!
    Einen Augenblick später öffnete sich die Tür zu Bernards Büro. »Agent Brynn«, begrüßte er sie. »Sie sind absolut pünktlich.«
    Liz stand auf. »Sir.«
    Sie ging an ihm vorbei ins Zimmer. Neben dem Stuhl vorm Schreibtisch hielt sie an. Sie kam gar nicht auf die Idee, sich zu setzen, und Bernard forderte sie nicht dazu auf. Er hingegen nahm auf seinem Chefsessel hinterm Schreibtisch Platz, presste die Fingerspitzen gegeneinander und musterte Liz. Seine Augen und sein Anzug hatten dieselbe Farbe: kaltes Grau. Ein Blick von ihm brachte jeden zur Räson.
    Liz holte tief Luft, um sich zu beruhigen. Ihr Vorschlag war durchdacht und konnte ohne weitere Verzögerung umgesetzt werden. Das einzige schwache Glied in der Kette war sie selbst.
    Die zehn Jahre, die sie als Kind mit ihrem Vater verbracht hatte, hatten sie gelehrt, sich charismatischen und gefährlich intelligenten Männern ohne Zögern unterzuordnen. Wer das nicht begriff, überlebte nicht. Das galt insbesondere für Männer, die die Gesetze der Vereinigten Staaten für ein Hindernis hielten, das es zu überwinden galt. Die zwanzig folgenden Jahre hatte sie alles getan, um diese Lektion wieder zu verlernen. Heute beschützte sie Unschuldige vor Menschen wie ihrem Vater.
    Erschüttert wurde ihr neues Selbstbild allerdings, als sie Patrick O’Connor begegnet war. Zugegeben, anders als ihr Vater hätte er niemals Frauen und Kinder unterdrückt und ausgebeutet, aber sein Stil erinnerte sie dennoch an ihn. Eigentlich hätte sie Patrick deshalb abstoßend finden müssen. Oder aggressiv werden in seiner Gegenwart. Stattdessen war sie scharf auf ihn. Und sie schämte sich dafür. Gut, das bewies nur,
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