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Mondscheinjammer

Mondscheinjammer

Titel: Mondscheinjammer
Autoren: Marie Hoehne
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"Wir steigen aus, du benimmst dich absolut hamstertypisch, wenn du Smartie siehst und dann gehen wir wieder. Ich gebe dir zehn Minuten." Ich seufzte tief. Dann stellte ich das Autoradio aus und öffnete die Wagentür.
    Noch ehe ich die Haustür erreicht hatte, flog sie auch schon auf und Ashley blitzte mich mit eng zusammengekniffenen Augen wütend an.
    "Du bist spät."
    "Fünf Minuten." Ich verschwieg, dass ich schon eine ganze Weile lang einfach nur im Auto gesessen hatte.
    "Nun gut, komm." Sie lotste mich direkt vom Flur die Treppe hinauf in ihr Zimmer. Mein Blick fiel sofort auf den kleinen Tisch, auf dem ein wunderschöner, handgefertigter Holzkäfig stand. Smartie lief munter in einem Laufrad herum.
    Ich sah auf Manfreds quietschbunte Behausung und fühlte mich gleich noch ein bisschen schlechter. "Schöner Käfig." Mehr fiel mir nicht ein.
    "Hat mein Bru… ja." Sie schob mir einen Stuhl zu. "Smartie isst am liebsten frische Gurke und Körner. Sie trinkt relativ viel für einen Hamster, was wahrscheinlich mit den ungewöhnlich hohen Septembertemperaturen zu tun hat. Ihr Stuhlgang ist fest und kommt regelmäßig und sie ist, wie alle Hamster, eine Einzelgängerin." Ashley sah mich nicht an, während sie sprach.
    "Woher weißt du das?", fragte ich. Ich wagte es nicht, mich umzusehen. Ich war tatsächlich in Ashley Carters Zimmer!
    "Woher weiß ich was?", blaffte sie.
    "Woher weißt du, dass sie eine Einzelgängerin ist?" Mein Hals war trocken, doch nirgendwo stand etwas zu trinken herum, und ich traute mich nicht, sie danach zu fragen. Irgendwie wirkte sie hier fast noch einschüchternder auf mich als in der Schule.
    "Alle Hamster sind Einzelgänger. Los, wir können ja deinen gerne mal zu ihr in den Käfig setzen." Sie lachte boshaft.
    "Kommt nicht in Frage!", protestierte ich. Um keine weitere dumme Frage zu stellen, kramte ich in meinem Rucksack nach den Notizen, die ich mir in den letzten Tagen gemacht hatte.
    "Hier." Ich legte das Blatt auf ihren Schreibtisch und während sie es überflog, blickte ich mich unauffällig um. Das Zimmer war in einem zarten Rosaton gestrichen worden. Das Bett hatte, natürlich, einen Himmel und drei alte Puppen saßen auf einem Schaukelstuhl direkt daneben. Ob Ashley früher damit gespielt hatte?
    An den Wänden hingen Auszeichnungen. Die Cheerleader unserer Schule hatten bereits diverse Wettbewerbe gewonnen. Auf einem der Fotos war Ashley mit einem Jungen zu sehen, den ich nicht kannte. Sie waren beide noch sehr klein. Ob das Xander war, ihr Bruder?
    Wir arbeiteten weitestgehend schweigend, während wir beobachteten, wie Smartie und Manfred aufeinander reagierten. Wir hatten die Käfige nur kurz nebeneinander gestellt, doch schon nach einer kurzen Beschnupperungsphase hatten beide nur gefaucht und so hielten wir es für empfehlenswert, sie ganz schnell wieder zu trennen. Auch unsere Hamster waren also tatsächlich Einzelgänger. Ein bisschen so wie Ashley und ich irgendwie.
    Ich musste unwillkürlich grinsen.
    "Wieso lachst du?", fuhr sie mich an.
    "Ich lache nicht."
    Sie schüttelte hochmütig den Kopf. "Um acht musst du gehen, da kommen meine Eltern."
    "So lange wollte ich gar nicht bleiben", gab ich zurück und warf einen verstohlenen Blick auf meine Uhr. Halb acht. Großartig.
    Ich hörte ein Rumpeln, was von unten kam. Mama und Papa Carter waren also schon früher zurück.
    Ashley wurde bleich, und ich sah sie irritiert an.
    "Alles ok?"
    "Ja, sicher", fauchte sie. "Ich bin gleich zurück." Sie stand auf und verließ das Zimmer, nicht jedoch ohne die Tür wieder ordentlich hinter sich zuzuziehen.
    Unschlüssig sah ich mich um. Ich musste auf die Toilette. Gab es hier oben eine?
    Vorsichtig stand ich auf und öffnete die Tür einen Spalt breit. Ängstlich lugte ich hinaus in den dunklen Flur. Ashley hatte mir weder etwas zu trinken angeboten, noch mir verraten, wo die Toilette war. Aber es konnte doch nicht zu viel verlang sein, mal eben dorthin zu gehen, oder? Ich meine, ich musste und es war nur ein Klo, nichts weiter. Allerdings verhielt sich Ashley so, als passte es ihr ganz und gar nicht, dass ich überhaupt hier war. Aber war das nicht auch irgendwie verständlich? Ich wollte sie ja auch nicht bei mir Zuhause haben.
    Ich hörte leise Stimmen aus dem Untergeschoss und beschloss, nur ganz schnell ins Bad zu huschen. Sie würde es sicher nicht einmal merken.
    Ich tapste den dunklen Flur entlang und horchte leise in die nun wieder einsetzende Stille hinein. Hinter welcher
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