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Mømø im Legøland

Mømø im Legøland

Titel: Mømø im Legøland
Autoren: Arne Piewitz
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seiner Generation vor und haut sauer ab, daraufhin geht Fritzi mit Trotzki ins Bett.
    Gabi fragt mich: »Willst du bei mir schlafen?«
    Ich mach ironisch-fragende Stirnfalten und frag nur: »Wo?«
    Sie nimmt mich bei der Hand — »das Bad ist da« — und führt mich in ihr Zimmer. Sie zieht die Bastrollos runter. Ihr Bett ist zu schmal. Ich stehe dumm rum.
    Sie zieht sich aus. Läßt mich nicht aus dem Blick. Sie schmeißt Ihr Sweatshirt in eine Ecke, ich komme aus der Jacke und knöpfe mir das Hemd auf. Sie öffnet den Reißverschluß ihrer Hose, ich ziehe mein Hemd aus. Sie steigt aus ihrer Hose, ich mach an meiner den Reißverschluß auf. Dabei gucken wir uns unentwegt an.
    Sie streift sich die Unterhosen ab, ich muß erst die Schuhe loswerden. Sie geht zu ihrem Schrank, ich ziehe meine Hosen aus. Sie dreht sich zu mir um, ich stehe da einsam in Unterhosen, wie ein letzter verlorener Ton von Miles Davis über dem Freilichttheater von Bad Segeberg. Sie wirft mir einen Schlafsack zu und grinst: »Ich sagte: bei mir. Nicht: mit mir.« Und dann springt sie in ihr Bett und deckt sich zu.
    Ich bin keine Kämpfertype. Wenn Ich jetzt Männchen baue, den Verliebten raushängen lasse, und mir dann ein »Geschlechtsverkehr — nein danke!« einfange, sehe ich schlecht aus. »Ich hab das schon richtig verstanden, keine Sorge«, sage ich, und es klingt wie »ein Glück, ich dachte schon, du willst was von mir.«



20.

    Ich habe auch schon manchmal was anderes gelesen. Bei Ingeborg Bachmann bin ich zum Beispiel damals über den Satz gefallen:
    »Die Stärke der Männer ist ihre Unfähigkeit zu lieben.«
    Aber dazu konnte ich keine Stellung beziehen; und weil ich mich nicht durch eine gegenteilige Behauptung blamieren wollte, habe ich das Lesen von Belletristik überhaupt aufgegeben. Jetzt aber hat’s mich wieder mächtig gepackt, wenn auch vielleicht auf einem etwas niedrigeren Niveau, wie ich gern zugestehe. An diesem Sonnabend stehe ich überhaupt nicht auf, sondern gehe mit meiner Lektüre in mich. Nichts ist mir heute wichtiger, als mit mir selbst gut befreundet zu sein. Und BBB wird mir als Cicerone dazu verhelfen. Das tut er gern, denn in der unendlichen Geschichte reicht auch nichts an eine echt solidarische Männerfreundschaft heran.
    Der Glücksdrache, der Löwe, der grüne Indianer — die wichtigsten Bezugspersonen des Knaben BBB sind Spitzenmänner. Und der Phallus regiert in Phantasia:
    »Der Keim wuchs sehr rasch, man konnte ihm dabei Zusehen. Er entfaltete Blätter und Stengel, trieb Knospen hervor, die zu wunderbaren, vielfarbig glimmenden und phosphoreszierenden Blüten aufsprangen. Schon bildeten sich kleine Früchte, die, sobald sie reif waren, explodierten wie Miniaturraketen und einen bunten Funkenregen von neuen Samenkörnern um sich sprühten.
    Aus den Samenkörnern wuchsen wieder Pflanzen, doch hatten sie andere Formen, glichen Farnwedeln oder kleinen Palmen, Kakteenkugeln, Schachtelhalmen oder knorrigen Bäumchen.«
    BBB im Schwanzwald. Die unendliche Geschichte ist voll von bedeutenden Schwänzen...
    Das stimmt, das kann ich beurteilen. Wie oft habe ich mich dabei ertappt, daß ich auf dem Kneipenklo verstohlen nach links oder rechts geschielt habe, um zu taxieren, wie groß der Schwanz wohl ist, der im benachbarten Pißbecken abstrullt.
    Und nicht gerade selten schüttelte ich beschämt den letzten Tropfen ab und nahm verbittert wegen der ungerechten Verteilung auf dieser Welt wieder hinter meinem halben Liter Platz...
    Doch, ich bin mir der Schwanzlastigkeit der Geschichte bewußt. Und als unbedeutender Durchschnittsschwanz kann man schon Neidgefühle kriegen, wenn man von Fuchur erfährt, dem Glücksdrachen. Das ist ein Prachtschwanz!
    Ein Geschöpf der Luft und Wärme, der unbändigen Freude, und trotz seiner gewaltigen Größe so leicht wie eine Sommerwolke. Er gleicht einem langsamen Blitz, dieser lange, geschmeidige Leib, dessen perlmutterfarbene Schuppen rosig und weiß glitzern. Dieses Geschöpf hat sogar Naturfransen am Schweif, also ein Schwanz mit Schwänzchen! Das wunderbarste an Fuchur aber ist sein Gesang. Seine Stimme klingt wie das goldene Dröhnen einer großen Glocke, und wenn er leise spricht, so ist es, als ob man diesen Glockenklang von fern hört. Unvergeßlich, einfach unvergeßlich! So ist das, und die Frauen haben nur ihre Ohren an der verkehrten Stelle.
    Dieser Schwanz scheint mir am ehesten geeignet, die Nachfolge Willy Brandts anzutreten und die Führungsprobleme der
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