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Möwennest-Reihe Gesamtband (German Edition)

Möwennest-Reihe Gesamtband (German Edition)

Titel: Möwennest-Reihe Gesamtband (German Edition)
Autoren: Christian Biesenbach
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in die Spitze des zerbrochenen Pfeilers einschlug, sah Harry dampf aus der Kiste aufsteigen. Ein Kreischen und Brüllen brach um die Senke herum aus. Die Möwen flatterten zu Hunderten empor und stürzten in die Senke, genau auf Inga zu. Einige trafen sie am Kopf. Es vermochte nichts zu ändern.
    Ohrenbetäubend tosend brach ein überw ältigender Sturm los. Ein Sturm, wie Harry ihn nie zuvor erlebt hatte und in seinem Leben nie mehr erleben sollte. Die angreifenden Vögel wurden von einem heftigen Luftwirbel erfasst und in die Dunkelheit davongeschleudert. Weniger als einen Atemzug später schoss eine schwarze Fontäne aus der Wasserkiste hervor. Harry hätte schwören können, die Umrisse einer riesenhaften schwarzen Möwe erkannt zu haben. Allein, es blieb nicht die Zeit, zu überdenken, was er gesehen hatte und was nicht.
    Die Fontäne fiel zurück, einem Adler im Sturzflug ähnlich. Das Wasser spritzte und brodelte. Ein a us dem inneren der Truhe entstehender Sog zog es an den Platz seiner Bestimmung zurück und mit ihm Margareta van Buuren.
    Der Möwenfluch verschwand mit einem schlürfenden, gurgelnden Geräusch in der Kiste. Mit ihr verschwand Inga, die sich nicht länger zu halten wusste. Mit einer Hand klammerte sich die alte Frau an den Kistenrand. Es blieb vergebens.
    „Schließ die Truhe. Schließt sie zu!“, schrillte ihre Stimme durch den Orkan, dann rutschten ihre Finger ab und weg war sie. Der Deckel knallte zu, der Sturm brüllte. Regen peitschte, Blitze zuckten, Donner krachten. Die Welt schien in jenem Moment auseinanderzubrechen.
    Schließt die Truhe! hallten Ingas Worte in Harrys Kopf nach. Es tut mir leid, dass ich dir das alles angetan habe, Harry Romdahl, dir und Monica, aber jetzt musst du es beenden. Verschließe die Truhe. Zieh einen Schlussstrich unter diese Geschichte. Befreie Zeeland von diesem Unheil.
    Bevor Harry reagieren konnte, sprang Ari schon auf. Er hastete hinter die Truhe und fand das Schloss. Hektisch hantierte er daran herum. Die Truhe wackelte und vibrierte. Mit einer Hand hielt er den Decke l verschlossen mit dem anderen versuchte er, das Schloss anzubringen. Aus dem Pulk an willenlos herumstehenden Sklaven Van Buurens sprang plötzlich ein Mann in die Kuhle. Er schrie, schwang etwas durch die Luft und traf Ari damit am Arm. Ari brüllte auf, sprang zur Seite und wirbelte herum.
    „Na, hast du mich schon vergessen“, zischte die Gestalt. Es war Sem. Das verdanke ich dir. Er hob den Armstumpf. In der gesunden Hand trug er ein langes Messer.
    „Jetzt wirst du bezahlen!“
    Wuchtig stürzte er auf Ari z u, der nach der Schnittwunde tastete. Im letzten Moment duckte er sich unter dem Angreifer hindurch. Er fiel in das knietief in der Senke stehende Salzwasser, tauchte unter und kam prustend zurück an die Oberfläche. Sem lief an ihm vorbei, stolperte und knallte mit dem lose am Hals baumelnden Kopf gegen das Betonfundament. Obwohl das Lärmen des Orkans alles übertönte, knirschte das Brechen maroder Schädelknochen wie ein Schuss in der Senke. Ein Geräusch, das Übelkeit heraufbeschwor und einem in jeder Hinsicht die Gänsehaut auf die Arme trieb.
    Harry stand da wie angewurzelt, beobachtete, wie Sem mit grotesk zur Seite hängendem, halb eingedrücktem Kopf zu Boden ging und (wie Ari zuvor) unter Wasser verschwand. Im Gegensatz zu Sklaaten tauchte Sem nicht mehr auf.
    „Nun mach schon, Harry!“, brüllte Ari und zog seinerseits aus den Tiefen seiner Tasche ein fahl glänzendes Fleischerbeil.
    „Hilf mir! Schließ das verdammte Ding zu!“ brüllte er, mehr nicht. Stattdessen stürzte er seinerseits auf die Stelle zu, an der Sem unter der Wasseroberfläche verschwunden war.
    Harry stand noch den Bruchteil einer Sekunde wie erstarrt dort, dann tat er endlich wie ihm geheißen. Mit wenigen Schritten war er bei der Truhe, griff nach dem schwarzen Metall, brachte es an der richtigen Stelle an. Mit einem lauten Klicken rastete das Schloss ein. Harry zog den Schlüssel. Das Poltern und Wackeln hörte augenblicklich auf. Hinter Harrys Rücken flüchtete ein markerschütternder Schrei in die Nacht. Harry wirbelte um die eigene Achse. Sem war doch wieder aufgetaucht und gegen die Steilwand unterhalb des Betonfundaments gesunken. Das Messer lag neben ihm in einer kleinen Einbuchtung in der Wand. Im Halbdunkeln meinte Harry zu erkennen, dass es dort nicht alleine lag. Die Zeit, um herauszufinden, ob Ari ihm wirklich die andere Hand auch noch abgeschlagen hatte, fand er nicht
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