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Moerderische Dividende

Titel: Moerderische Dividende
Autoren: Anne George
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metallverarbeitenden Betrieb, und einer seiner Kunden in Atlanta hatte ihm Intel-Aktien empfohlen. Fred hatte sie als zu risikoreich angesehen.
    Das Essen war köstlich. Die Konversation kam abrupt zum Stillstand. Schließlich seufzte ich zufrieden und schob meinen Teller beiseite.
    »Offenbar bist du doch magersüchtig«, sagte Fred. »Du hast die Gräten übriggelassen.«
    Er spielte auf die Tatsache an, daß Mary Alice ständig behauptet, ich hätte eine Eßstörung. Ich esse ein Sandwich, und sie ißt drei und schwört dann, ich sei magersüchtig.
    Ich lächelte ihn an. »Das war köstlich. Vielen Dank, der Herr.«
    »Gern geschehen.«
    »Weißt du was? Mitzi hat mir heute erzählt, Arthur sei Vegetarier geworden. Ich liebe Gemüse, aber ich würde höchst ungern auf Mahlzeiten wie diese verzichten.«
    »Arthur ein Vegetarier?« Freds linke Augenbraue schoß nach oben, ein Talent, um das ich ihn immer beneidet habe. Ich kann mit den Ohren wackeln, aber irgendwie verleiht einem das nicht denselben intellektuellen Touch wie eine hochgezogene Augenbraue. Nur Enkel haben etwas dafür übrig.
    »Ja, warum?« fragte ich.
    »Er saß heute zum Mittagessen im Shakey’s und hat dort einen Grillteller verschlungen, von dem fünf Leute hätten satt werden können.«
    »Arthur?«
    »Allerdings. Arthur Phizer und eine ausgesprochen attraktive junge Frau. Sie hat ihm, falls ich nicht kurzzeitig Halluzinationen hatte, ein Stück Dillgurke in den Mund geschoben.«
    »Ein Stück Dillgurke in den Mund geschoben?«
    »Ganz langsam. Definitiv unter Mitwirkung der Finger.« Fred winkte der Kellnerin, bestellte zwei Stück Limonenkuchenund wandte sich dann wieder mir zu. »Wenn ich nicht kurzzeitig Halluzinationen hatte.«
    »Halt den Mund«, mahnte ich ihn. Ich dachte einen Moment nach. »Vielleicht war es Barbara oder Bridget. Bridget ist jetzt blond.«
    »Nein. Diese Frau war rothaarig. Sehr attraktiv.«
    »Das hast du bereits gesagt.«
    »Es ist wiederholenswert.«
    »Bist du sicher, daß es Arthur war?«
    »Mit einem dümmlichen Lächeln im Gesicht. Aber vielleicht war es ja auch nur eine Grimasse wegen der Dillgurke.«
    Ich sah ihn stirnrunzelnd an. »Das ist nicht lustig. Mitzi hat sich heute etwas merkwürdig verhalten, als sie zu uns rüberkam. Aber Arthur hat doch sicher nichts mit einer anderen Frau.«
    Fred zuckte die Achseln.
    Die Kellnerin stellte uns den Kuchen hin. Als Fred nach seiner Gabel griff, packte ich seine Hand.
    »Du weißt – falls es jemals ein Anzeichen dafür gibt, daß du nach anderen Frauen schielst, wird deine Stimme so hoch sein, daß du bei den Wiener Sängerknaben Aufnahme finden könntest.«
    »Mein Gott! Da schneidest du dich doch nur ins eigene Fleisch.«
    »Ich finde schon einen guten Schönheitschirurgen.«
    Fred grinste. »Iß deinen Kuchen. Dein Fleisch ist sicher.« Ich wußte, daß dem so war. Vierzig Jahre waren wir verheiratet, und ich war absolut sicher, daß Fred mir stets treu war. Er mochte in seinem Herzen wie Jimmy Carter Gelüste gehegt haben, aber wie bei Jimmy war es dabei geblieben.
    Ich drückte seine Hand, ließ sie wieder los und aß meinenKuchen. Zum millionsten Mal jedoch dachte ich, wie unterschiedlich doch Frauen und Männer sind. Wenn ich diejenige gewesen wäre, die gesehen hätte, wie Arthur sich mit dümmlichem Lächeln im Gesicht von einer gutaussehenden Rothaarigen ein Stück Dillgurke in den Mund schieben ließ, wäre es das erste gewesen, was ich Fred erzählt hätte, wenn er nach Hause kam. Schließlich sind Mitzi und Arthur enge Freunde von uns. Aber er hatte nicht einmal mehr dran gedacht, bis ich Arthurs Namen erwähnte. Irgendwie – die Logik dieser Schlußfolgerung ist mir aber selbst nicht recht klar – glaube ich, daß es deshalb so wenig Politikerinnen gibt.
    Wir aßen unseren Kuchen auf, tranken eine Tasse koffeinfreien Kaffee und waren bis obenhin vollgestopft.
    »Mach dir keine Gedanken wegen Arthur, Liebling«, sagte Fred, als wir zum Auto gingen. »Zu einem heimlichen Rendezvous würde man die Dame nicht ins Shakey’s führen, wo alle Welt einen sehen kann.«
    Das war nicht von der Hand zu weisen, aber ich wurde das Bild der ins Leere starrenden Mitzi neben ihren Lilien nicht los.
    »Hast du was gegen Sodbrennen dabei?«
    Ich griff in meine Handtasche und reichte ihm zwei Tabletten. Eine war nicht genug, um gegen fünf Maisstangen anzukämpfen.
    Der Septemberabend war noch immer warm, als wir an Vulcanus vorbei über den Berg fuhren. Ich fragte
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