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Mømø im Legøland

Mømø im Legøland

Titel: Mømø im Legøland
Autoren: Arne Piewitz
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marmorweißen Fingern hält, gleicht einem Schlangenkopf.
    Da denkt man sich natürlich seinen Teil. Prüfend fasse ich mir einmal kurz an die Eier, aber irgendwie schiebt sich Rosa von Praunheim störend dazwischen.
    Das ist faszinierend. So ungeniert, ungeschminkt und unvoreingenommen hat mir noch niemand Frauenpower vorgeführt. Wie dieser Bastian Balthasar Bux den »Mythos Frau« mit all seinen vorpubertären Männerängsten füttert — phantastisch.
    Und dabei stiefelt er unbeirrt durch eine genitale Landschaft mit wundervoll obszönem Ausblick: Zunächst ist BBB einen »geschlängelten Bergpfad abwärts« gezogen, und dann erreicht er einen »Wald aus baumgroßen Orchideen. Es waren gefleckte und ein wenig beunruhigend aussehende Riesenblüten... Moos, das überall reichlich wuchs... weiches Lager... Die Luft war warm und von einem eigenartigen Duft erfüllt, der den Orchideen entströmte und nicht sehr angenehm war. Es lag etwas in ihm, das Unheil verkündete... Je weiter sie in den Orchideenwald eindrangen, desto unglaublichere Formen und Farben nahmen die Blüten an... Viele dieser Gewächse waren nämlich fleischfressende Pflanzen, groß genug, ein ganzes Kalb zu verschlingen. Zwar bewegten sie sich nicht von sich aus, ... aber wenn man sie berührte, schnappten sie zu wie Schlageisen. Und ein paar Mal mußten die Herren von ihren Schwertern Gebrauch machen, ... indem sie ganze Blüten abhieben und in Stücke schnitten...«
    Ich erinnere mich genau: Blüten im allgemeinen und Orchideen im besonderen sind die Muschis der Traumdeuter. Es ist ein Wahnsinn, aber wahr: BBB, der Selbsttherapeut und Protagonist auf der Suche nach Identität, BBB stolpert durch ein gefährliches MösenMømødickicht. Und ich folge ihm nach...



17.

    Sonnabendmorgen. Nach solchen Trinkernächten trete ich morgens erfrischt vor die Kneipentür. Ich weiß, der Bundeskanzler ist sogar zu so früher Stunde schon mit der Sinngebung auch meines Lebens beschäftigt. Das Licht ist viel zu hell, die Vögel brüllen entschieden zu laut, aber Mømø Laumann hat mal wieder eine Nacht überstanden. Das ist Grund genug, Selbstmörderisches für diesen Tag aus dem Programm zu streichen. Einmal gähnend Sauerstoff tanken, Schultern zurücknehmen bis es knackt, kurz zusammenklappen wie Michael Kühnen nach einem Magenhaken: bin wieder absolut fit.
    Gabis Telefonnummer und Adresse auf dem Bierdeckel. Das ist ganz in der Nähe, nur zwei Ecken weiter. Speichere kurz einen Testdurchlauf: Wenn ich sie auf geradem Weg erreiche — gut.
    Wenn nicht, klau ich das nächste Fahrrad und trete mich nach Hause. Der gerade Weg führt durch das alte Mietshaus gegenüber. Ich überquere die Straße, stehe vor einem angelehnten Parterrefenster. Fein, dann brauche ich das schon mal nicht einzuschlagen. Keiner kommt, niemand guckt.
    Ein Fahrradständer hilft mir auf die Fensterbank, ich stoße das Fenster auf und trete ein. Stehe auf einem Sofa, steige auf den Tisch davor, zertrample die Salzstangen und werfe ein Weinglas um. Durch die angelehnte Tür zum Nebenzimmer höre ich, daß zwei Leute enthusiastisch schnaufen und grunzen. Klettere vom Tisch auf einen Sessel und von dem auf den Flokati. Hervorragend: Mein Ausstiegsfenster befindet sich dem Einstiegsfenster genau gegenüber. Dann muß ich nicht durch die Wand gehen.
    Ich öffne das Fenster äußerst behutsam. Kann dann der Versuchung nicht wiederstehen und schleiche zurück zur angelehnten Tür — die schnaufen nicht mehr. Schnappen nur heftig nach Luft.
    Sagt die eine Stimme keuchend: »Weißt du eigentlich, daß jedes Jahr Tausende von Enten beim Vögeln ums Leben kommen?«
    Sagt die andere Stimme hechelnd: »Ist ja furchtbar.«
    Sagt die keuchende Stimme wieder: »Die werden von ihren Kerlen unter Wasser gedrückt dabei. Wenn er sich nicht beeilt, dann ersäuft sie.«
    Sagt die hechelnde Stimme: »Müssen sich eben mal eine andere Position einfallen lassen.«
    Dann geht’s wieder los mit der Schnauferei. Nur einmal noch meldet sich die keuchende Stimme, jetzt aber schon schnaubend:
    »Du Scheißerpel du!« Und dann wird’s mir dringlich, ich muß weiter.
    Klettere aus dem Fenster auf den Hinterhof.
    Geradeaus unter den Teppichstangen hindurchzugehen ist keine Hürde. Aber der gerade Weg endet vor einer glatten, hohen, grauen Wand. Da endet er ja immer. Und ich habe keine drei Wünsche frei. Nichtmal einen.
    Aber Glück: Am Haus links steht ein Gerüst, und das bedeutet Handwerker, und die bedeuten
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