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Möwennest-Reihe Gesamtband (German Edition)

Möwennest-Reihe Gesamtband (German Edition)

Titel: Möwennest-Reihe Gesamtband (German Edition)
Autoren: Christian Biesenbach
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mehr.
    Der Orkan hatte seinen Höhepunkt erreicht, peitschte Harry Regen ins Gesicht und ließ ihn annähernd blind zurück. Ein U nheil verkündendes Knacken ließ Harry bloß reagieren.
    Die Falle schnappte zu, das war gewisser, als dass die Nacht vorüberginge und einem neuen Morgen wich. Das tonnenschwere Fundament mitsamt Pfeiler geriet in Bewegung. Harry hörte es über das Brüllen des Sturms hinweg. Es knackte und ächzte.
    Harry packte Monica beim Arm. Die junge Frau hatte die ganze Zeit mit offenem Mund dagestanden, steif wie zur Salzsäule erstarrt, und weder etwas sagen noch tun können. Ari war nirgends zu sehen. Harry hoffte, dass er bereits in die Nacht geflüchtet war, so wie es Margareta van Buurens übrige Gefangene getan hatten.
    Gerade so gelang es Harry gemeinsam mit seiner Tochter den Rand der Senke zu erreichen. Er schob sie hinaus, brüllte, sie solle rennen, und wollte gerade selbst aus der Gefahrenzone klettern, als sich jemand von hinten auf ihn warf.
    Es war Sem.
    „Die Hand ist das Pfand. Hab keine Hände mehr. Jetzt sind’s deine!“, gurgelte er.
    Seine beiden Armstümpfe umklammerten Harry an Hals und Brust. Sem zog ihn fort. Harry wehrte sich mit aller Kraft. Es war nicht genug. Er verlor die Balance und kippte nach hinten. Sem und Harry fielen - sich mehrmals überschlagend - zurück in die Kuhle. Harrys Kopf tauchte ins Wasser ein. Er verlor die Orientierung. Im Nachtschwarz der Brühe gab es kein oben und kein unten. Harry strampelte. Seine Finger ruderten durch schlammigen Sand. Er stieß mit dem Kopf gegen die Wasserkiste.
    Als er die Orientierung zurückerlangte, aus dem Wasser auftauchte und einer wenig steilen Seitenwand entgegenhastete, war es beinahe zu spät. Sems lebloser Körper trieb mit dem Bauch nach unten in der Senke und versperrte ihm den Weg. Zum zweiten Mal in seinem Leben schob Harry den kräftigen Körper von sich. Es strengte ihn sehr an und er hätte eine Pause gebrauchen können, um Luft zu schnappen. Allein die Umstände gaben ihm diese Zeit nicht. Über Harrys Kopf seufzte das fallende Betonfundament. Er warf einen Blick nach oben, sah, wie es unaufhaltsam näherkam und immer schneller zu fallen begann. In heilloser Panik wirbelte er herum, hastete weiter (an der Kiste vorbei) die Senke hinauf.
    E r wusste, dass er es nicht mehr hinausschaffen würde, als er die ersten Schritte getan hatte. Er war zu langsam, zu behäbig. Das Fundament zu schnell.
    Er sah das Ende nicht kommen. Vermutlich war das die einzige Gnade, die ihm zuteilwurde. Der letzte Blick galt seiner Tochter, die oben am Rand der Senke zu Boden gefallen war und so ungläubig wie hilflos mit ansehen musste, was mit ihrem Vater geschah.
    Harry geriet ins Stolpern, fiel auf alle viere. Er krabbelte ein Stück, robbte durch den Sand und kam letzten Endes nicht weiter voran. An diesem Punkt gab es nichts mehr, das er tun konnte. Also beließ er es dabei. Die Senke wurde auf dem letzten Meter hinauf steiler. Für Harry unüberwindbar steil. Alle Kraft und aller Kampfgeist waren aus seinem Körper gewichen. Er hatte keine Körner mehr übrig. Sämtliche Patronen waren verschossen.
    So endet es also , dachte er. Und gleichwohl nur wenige Sekunden verblieben, dachte er an so viel mehr. Er dachte daran, dass Inga eine gewitzte alte Frau gewesen war. Sie hatte sie allesamt getäuscht, um am Ende den Möwenfluch selbst übers Ohr zu hauen. Die schlitzohrige, verrückte Inga Heemstedde hatte ihr Ziel erreicht. Sie hatte gewusst, dass Margareta van Buuren sich in ihre Gedanken schleichen würde und sie ein ums andere Mal verwirrt. Sie hatte Van Buuren in Sicherheit gewiegt, sie unvorsichtig werden lassen und im richtigen Moment reagiert. Sie hatte dafür mit dem Leben bezahlt. Genauso würde Harry mit seinem bezahlen. Er würde nicht gerne zahlen, nichtsdestotrotz würde er zahlen. Sein Tod wäre nicht sinnlos gewesen.
    Der Trost, den dieser Gedanke brachte, war überschaubar. Von der Erkenntnis, dass er einmal im Leben kein Feigling und Versager gewesen war, konnte er sich nichts kaufen. Und dem Glauben, dass sie den Fluch der Sandbank tatsächlich für immer verbannt hatten, hing die bittere Tatsache an, dass er niemandem mehr davon würde erzählen können.
    Herrje!
    …
    Mit voller Wucht krachte das Fundament zurück an seinen vorbestimmten Platz und begrub erbarmungslos alles unter sich …
     

Kapitel 17
     
     
    … Alles , abgesehen von Harry Romdahl.
    Woher Ari Sklaaten kam und woher er die
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