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Mømø im Legøland

Mømø im Legøland

Titel: Mømø im Legøland
Autoren: Arne Piewitz
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Initiativen hinsichtlich der Telefonzelle, des Rohbaus, des Zoos und der Kaserne sind tierisch gut angekommen. Auch der Auftritt im Bullenrevier und das Umlegen des Peitschenmastes finden allgemeinen Beifall. Heidi allerdings empfindet die Fixierung auf eine männliche Mittelpunktsfigur zum Kotzen und sagt, diese ausschließlich männlichen Heldentaten würden den schärfsten Widerstand in den Frauengruppen hervorrufen. Sie vertritt diesen Standpunkt auch in der spontan improvisierten Podiumsdiskussion, kommt damit aber nicht durch.
    Erni will die Schrebergarten-Aktion kontrovers diskutiert sehen: »Dieses Wüten in der SchreberMømøgarten-Kolonle war ein katastrophaler Fehlschlag. Sowas kann die ganze Kampagne kippen, das müßt Ihr doch mal politisch sehen. Die Leute in diesen Schrebergärten sind schließlich potentielle Verbündete. Wenn wir mal das überholte Rechts-Links-Schema beiseite lassen, dann gehören die doch voll ins Ökospektrum!«
    Zwischenruf eines Autonomen: »Mit ihren Gartenzwergen!«
    Allgemeines Gelächter.
    Heinzi hält die Gegenrede: »Wenn wir jetzt hier Fraktionen bilden, gefährden wir nicht nur die ganze Aktion, sondern setzen auch das bisher Erreichte aufs Spiel!«
    Volki als Diskussionsleiter greift vermittelnd ein:
    »Meines Erachtens hat Laui mit seinen Aktionen konkret den Nachweis erbracht, wie die kapitalistischen Produktivkräfte qualitativ in Destruktionskräfte Umschlägen.«
    »Genau«, unterbricht ihn Heinzi, »aber beziehst du dich jetzt auf die Robbenbabies oder die Russen?«
    Allgemeine Heiterkeit, Volki ist eingeschnappt.
    Manni schreit dazwischen: »Nein, er meint, wenn sich die Armee selbst an die Wand klatscht!«
    Riesenbeifall.
    Da mitten hinein erfolgt der Auftritt des zuständigen Pfarrers. Er hat einen Talar über seine Jeans gezogen und geht freundlich grüßend durch die Reihen. Gabi zieht ihn zu mir und stellt uns vor. »Mømø Laumann, ich habe schon viel von ihnen gehört«, sagt er. Der Pfarrer will mich in Ruhe und unter vier Augen sprechen. Wir gehen in sein Pfarrhaus, in den ersten Stock, wo er sein Amtszimmer hat. Hier also spendet er den Ratsuchenden seinen geistlichen Beistand, und hier informiert er sich auf die Schnelle, ob es sich nun um eine Trauung oder um eine Beerdigung handelt, wenn ihn das Glockengeläut in die Kirche ruft.
    Wir setzen uns und trinken eine Flasche Abendmahlswein.



31.

    Zwar bin ich nicht so ein fetter, feiger, farbloser Fehlschlag wie BBB — aber genauso eine Pfeife, nur auf etwas anderer Ebene. Ich sehe mich da recht selbstkritisch
    — meine Ängste, mein Verlangen nach Anerkennung, meine Furcht vor Liebesentzug, meine Schwierigkeiten,
    mich einzubringen — das sehe ich alles ganz genau.
    AAA kann sich durchaus in BBB wiedererkennen.
    Und jetzt muß ich feststellen, daß BBB latent schwul ist.
    Damit hat man auch mich schon mehrmals aufgezogen, und auf diesem Gebiet sehe ich selbst ein Problem für mich — denn nichts Genaues weiß ich nicht.
    Ich fühle mich angezogen von BBB’s Phantasia, kann dort leben, bin da fast schon zu Hause. Und wenn die Konstellation der Figuren in Phantasia nun ergibt, daß BBB ein latent schwuler Frauenfeind ist — dann hätte Beate Quarkmann, meine Ex-Freundin, ja recht gehabt, als sie nach langen erbitterten Diskussionen eines Tages ohne ein weiteres Wort einfach auszog und seitdem nichts mehr von sich hören ließ! Dann ist der Verdacht, daß auch ich ein latent schwuler Frauenfeind bin, nicht länger von der Hand zu weisen.
    Die Beweise sind allerdings recht eindeutig:
    In der unendlichen Geschichte werden die kernigen Männerfreundschaften favorisiert. Alles, was nach Schwanz aussieht, ist positiv besetzt. Alles, was auf den weiblichen Intimbereich hindeutet, negativ.
    Liebe zwischen Mann und Frau spielt nicht die geringste Rolle. Das einzige heterogene Paar, das in Erscheinung tritt, ist ein unentwegt zankendes Gnomengespann, das weniger Erotik entwickelt als zwei tote Klosettfliegen.
    Reicht es da, wenn man als eingeschworener Feminist aufatmend zur Kenntnis nimmt, daß es sich bei der Zentralfigur immerhin um die »Kindliche Kaiserin, weiblich« handelt? Wohl kaum. Damit kann man sich nicht zufriedengeben.
    Genervt packt der latent schwule AAA seine Lektüre unter das Kopfkissen und greift sich eins der Bücher, die Beate zurückgelassen hat. Ach, das ist ja diese fade Heldinnensage, die ich vor einigen Monaten gezwungenermaßen lesen mußte. Ich blättere lustlos darin
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