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Moerderische Dividende

Titel: Moerderische Dividende
Autoren: Anne George
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mich, wie wohl Mary Alices Verabredung lief. Ich dachte daran, wie glücklich Haley ausgesehen hatte, als sie und Philip einander ihr Jawort gaben. Und als wir in unsere Straße einbogen und unsere Scheinwerfer über Mitzi und Arthur hinweghuschten, die ganz offensichtlich einen Abendspaziergangmachten, nahm ich es Fred nicht einmal übel, daß er sagte: »Siehst du. Ich hab’s dir doch gesagt. Alles in Ordnung.«
    Als uns ein paar Nächte später Mitzi laut schreiend und an die Tür hämmernd weckte, erinnerte ich mich daran, wie leicht es gewesen war, Freds Worten zu glauben. Sie hatten dem entsprochen, was ich hören wollte.

4
    »Ich bin’s!« rief Mary Alice am nächsten Morgen und ging gleich in die Küche. Ich war im Schlafzimmer mit dem Wechseln der Bettwäsche beschäftigt, und sie goß sich einen Kaffee ein, bevor sie den Flur herunterkam. »Du brauchst eine Putzhilfe«, sagte sie, als sie im Türrahmen stand. »Und neue Laken auch. Hundert Prozent Baumwolle. Durch die Dinger, die du da auf das Bett legst, kann man glattweg durchsehen.«
    »Kauf mir bloß keine hundert Prozent baumwollenen Laken.« Es mochte undankbar klingen, aber die Tage, in denen ich Wäsche hatte, die man bügeln musste, waren lange vergangen. Mischgewebe tat’s für mich genauso. Ich stopfte die Laken um die Ecken der Matratzen. Nirgends ein Fältchen. »Und ich brauch’ auch keine Putzhilfe. Nicht für Fred und mich allein.«
    »Tiffany ist richtig prima.«
    »Sie ist ein Goldstück. Aber ich brauch’ keine Hilfe.«
    Tiffany war von den Patenten Putzfeen. Zunächst sollte sie eigentlich einmal die Woche kommen, aber mittlerweile übernimmt sie immer mehr Arbeiten in Mary Alices Haus. Sie ist blond, attraktiv und sieht aus, als habe sie noch nie in ihrem Leben einen Scheuerlappen angefaßt. Aber das hat sie sehr wohl. Tiffany ist so arbeitsam wie hübsch. Und laut Schwesterherz ist sie ein Genie, was das Auffinden verschlampter Bibliotheksbücher angeht, ein Talent, das ja immer nützlich ist.
    Ich schüttelte ein Kissen in seinem dünnen Mischfaserüberzug zurecht und fragte, wie das Blind Date am Vorabend verlaufen sei.
    »Ganz gut. Ich habe den Zweiten Weltkrieg nicht erwähnt.«
    »Nur ganz gut?« Ich legte das Kissen aufs Bett und zog die Decke darüber.
    »Ich fühlte mich ein bißchen unwohl, weil ich ihm gegenüber nicht ganz ehrlich gewesen war. Du weißt schon. Das, was ich ihm erzählt habe.«
    Wenn ich in der Lage gewesen wäre, eine Augenbraue hochzuziehen, hätte ich es jetzt getan. »Das überrascht mich. Komm, laß uns ins Wohnzimmer gehen«, schlug ich vor.
    Schwesterherz stellte ihren Kaffee auf den Couchtisch und sank aufs Sofa; die Federn quietschten. »Da stimmt was nicht mit deinem Sofa«, sagte sie.
    »Wird nur allmählich alt«, log ich. »Erzähl mir von deiner Verabredung.«
    »Nun, er hat mich in einem Taxi abgeholt, und dann gingen wir in den ›Club‹ zum Abendessen. War nett dort. Aber, wie ich schon sagte, mein Gewissen drückte mich. Jedenfalls ein bißchen.« Sie hielt inne, um einen Schluck Kaffee zu nehmen, und seufzte. »Ich konnte es gar nicht glauben. Mein Gewissen drückt mich selten.«
    »Und?«
    »Wir aßen unseren Salat, und ich war nahe dran, ihm zu sagen, daß ich dreiundfünfzig sei und ein paar Rundungen hätte, als seine Freundin auftauchte und wissen wollte, was er da verdammt noch mal tue.« Sie zögerte. »Ich nehme an, es war seine Freundin, es sei denn, sie war seine Frau.«
    »Wirklich? Was hast du gemacht?«
    »Meinen Salat aufgegessen. Danach gab es Lammkeule.«
    Die Antworten meiner Schwester gehen häufig ein wenig am Ziel vorbei, dann muß man ihr dabei behilflich sein, es noch einmal in Ruhe anzuvisieren.
    »Ich meine wegen der Freundin.«
    Schwesterherz blickte mich an, als sei ich es, die danebenzielte. »Ich habe gar nichts gemacht wegen der Freundin. Aber Judson rannte hinter ihr her.« Sie trank ihren Kaffee aus. »Ich schwör’s dir, Maus, du hättest nie gedacht, daß er nicht sehen kann. Er ist nirgendwo angestoßen.«
    »Und er ist nicht wieder aufgetaucht?«
    »Nein. Hat einen Kellner mit einer Entschuldigung geschickt.«
    »Hör mal, das ist ja furchtbar.«
    »Nein. Die Sache ging gut aus. Ein wirklich netter Mann vom Nebentisch fragte mich, ob er sich zu mir setzen dürfe. Er ist Engländer. Zu Besuch bei seiner Tochter. Und weißt du was, Maus? Er war im Krieg in Dünkirchen.« Schwesterherz lehnte sich zurück und lächelte. »Wir hatten einen wundervollen
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