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Mømø im Legøland

Mømø im Legøland

Titel: Mømø im Legøland
Autoren: Arne Piewitz
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herum.
    Was sollen diese armen Schriftstellerinnen auch machen — die sind im Verlauf der unendlichen Geschichte eben nie dazu gekommen, sich ihren eigenen Mythenpark zu erobern. Immer mußten sie die Mythen der Männer mitfüttern. Und wenn heute mal eine versucht, ihren eigenen Spuk zu erfinden, dann bleibt ihr kaum was anderes übrig, als aus den Amazonen einen überdrehten Transvestitenverein zu häkeln, dessen Kriege ablaufen wie ein Abklatschtanz auf dem Tuntenball:
    Da erscheinen dann im kapriziösen Fummel die alten germanischen Recken in festgefügter hierarchischer Ordnung, beladen mit Schuld und Sühne, aber edel, treu, zuverlässig, doof und rauflustig. Eine brutale, faschistoide Männergesellschaft, die sich durch das Schlachtengetümmel menstruiert.
    Völlig zermürbt lege ich das Buch zurück ins Regal und widerstehe der Versuchung, es in den Papierkorb zu werfen. Aber nur, weil’s Beate gehört! Als Andenken gewissermaßen...
    Angenommen, ich käme in die sensationelle Lage, daß ich die Wahl hätte zwischen BBB’s Amulett Auryn — »Tu was du willst« — und Marockh Lautenschlags Stein Araqurin — »Macht und Energie in reiner Form« — ich würde bestimmt den Ring von Gyges wählen, um endlich unsichtbar zu sein. Ich nehme ersatzweise eine Mütze voll Schlaf...



32.

    Der Pfarrer spricht zu mir:
    »Ich habe großes Verständnis und Respekt für deine Situation, lieber Mom© Laumann, ja ich möchte fast sagen, daß ich gelegentlich auch das Bedürfnis verspüre, aus den Fesseln des Alltags auszubrechen. Insofern vergebe ich dir auch die sicher unumgängliche Beschädigung unseres Gotteshauses, wenngleich ich befürchten muß, daß es darüber zu Auseinandersetzungen in meinem Gemeinderat kommen wird. Ich denke, Gott kann über deine individuelle Art, die Dinge zu begradigen, durchaus schmunzeln, wenn es ihn denn wirklich geben sollte. Von meiner menschlichen Warte aus betrachtet muß ich dir, neben aller Bewunderung, aber auch sagen: Du gibst ein nicht gerade unproblematisches Beispiel. Kein Mensch kann immer nur den geraden Weg gehen, kann ständig nur seinen Kopf durchsetzen. Unser Leben ist doch eine Abfolge von Kompromissen. Also — konsequentes Handeln: Ja! Stures Über-Leichen-Gehen: Nein!«
    In diesem Moment schreit einer laut von unten: »Die Bullen!« Der Pfarrer und ich treten blitzschnell ans Fenster.
    Ach du dicke Scheiße.



33.

    Leute, die mit sich und der weit abgeschlossen haben, halten es meistens nicht für nötig, noch große Worte zu machen. Kinder allerdings, Kinder schreiben Abschiedsbriefe. Die Kripoakten sind voll davon. Kinder sind eben auch auf diesem Gebiet herrlich unkompliziert und direkt.
    Drei Beispiele aus meiner Sammlung:

    Lieber Vati, Ich bin ganz traurig, weil du mir nichts zu Weihnachten geschenkt hast außer deinen alten Socken mit den Löchern, ich hoffe, daß du dich freust, wenn ich die heute nacht anziehe, weil ich dann aus dem Fenster springe. — Dein Sohn Maxi.

    Liebe, liebe Mamilein, ich liebe meinen Lehrer. ich weiß, ich bin erst neun, und er läßt sich nicht scheiden. Deswegen scheide ich aus dem Leben. Es grüßt dich deine Elfi.

    Aber nicht alle sind so originell, es gibt auch andere, erschreckend konsumorientierte:

    Liebe Omi und Opi, zu Weihnachten wünsche ich mir eine puppe, die wirklich redet, eine Armbanduhr mit Coofy und ein Paket weißer Riese und ein Rennrad ohne Männerstange und tausend veronal, mit denen Mutti immer so gut schläft. Eure liebe Babsi.

    Kinder begreifen das Universum als Intelligenztest. Erwachsene starren nur noch auf die Zeit, und das Ticken Ihrer Uhren sind die Ticks in ihren Gehirnen...



34.

    Die attraktiven Jungbullen, sportive Greifer In Lederjacken und adidas-Turnschuhen, zäh wie die Nationalzeitung, flink wie Konsalik, hart wie die HIAG, nachgeborene Legionäre des Reichssicherheitshauptamtes, wollen endlich ihre Rache für Stalingrad und verprügeln Manni. Der hatte wider besseres Wissen »Hilfe, Polizei, Hilfe, Überfall!« gerufen. Dafür kriegt er jetzt seine demokratisch legitimierte Abreibung, und alle freuen sich schon auf den Prozeß, in dem man ihn verurteilen wird, weil sich wieder mehrere Jungbullen dienstunfähig melden werden. Mannis Widerstand gegen die Staatsgewalt ist aber auch zu heftig: Er hockt zusammengekrümmt auf dem Rasen und hält sich die Arme über den Kopf, weil er sich nicht draufschlagen lassen möchte. Heinzi startet einen heimtückischen Entlastungsangriff. Nun
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