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Mond der Unsterblichkeit

Mond der Unsterblichkeit

Titel: Mond der Unsterblichkeit
Autoren: Elke Meyer
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Herz erweichen.
    „Wer tut denn so was? Armes Ding!“
    Es funktionierte. Sanft streichelte sie über das Köpfchen der Katze, das ne u gierig aus der Tasche hervor lugte.
    „Wenn wir in dem Schloss wohnen, ist doch genügend Platz“, wa g te Amber sich auf dünnes Eis.
    „Wir können doch nicht einfach ein Tier mitbringen, ohne Mr. Ma c farlane zu fragen. Vielleicht hat er eine Allergie. Am besten, die Katze kommt in ein Tie r heim oder so“, entschied Mom, und wandte sich wieder dem Stapel beschrifteter U m zugskartons zu.
    „Mom, das ist doch nicht dein Ernst.“
    „Mein voller Ernst.“
    Bevor Amber erwiderte, sie würde Macfarlane anrufen, bemerkte sie ihren V a ter. Der lehnte lächelnd mit verschränkten Armen im Tü r rahmen. Der Blick aus seinen grauen Augen flog von ihr zu Mom. Er wusste um Ambers Tierliebe g e nauso wie um den Reinlichkeitsfimmel seiner Frau, der keinen Platz für Tierha a re und Kot einsa m meln ließ. Er rückte seine Brille zurecht und räusperte sich.
    „Dana, in Macfarlanes Mietvertrag steht, dass Haustiere erlaubt sind. Damit ist das Thema doch erledigt, oder?“ Verschwörerisch zwinkerte er Amber zu und ignorierte den missbilligenden Blick se i ner Frau.
    „Danke, Dad, du bist der Beste.“ Amber stellte sich auf die Zehe n spitzen und gab Dad einen herzhaften Kuss auf die stoppelige Wa n ge. Sie hörte, wie Mom wütend schnaubte.
    „Es war ja klar, dass du mir in den Rücken fällst, Finlay. Du hast A m ber viel zu sehr verwöhnt. Seit ihrer Geburt ist sie mit allem bei dir durchgekommen.“
    Dad antwortete ihr nicht. Amber wusste, jedes Widerwort führte nur zu Streit. Wütend lief Mom die Treppe nach oben. Ihr Ärger würde nur einen A u genblick anhalten, sie konnte nicht lange nachtragend sein. Dad wandte sich Amber zu, und breitete die Arme aus.
    „Eine Umarmung muss für deinen Vater jetzt drin sein.“
    Amber schlang die Arme um seinen Hals und drückte ihn. Wann i m mer sie in Schwierigkeiten geriet und Trost suchte, war er für sie da.
     
     
     
     

2.
     
    A mber legte ihre Wange an die kühle Wagenscheibe, und sah zum ster n klaren Himmel hinauf. Seit dem frühen Morgen befanden sie sich auf dem Weg nach Schottland. Ihre Glieder waren vom langen Sitzen schon ganz steif. Sie sehnte sich danach, endlich anzukommen. Gealach. Was für ein lan g weiliger Name. Genauso langweilig wie diese Gegend. Selten sah man am Straßenrand ein Haus. Hier existie r ten nur Moore, Berge, zerklüftete Felsen, Seen und Schafsbauern. Landschaftliche Idylle à la sterben s langweilig.
    Das gleichmäßige Brummen des Motors wirkte einschläfernd. I m mer wieder fielen ihr die Augen zu. Sie gähnte und streckte die Beine aus, so weit es der Vordersitz zuließ. Und das war nicht gerade viel. Das Kätzchen schlief zusa m mengerollt auf ihrem Schoß und schnur r te. Amber warf einen Blick zu Kevin, der glücklicherweise schlummerte. Sein gegeltes Bürstenhaar glänzte im matten Schein der Inne n beleuchtung. Ihr Bruder hatte sie während der Fahrt mit seinen flapsigen Sprüchen genervt. Warum mussten pubertierende Jungs so anstrengend sein? Amber sah zu ihrer Mutter, die noch immer in dem Buch mit dem Titel „Mein Traumprinz“ las. Dieser Anflug von Romantik entlockte Amber ein Schmunzeln. Typisch Mom. Sie war in ihre Lektüre immer so vertieft, dass sie alles andere ve r gaß. Was las sie nur über einen Traumprinzen, wenn der tollste Mann der Welt, an ihrer Seite saß? Trotz der Geheimratsecken, dem graumelie r ten Haar, und dem leichten Bauchansatz war Dad noch immer ein attra k tiver Mann. So etwas blieb anderen Frauen auch nicht verborgen, weshalb ihre Mutter im letzten Jahr von ihm verlangt hatte, den Job als Teppichvertreter an den N a gel zu hängen.
    Über diese Gedanken döste Amber ein und erwachte erst, als ihre Mutter sie stupste, weil sie sich Gealach Castle näherten. Verschlafen rieb sie sich die A u gen. Auch Kevin wachte auf und verbreitete sofort schlechte Laune.
    „Na endlich. Ey, nicht noch mal so ne lange Fahrt, nicht mit mir. Wir hätten fliegen sollen, first class.“ Knurrend verschränkte er die Arme vor der Brust und zog einen Schmollmund.
    Amber betrachtete das Schloss, dessen Konturen sich scharf vom dunklen Nachthimmel abhoben, als hätte sie jemand mit einem spitzen Stift g e zeichnet. Gealach Castle, das Mondschloss, thronte imposant auf einem Hügel. Ihm zu Füßen lag Loch Gealach, auf dessen schwarzer Wasseroberfläche sich si l bern die
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