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Mondpapier und Silberschwert (Die Sumpfloch-Saga) (German Edition)

Mondpapier und Silberschwert (Die Sumpfloch-Saga) (German Edition)

Titel: Mondpapier und Silberschwert (Die Sumpfloch-Saga) (German Edition)
Autoren: Halo Summer
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auf dem Leib trug, und obwohl sie jeden Abend Spielzeug bastelte, das sie auf dem Markt verkaufte, gelang es ihr nicht, den Schuldenberg zu verringern.
    Eines Tages hatte Kallima im Hof die Wäsche aufgehängt und ein seltsames Klopfen aus der Regentonne vernommen, in der nach einer langen Trockenzeit zum Glück kein Regen gewesen war. Denn als Kallima in der Tonne nachschaute, saß ein Kind darin, das mit Händen und Füßen gegen die Außenwände boxte und dabei mit großen blauen Augen in den Himmel starrte. Als sich Kallima zu dem Kind hinabbeugte und ihm damit die Aussicht versperrte, fing es ärgerlich zu schreien an.
    Schnell hob Kallima das Kind aus der Tonne heraus und bestaunte das kleine Mädchen, das knapp zwei Jahre alt war, nach ihrer Schätzung. Es hatte braune Locken und eine kräftige Stimme und so hübsche Augen, dass sich Kallima sofort in die Kleine verliebte. Sie schmuggelte das Mädchen, das sie Lisandra taufte, in den Haushalt des Morguls und versteckte es jahrelang. Als Lisandra alt genug war, um im Haushalt zu helfen, hatte Kallima sie wie selbstverständlich zu allen möglichen Arbeiten eingeteilt, w as allerdings nur gelang, weil die anderen Sklaven im Haushalt des Geldmorguls Kallima zuliebe über das fremde Kind schwiegen.
    Dabei war es geblieben. Der Geldmorgul hatte sich wohl schon etliche Male über das freche und in seinen Augen hässliche Mädchen beschwert, doch war es ihm nie in den Sinn gekommen, dass es ein Eindringling war, der weder den Sklaven noch den ausgebeuteten Angestellten angehörte, und das war gut so. Denn so hatte Lisandra vor anderthalb Jahren einfach verschwinden können, um nach Sumpfloch auf die Schule zu gehen. Kallima hatte diesen Tag herbeigesehnt und doch auch gefürchtet, elf Jahr lang. Denn sie wollte, dass Lisandra eine gute Ausbildung erhielt und eines Tages frei genug wäre, um Schwammling zu verlassen und vom selbst verdienten Geld zu leben. Andererseits fiel Kallima der Abschied schwer: Lisandra war ihr das Liebste und Teuerste , was sie auf dieser Welt hatte.
    Lisandra glaubte, dass ihre Mutter heimlich darauf hoffte, von Lisandra einmal ausgelöst zu werden. Und Lisandra hätte es auch zu gerne getan, eines Tages, doch das würde wohl immer ein Traum bleiben. Die Summe, die ihre Mutter dem Geldmorgul schuldete, hätte selbst ein hoher Regierungsbeamter nur schwerlich zusammensparen können. Trotzdem hörte Lisandra nicht auf, diesen Wunsch zu hegen. Vielleicht musste sie eine gesuchte Verbrecherin werden, die Panzerburgen ausraubte, um das Geld aufzutreiben. Oder sie würde einen verschollenen Schatz finden, der sie reich machte. Irgendwann wollte sie ihre Mutter freikaufen. Fragte sich nur, wann. In fünf Jahren? In zehn Jahren? Oder doch niemals?
    In diesen Winterferien war Lisandra also wieder in Schwammling aufgetaucht, um ihre Mutter zu besuchen und ihr beizustehen. Viel lieber hätte sie die Ferien in Sumpfloch verbracht, aber wenn es einen Menschen in Amuylett gab, dem Lisandra wirklich etwas schuldete und um dessen Wohl sie sehr besorgt war, dann war es ihre Pflegemutter, die alles für Lisandra getan und nie etwas dafür verlangt hatte.
    Natürlich konnte Lisandra ihrer Mutter keine weiteren Sorgen zumuten. Darum verschwieg sie ihr, was sie im letzten Halbjahr herausgefunden hatte: nämlich dass sie als fünftes Erdenkind das Talent des Todes besaß. Was bedeutete, dass Lisandra für nichts und niemanden gut war, aber für alle schlecht. Es hatte schon einmal ein Erdenkind mit dem gleichen Talent gegeben. Hier in Amuylett war es als Torck, der Gewittergott, bekannt, und wenn die Geschichten, die man sich erzählte, stimmten, dann schmorte dieser Torck seit Tausenden von Jahren in einem unterirdischen Kerker von Sumpfloch ohne Aussicht auf Frieden oder Freiheit. Lisandra hatte keine Lust auf ein ähnliches Schicksal. Da sie aber gefährlich war, gefährlicher als sie sich das überhaupt vorstellen konnte, musste sie mit dem Schlimmsten rechnen.
    Es war nicht leicht, mit einer solchen Bürde zu leben. Eigentlich hatte sie sich noch gar nicht an diese verrückte Wahrheit gewöhnt, darum gelang es ihr auch, s ie beiseitezu schieben, als sie zu Beginn des Winters in Schwammling eintraf, und in den Ferien so wenig wie möglich darüber nachzudenken. Schließlich sollte ihre Mutter nicht merken, wie verwirrt und traurig sie war.
    Stattdessen versuchte Lisandra das Beste aus ihren neu erworbenen Fähigkeiten zu machen. Ihre Fähigkeit, sich in einen
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