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Mond der Unsterblichkeit

Mond der Unsterblichkeit

Titel: Mond der Unsterblichkeit
Autoren: Elke Meyer
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Tränen liefen ihre Wangen hinab. Nur ein leises Wi m mern kam über ihre Lippen. Sie flüsterte ein Gebet, und bat darin, in Ohnmacht zu fallen.
    Der Hüne schlitzte mit einem Messer das Hemd ihres Freundes am R ü cken auf. Mit der dampfenden Schale in der Hand beugte sich der Druide zu Honey, tauchte seine Hand in die rote Flüssigkeit, und bestrich damit ihr Gesicht und den nackten Oberkörper. Es war das Blut des Raben, ve r mischt mit einem unbekannten, nach Schwefel riechenden Sud. Sie begann zu würgen. Der Druide murmelte erneut Wo r te in der fremden Sprache, und wandte sich ihrem Freund zu, um auch ihn mit dem Sud zu b e streichen. Die Schale stellte er zurück auf die Steine und streckte die Arme gen Himmel.
    „Dämonen, nehmt diese Opfer an, in der Nacht des Mondes der U n sterblichkeit!“
    Honey zitterte, ihr Atem bildete in der plötzlichen Kälte weiße Wo l ken vor ihrem Mund. Ihre Lippen formten tonlose Worte. Tränen liefen unaufhaltsam über ihr ve r schmiertes Gesicht, und tropften vom Kinn auf ihre Brust. Ihr Blick sah flehend zu den Umstehenden, die mit ve r schränkten Armen, Statuen gleich, dastanden.
    Sie schluchzte auf. „Bitte … Bitte lassen Sie … uns gehen.“
    Die Temperatur sank weiter rapide. Nebelschwaden zogen heran und hüllten sie in einen Gazeschleier. Daraus griffen Hände nach ihr, deren Besitzer nicht zu erkennen waren, zerrten grob an ihren Ha a ren und Schultern. Voller Entsetzen weiteten sich Honeys Augen. Krallen bohrten sich in ihren Rücken. Wie Raureif überzog gefri e render Schweiß ihre Haut. Selbst das Blut, das aus ihren Rücke n wunden sickerte, begann zu gefrieren. Eine blasse Zunge ve r suchte gierig das Blut fort zu lecken, bevor es vollends gefror. Honeys Augen rollten unkontrolliert, bis nur noch das Weiß darin zu sehen war.
    Andere Hände aus dem Nebel zerrten ihren Freund an den Haaren fort. Er stieß animalische Schreie aus, als Krallen auch in se i nen Rücken stießen. Behaarte Hände umschlossen seine Kehle und drückten zu. Seine Augen traten hervor, während er nach Luft rang. Aus seiner Kehle ertönte ein heiseres Gurgeln.
    Die Krallenhände wanderten über Honeys nackten Leib, sanft, fast a n dächtig. Sie mündeten in Pfoten, die gierig ihre Brüste u m spannten. Ein tiefes Knurren erklang, das Honey erneut zum Wimmern brachte.
    Die Krallen der Kreatur glitten fächerartig über ihre Schultern zu ihrem Brusta n satz, scharf wie Rasierklingen. Rote Streifen zogen sich über ihre Brüste bis zum Bauc h nabel. Es waren feine Schnitte, die zu dampfen begannen. Langsam sickerte Blut aus ihnen, in einem fadendünnen Strahl, der die roten Streifen in Zickzackba h nen verwandelte. Das Gle i che vollzog sich auf ihrem Rücken. Gierig leckte eine Zunge, dessen Besitzer im Nebel verborgen blieb, über die blutenden Wunden. Eine Kralle drang seitlich in ihren Hals, bohrte sich langsam durch den Keh l kopf nach oben, um die Zunge zu durchstoßen und in ihre Mundhöhle einzudringen. Eine weitere durchdrang erneut ihren Rücken und bohrte sich in ihre Lunge. Warmes Blut floss aus Mund und Hals über ihren kalten, erstarrten Körper. Mit einem Ruck z o gen sich die Krallen aus Hals und Rücken zurück. Dann zerrten sie an ihren Armen, fuhren unter ihre Haut und spannten sie so, dass der Feuerschein hindurch leuchtete. Honeys Lider flatterten, während aus ihrer geschundenen Kehle nur ein heiseres Röcheln ertönte. Die Arme der sonst unsichtbaren Kreatur, hieben wie Windmü h lenfl ü gel klatschend auf ihren Rücken ein, und zogen sie mit sich in einen Strudel des Schmerzes, der sie in tiefe Dunkelheit versinken ließ.
    Auch der Körper ihres Freundes wurde von Klauenhänden gepackt, deren B e sitzer noch immer verborgen blieb. Dort, wo die spitzen Klauen sich in sein Fleisch boh r ten, floss das Blut zäh, bis es in dicken Tropfen erstarrte. Während sein Körper u n kontrolliert zuckte, als jagten Stromstöße hi n durch, verzerrte sich sein Gesicht zu einer Fratze. Dann erschlaffte er, das Zucken hörte auf. Sein Schrei hallte durch die Nacht und verstummte dann so plötzlich, als hätte man ihn abgeschnitten. Schlie ß lich ve r schwand er mit dem Nebel, der sich in Nichts auflöste.

1.
     
    A mber Stern drängte sich mit Einkaufstüten in den Händen gegen den Bes u cheransturm durch den Haupteingang von Harrods. Schweiß perlte von ihrer Stirn, ihr bernsteinfarbenes Haar klebte am Kopf. Sie war schon spät dran, dur f te den Bus nicht verpassen.
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