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Möwennest-Reihe Gesamtband (German Edition)

Möwennest-Reihe Gesamtband (German Edition)

Titel: Möwennest-Reihe Gesamtband (German Edition)
Autoren: Christian Biesenbach
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kein Platz für Andersartigkeit, das habe ich selbst feststellen müssen“, gurgelte Margareta in einer Tonlage, die kein Mensch je imstande gewesen wäre zu erreichen. Weil ihr keiner der vier Eindringlinge darauf etwas entgegnete, näherte sie sich ihnen, bis kaum zwei Handbreit Platz zwischen Inga und Margareta blieb.
    „Hast du wirklich geglaubt, ich lasse das zu? Hast du geglaubt, ich könnte in Aris Gedanken nicht genau sehen, was dein Plan war? Glaubst du, du hättest je eine Chance gehabt? Glaubst du, ich wusste nicht, dass du mein kleines Andenken in der Küche überleben würdest? Hast du das alles wirklich geglaubt? Hast du geglaubt, du könntest mich mit deinen kleinen Psychotricks wirklich reinlegen. Hast du geglaubt, wenn du die anderen so weit verwirrst, dass sie kaum mehr wissen, wer sie sind und was sie tun, du könntest mich täuschen?“
    „Mit Glauben hat das wenig zu tun“, behauptete Inga steif und kämpfte gegen Margaretas leeren Blick.
    „So? Hat es das nicht? Warum bist du dann hier, Schwester?“
    „Jemand musste herkommen, um dich aufzuhalten, Margareta. Und nimm endlich zur Kenntnis, dass ich nicht deine Schwester bin. Ich war es nie.“
    Van Buuren stieß ein weiteres unabkömmliches Lachen aus.
    „Oh, du irrst. Ich habe lange gegrübelt, was damals schiefgelaufen ist. Und es gibt nur diese eine Erklärung. Durch deine Adern fließt das Blut, das einmal durch meine Adern floss. Deshalb hast du überlebt. Deshalb hast du mir damals meine Kraft geraubt. Es liegen Jahrhunderte zwischen uns nichtsdestoweniger gehören wir zusammen.“
    „Das ist nicht möglich“, widersprach Inga. „Du hattest keine Nachfahren. Du bist als junge Frau in dieser Kiste verendet.“
    „Mag sein, aber ich war lange hier. Lange auf dieser vermaledeiten Insel. Zwölf Monate haben sie mich hier festgehalten. Eine lange Zeit. Genug Zeit.“
    Margareta streckte einen Arm aus und fuhr mit dem Stumpf über Ingas faltige Wangen. Ein Blitz machte die Nacht zum Tag und mit dem krachenden Donner kam der Regen. Dicke kalte Tropfen, die ein stürmischer Wind in alle Richtungen peitschte.
    „Du lügst. D u hast immer gelogen. Als ich noch ein Kind war, hast du mich belogen. Genau wie all die anderen, die du hier um dich gescharrt hast“, beharrte Inga. Sie wich nicht zurück vor dem Arm, der mittlerweile an ihrem Hals heruntergefahren war und erst auf ihrer Brust zur Ruhe kam.
    „Im Gegenteil, Schwester, ich habe dir die reine Wahrheit erzählt. Du wolltest sie nur nicht sehen oder hören. Du und ich, wir sind untrennbar miteinander verbunden. Du weißt das. Seit wir uns damals zum ersten Mal begegnet sind.“
    „Ja“, sagte sie mit belegter Stimme, „irgendwann, als ich älter wurde, habe ich es bemerkt. Der Drang, hier hinauszufahren, war stark. Als Teenager bin ich öfter hergekommen, wenngleich ich nie der Versuchung erlegen bin, dich zu befreien. Es zieht mich zu dir, unbestritten. Aber dieses Band ist ein unheiliges, falsches Band.“
    „Sei nicht töricht, Inga Heemstedde. Du weißt, dass es anders ist. Du weißt, dass dies dein Untergang ist, wenn du dich nicht dazu bekennst. Schließe dich mir an, alles andere wird dein Tod. Deine Mitstreiter hast du hergebracht und damit ihr Schicksal besiegelt. Sie werden sterben.“
    Die halb verrottete Frau ließ Inga stehen. Sie näherte sich den anderen. Nacheinander musterte sie Ari, der wimmernd im Sand hockte, Monica, die kalt wie eine Statue dastand, und zuletzt Harry, der das Zittern des eigenen Körpers und das Klappern seiner Zähne weiter nicht gezähmt bekam.
    „Ein paar ehrenwerte Mitstreiter hast du dir ausgesucht“, spottete Margareta. „Ein Mann, dessen Verstand ich über die Jahre derart weichgeklopft habe, dass davon nichts als Wahnsinn und unkontrolliert ausbrechende Panik übrig ist. Ein Mädchen, das kaum erwachsener ist, als ein nervöser junger Hund, dem man gerade stubenrein bekommen hat. Ihr Geist ist schwach. Ihre Gedanken einfältig und sprunghaft. Ihre Emotionen leichter zu kontrollieren als die mancher Tiere. Und schließlich …“, damit wandte sie sich Harry zu. Ihre toten Augen trafen seine und der Blick brannte wie kaltes Feuer in Harrys Augenhöhlen. „ … ein hoffnungsloser Fall. Ein Mann, ohne Ehre, ohne einen Funken Selbstvertrauen. Ein Versager und naiver Dummkopf. Einer, der die wenigen Möglichkeiten seines Lebens nie zu nutzen wusste. Ein Mann mit einem großen, guten Herz, das ungenutzt in seiner Brust verkümmert.
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