Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Moerderische Dividende

Titel: Moerderische Dividende
Autoren: Anne George
Vom Netzwerk:
einfach aus meinem Bewußtsein.
     
    Das Viertel, in dem Fred und ich wohnen, war Birminghams erste Siedlung »über dem Berg«. Mary Alice und ich waren dort auch zur Welt gekommen und groß geworden.
    Es ist erstaunlich, wie viele von uns ihr ganzes Leben in diesem Viertel geblieben sind. Wenn ich mit Woofer spazierengehe, treffe ich alte Freunde aus Kindertagen, die ihre Hunde ausführen oder ihre Enkelkinder im Kinderwagen schieben. Es gibt Bridgeclubs und Literaturzirkel hier, die unsere Mütter vor Jahrzehnten ins Leben gerufen haben und die nach wie vor schwungvoll laufen. Aber es ziehen auch junge Leute hierher, begeistert von den breiten Gehwegen und den alten Bäumen. Und von der stabilen Struktur und der Nähe zur Innenstadt.
    Wir fuhren in der zunehmenden Dämmerung über den Red Mountain hinunter ins Jones Valley. Die Sonnenstrahlen ließen Vulcanus’ Hinterteil nicht länger funkeln, aber wir müssen zu keiner Tageszeit den majestätischen Anblick entbehren. Nachts erleuchten strategisch aufgestellte Strahler den eisernen Hintern. Zu Füßen der Statue funkelte hell und wunderschön die Stadt. Die Hüttenwerke haben ihre Tätigkeit eingestellt. Man fährt jetzt nicht mehr in eine dunkle Wolke hinein, wenn man den Berg herunterkommt.
    Wir hielten an einer roten Ampel am Five Points, dem Zentrum von Birminghams Nachtleben. Es war ein warmer Abend, und die Straßen waren bereits mit umherschlendernden Teenagern bevölkert, Geschäftsleuten, dieauf dem Heimweg in einer Bar haltgemacht hatten, sowie frühen Gästen der zahlreichen guten Restaurants in dieser Gegend.
    »Mary Alice hat heute abend ein Blind Date«, sagte ich, während ich ein Paar beobachtete, das eines der Restaurants betrat. Die Frau war viel älter als der Mann, vielleicht seine Mutter. »Der Mann ist wirklich blind, im Sinne von er kann nicht sehen. Sie hat ihm erzählt, sie sei fünfundvierzig.«
    »Dürfte ein interessanter Abend werden. Hat sie ihm auch erzählt, sie sei dünn?«
    »Schlank, glaube ich.«
    Wir grinsten einander an. Fred hat schon immer gesagt, daß Mary Alice unverfroren wie ein Kanonenofen sei.
    »Sie hoffte, ihr würde nicht irgendwas über den Zweiten Weltkrieg herausrutschen.«
    Fred lachte. »Das ist sicher nicht ihr größtes Problem.«
    »Stimmt.«
    Wir fuhren weiter am Universitätskrankenhaus vorbei und kamen in das Viertel, das ich die »alte« Innenstadt nenne. Einkaufscenter und Vorstädte hatten durchaus Auswirkungen auf diese Gegend gehabt, aber in jüngerer Zeit wurden ein paar der Gebäude in Lofts und Eigentumswohnungen umgewandelt, und die Geschäfte kehren zurück, angezogen von der Kaufkraft der neuen Bewohner.
    John’s Restaurant ist seit fünfzig Jahren eine zentrale Stütze des Stadtzentrums, und es herrscht dort stets reger Betrieb. Die Leute kommen aus dem Umland wegen der köstlichen Fische und Meeresfrüchte und der vernünftigen Preise. Der jetzige Abend war keine Ausnahme, und wir mußten ein paar Minuten auf einen Tisch warten. Kaum daß man uns einen Tisch zugewiesen hatte, stellte man auch bereits Krautsalat und Maisstangen vor uns hin.
    Fred bestrich eine Maisstange mit Butter und atmete sie mehr oder weniger ein.
    »Kauen«, ermahnte ich ihn.
    Er kaute folgsam und bewerkstelligte es gleichzeitig, die Frage zu stellen, ob es heute irgendwelche Nachrichten von Haley gegeben habe.
    »Debbie hat eine E-Mail bekommen. Sie hat sie ausgedruckt und will sie morgen vorbeibringen.«
    »Irgendwas Besonderes?«
    »Sie ist glücklich.« Darüber hinaus war sie Tausende von Meilen entfernt, jenseits des Atlantiks in Polen mit ihrem frischangetrauten Ehemann, Dr.   Philip Nachman, der an der Warschauer Universität einen Lehrauftrag hatte. Sie war erst ein paar Wochen weg, aber da war ein riesiges Loch in Birmingham, Alabama.
    Zeit, das Thema zu wechseln. Ich erzählte Fred von dem geplanten Investmentclub.
    »Computer«, sagte er und lehnte sich nach vorn. »Mit Computern kannst du nichts falsch machen. Wir sollten uns selbst einen kaufen.«
    Dem konnte ich nur zustimmen. E-Mail . Ich brauchte dringend meine eigene E-Mail .
    »Wir hätten Intel kaufen sollen, als die auf den Markt kamen«, fuhr er fort. »Ich weiß auch nicht, warum um Himmels willen ich damals dachte, das sei eine kurzlebige Angelegenheit.«
    Glücklicherweise wurden uns in diesem Moment der Snapper und die gebackenen Kartoffeln serviert. Ich hatte das Intel-Lamento schon gehört. Mehrfach. Fred besitzt einen kleinen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher