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Mømø im Legøland

Mømø im Legøland

Titel: Mømø im Legøland
Autoren: Arne Piewitz
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fragen.
AAA: Und das Schwert Sikánda — handelt es sich dabei um Siegfrieds Balmung oder King Arthur’s Excalibur?
BBB: Da mußt du Monsieur Guillotin fragen.
AAA: Das Amulett mit den beiden Schlangen, auf dem geschrieben steht: »Tu was du willst« — das ist auch nicht gerade originell.
BBB: Daran kann ich mich jetzt gar nicht erinnern.
AAA: Willst du denn so weitermachen wie bisher?
BBB: Da mußt du mein Publikum fragen. Und die Buchhändler.
AAA: Aber du selbst hast doch dabei auch ein Wörtchen mitzureden, oder?
BBB: Selbstverständlich. Ich bin in meinen Entscheidungen völlig frei, mir redet niemand rein, und ich genieße das Vertrauen aller verantwortungsbewußt denkenden Menschen.
AAA: Würdest du heute irgend etwas anders machen? Gibt es Fehler, die du lieber nicht wiederholen möchtest?
BBB: Nein, so kann man das nicht sagen. Ich habe eine klare Meinung von den Dingen, ich ziehe die notwendigen Konsequenzen aus meinen Erkenntnissen, und ich handle danach. Und wenn mir jemand Entschlußunfähigkeit oder Wankelmut vorwirft, dem muß ich sagen, er hat keine Ahnung. Keine Ahnung!
AAA: Du bist ein Prototyp auf dem Identifikationsmarkt. Ist dir das recht?
BBB: Oh ja, ganz bestimmt. Das ist mir sehr recht. Mir und anderen.
AAA: Wem?
BBB: Den meisten.
AAA: Letzte Frage: Das Nichts, dieser Sog des Nichts — was ist das eigentlich?
BBB: Das weißt du nicht? Da muß ich mich aber sehr wundern! Der Sog des Nichts ist nichts anderes als die Anziehungskraft des Geldes. Klar?
    Ich bedanke mich bei BBB für dieses aufbauende Gespräch. Das hat mir echt viel gebracht. Und nun kann ich auch mit der Wichserei aufhören, die macht heute sowieso keine Laune. Kurz bevor ich einschlafe sehe ich, wie sich mein in einem Spiegel widergespiegeltes Spiegelbild im Zerrspiegel eines Spiegels spiegelt.



9.

    Der Kran wird mit Elektromotoren betrieben.
    Ich puhle mit meinem Autoschlüssel In der Zündung herum, bewege irgendwelche Hebel hin und her, drücke auf Knöpfe, und plötzlich geht ein leiser Ruck durch den ganzen Apparat: Der Ausleger schwenkt nach rechts. Und ich drehe mich mit. Nicht hektisch, sondern ganz ruhig. Die Lichter des Hafens gehen links aus meinem Blickfeld, das angestrahlte Rathaus verschwindet auch, danach wandert der Fernsehturm an mir vorbei, und dann kracht es.
    Der Kran zittert ein bißchen, beruhigt sich, steht wieder still. Durch die zugeregneten Scheiben der Brücke kann ich nichts Genaues erkennen. Also raus, mal nachsehen.
    Der Ausleger hat an beiden Seiten ein halbhohes Geländer, da kann man ohne Probleme drübergehen. Zehn Meter schaffe ich, ohne nachzudenken. Die Füße haben auf den Streben sicheren Halt, und ich kralle mich an beiden Seiten eisern fest. Dreißig Meter im freien Fall bis in die Baugrube, das kann lebensgefährlich sein. Der Regenwind gibt sich ernsthaft Mühe, mich auszuhebeln. Mitten auf dem Ausleger fällt mir auf, wie sehr ich unter Achselnässe leide. Ich gucke mich um: Die Brücke ist genauso weit von mir entfernt wie das Ende des Auslegers.



10.

    Die Allergrößten auf Erden sind immer der Dahingeschiedene oder die teure verblichene. Die Friedhöfe sind voll von Leuten, die durch nichts und niemanden ersetzt und niemals vergessen werden können.
    Auf der letzten Seite der Zeitung, fettgedruckt und schwarz umrandet, findet Ihr sie:
    Den treusorgenden Vater, die liebevolle Frau, das hoffnungsfrohe Kind, den hilfsbereiten Kollegen, den fleißigen Mitarbeiter, den in seiner Menschlichkeit unerreichten Seniorchef und den großmütigen Beamten.
    Aber wo, zum Teufel, steckt denn bloß der eine, der immer die Schwächeren unterdrückt? Wo wird der ewig nörgelnde Geizkragen verborgen, der TierMømøund Kinderquäler? wo ist dieser besserwisserische Arschkriecher, dieser übelschwätzende Hohlkopf? Dieser Denunziant, nur dieser eine, wo wird er versteckt? Der arrogante Pinsel, der impotente Voyeur, der Nazi — wo ist er?
    Ein bigottes Häuflein Trauernder hat ihn entsorgt.
    Und wenn eine(r) aus eurer Szene in die Kiste springt?
    Genau derselbe Vorgang: Ein homosexueller kommunistischer fauler dummer jüdischer Negertürke findet nicht statt.
    Die werden, bei Gott, positive Worte finden — sowohl für Mømø Laumann wie auch für Andy Alwin Axt. wenn es soweit ist...



11.

    Ich stehe da 10 Minuten lang, starr vor Angst, unfähig, mich zu entscheiden.
    Ich gucke zum Ende des Auslegers. Der ist in einem Fenster zum Stehen gekommen. Karstadt, dritter Stock. Bitte, benutzen Sie
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