Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mörderisches Musical

Mörderisches Musical

Titel: Mörderisches Musical
Autoren: Annette Meyers
Vom Netzwerk:
da draußen
los?«
    »Es ist wie ein Hurrikan. Möchtest du hier
warten?«
    »Um alles in der Welt nicht.« Sie schleppten
sich durch den Bühneneingang und auf die Gasse hinaus, wo der Wind sie
schüttelte und an ihrer Kleidung riß. »Wenn wir zur Shubert Alley kommen, kann
ich dich in der Nähe des Booth lassen und Hilfe holen.«
    Sie torkelten wie zwei Betrunkene,
durchgerüttelt von rauhen Windstößen, aneinandergeklammert. Seltsamerweise
waren die Menschenmengen um das Theater herum verschwunden, und es herrschte
praktisch kein Verkehr. Eine hochgewachsene schwarze Gestalt am Eingang der
Shubert Alley schien ihnen zu winken und zu schreien, doch sie konnten nichts
hören. Wegen des ganzen Unrats, der um sie herumwirbelte, konnten sie kaum
etwas sehen.
    Als sie näher kamen, schrie Wetzon: »Es ist
Smith«, aber der Wind verschluckte ihre Worte. Was machte Smith dort,
herumhopsend wie eine Verrückte? Sie rannte auf sie zu. Als sie die Shubert
Alley erreichten, stürzte sie sich auf die zwei und warf sie zu Boden. Im
Fallen sah Wetzon etwas haarscharf über ihren Kopf sausen. »Was zum — Smith,
bist du verrückt?«
    Carlos schrie. Wetzon drehte sich um und sah
Phil, den Schläger über den Kopf erhoben. Über ihnen schienen sich die Fenster
des Gebäudes zu wellen. Das Gerüst war fort. Mit einem gewaltigen Dröhnen
zersprangen die Fenster. Glasscherben regneten auf die Leute herunter. Wetzon
schützte ihren Kopf mit den Händen, als große Glasscheiben sich von dem Gebäude
lösten.
    Edna kam von der 45. Street hergelaufen. Wetzon
sah Phil, den Schläger wieder erhoben, sah den erstaunten Ausdruck seines
Gesichts, als ein Säbel aus Glas seinen Hals berührte und säuberlich wie eine
Guillotine den Kopf vom Rumpf trennte.
    Phils Körper, mit dem Schläger in der Hand, verweilte
einen Augenblick in der Schwebe, dann stürzte er.
    »Lieber Gott«, schrie Wetzon. »Lieber Gott.«
    Der Wind schleuderte und warf Phils Kopf wie
einen Fußball und ließ ihn vor einem Souvenirgeschäft auf die Straße fallen.
Ednas Schreie mischten sich mit dem Jammern des Windes und dem Klang von
Sirenen. Sie beugte sich über den Kopf ihres Sohnes, als wollte sie ihn
aufheben. Wetzon sprang auf, ohne auf das Glas zu achten, das ihre Fußsohlen
zerschnitt. »Edna, nein, das dürfen Sie nicht. Kommen Sie mit.« Ednas Mund war
in einem Schrei erstarrt.
    Ein Krankenwagen fuhr in die Shubert Alley,
gefolgt von zwei Streifenwagen. Bernstein mit seinem schäbigen Smoking und der
Jarmulke. Langsam und methodisch wurden Absperrgitter aufgestellt, um die 44.
und 45. Street zu sperren. Der Wind legte sich, als wüßte er Bescheid.
     
     
    Bei Morgendämmerung waren Wetzon, Carlos und
Smith in der Ambulanz des Roosevelt-Hospital, wo sie mit einem nervösen
Bernstein Kaffee tranken. Carlos’ Kopf war bandagiert, das eine Auge zum Teil
bedeckt. Wetzons Füße waren bandagiert und steckten in blauen
Krankenhausüberschuhen. Ein fingerlanger Schnitt an Smith’ Schulter war genäht
und verbunden worden. Sie standen alle unter Schock.
    »Wir haben von Edna Terrace die ganze Geschichte
erfahren«, berichtete Bernstein, der das Zimmer abschritt. »Wie ihre Mutter
bald nach ihrem Vater starb. Phil hörte sein Leben lang Geschichten über Dilla
Crosby. Als Edna den Ring, den Dilla trug, als den ihrer Mutter erkannte,
beschloß Phil, das Unrecht wiedergutzumachen und ihn zurückzuholen.«
    »Aber warum mußte er Sam töten?« fragte Wetzon,
obwohl sie es zu wissen glaubte. Sie stellte den Kaffeebecher auf den Boden.
Ihr ganzer Körper schmerzte.
    »Er hat ihn mit Mort Hornberg verwechselt.«
    Wetzon nickte.
    »Allmächtiger«, sagte Carlos. »Das arme Schwein.
Was für eine Art zu enden, mit Mort verwechselt.«
    »Und ich vermute, Phil tötete Susan, weil er den
Schmuck und das Geld wollte.«
    »Ja. Edna hatte Susan Orkin besucht und darum
gebeten — aus Angst, ihr Junge würde noch einmal morden. Und Orkin rief die
Polizei, um Edna herauswerfen zu lassen. Das war genug.«
    »Aber warum hat Edna Phil nicht angezeigt?«
fragte Wetzon. »Sie hätte zwei Menschenleben retten können.«
    »Sie ist Mutter«, sagte Smith leise.
    »Ich schicke Sie alle jetzt in einem meiner
Wagen nach Hause«, sagte Bernstein. Er hob Wetzons nicht angerührten Kaffee auf
und trank ihn aus. »Wir bringen Sie heimlich durch den Seiteneingang weg; vorn
wimmelt es vor Reportern.«
    »Hat jemand die Times gesehen?« fragte
Carlos wehleidig.
    »Ach, das habe ich vergessen. Es
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher