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Mörder im Zug

Mörder im Zug

Titel: Mörder im Zug
Autoren: Frank Goyke
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erleichtert.
    »Ich habe Riccardo in Warnemünde abgeholt. Er kam aus dem Laden seiner Mutter, wo er manchmal Stoff und Kohle gebunkert hat. Dann sind wir nach Parkentin gefahren, um Koks, Marihuana, Haschisch und Amphetamine entgegenzunehmen. Mir war nicht wohl dabei. Ich weiß nicht, aber nach der Sache mit Andriejus … Na, egal, wir sind also hin. Normalerweise lief es so, dass uns die LKW-Fahrer den Stoff übergeben und den Gewinn entgegengenommen haben.«
    »Haben Sie das Geld in einer Laptoptasche transportiert?«
    »Ja.«
    »Wieviel?«
    »Zweihundertzwanzigtausend.«
    »Und Ihr Anteil belief sich auf …?«
    »Je zwanzigtausend.«
    »Das ist ja weiß Gott nicht viel!«
    »Wir haben hier in Meck-Pomm nicht den ganz großen Markt, verstehen Sie? Deshalb wollten wir ja expandieren.«
    »Dann wären Sie aber anderen Bossen ins Gehege gekommen«, sagte Barbara.
    »Was war gestern Abend anders als sonst?«, fragte Uplegger.
    »Es waren nicht nur die Mülllaster da, sondern auch ein Mercedes SL mit einem weißen LV auf blauem Grund unter den EU-Sternen. Normalerweise haben die Letten zwei Buchstaben, dann einen Bindestrich und eine Ziffernfolge. Aber auf diesem Kennzeichen stand COWBOY.«
    »Die Angeberkennzeichen eines Angeberautos. Mann, Morten, wären Sie doch gleich zu uns gekommen, dann hätten wir die noch vor der polnischen Grenze festgenommen. Wer war denn in dem Wagen?«
    »Ubaldas und Cezarė.«
    »Riccardos Cousins?«
    »Ja. Und sie kamen gleich zur Sache. Ubaldas sprach gebrochen Deutsch, damit auch ich was davon hatte.« Ein paar Tränen kullerten über sein Gesicht. »Sie haben uns beschimpft, dann haben sie Riccardos Hände mit Kabelbindern gefesselt. Er musste sich auf den Boden legen, Ubaldas hat ihm Wasser eingeflößt, und dann … dann …« Er gab einen gurgelnden Laut von sich und blickte Uplegger und Barbara mit schreckgeweiteten Augen an.
    »Cezarė hat ihm … er hat seinem Cousin … es war so … ich wäre beinahe ohnmächtig geworden.«
    »Man zwang sie zuzusehen?«
    »Ja«, hauchte Morten. »Um mich einzuschüchtern. Denn das Geschäft soll ja weitergehen.«
    »Warum hat man die Leiche einfach liegengelassen? Das war doch dumm.«
    »Ich sollte mich um sie kümmern. Sie in meinen Pajero laden und irgendwo … Aber das konnte ich nicht.«
    »Haben Sie Drogen in Empfang genommen?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Herr Kröner, wenn das Geschäft weitergehen soll, müssen Sie es getan haben. Alles andere wäre absurd.«
    »Ich bin mit meinem Wagen zu … zur … Also ich hab so getan, als würde ich rückwärts in diesen Feldweg stoßen … Aber ich bin abgehauen. Wie ein Irrer abgehauen. Gerast, gerast, gerast. Erst auf der A 20 bin ich wieder zu mir gekommen, weil ich gegen die Leitplanke geschrammt bin.«
    »Ohne den Stoff?«
    »Ich schwöre es Ihnen.«
    »Sind die Ihnen nicht gefolgt?«
    »Das weiß ich nicht. Aber wenn, dann haben sie mich bald verloren. Sie kennen sich in der Gegend doch gar nicht aus.«
    »Gut.« Barbara verschränkte die Finger und ließ sie knacken. »Und das haben Sie alles für Geld getan, Herr Kröner? Für Ihren Traum von einem Polohof? Zwanzigtausend Piepen …«
    »Rostock ist keine Drogenhochburg. Noch nicht.«
    »Das klingt ja wie eine Drohung.«
    »Ist aber eher Prophetie.«
    »Na, wir sind ja auch noch da.« Uplegger streckte die linke Hand nach dem Tonbandgerät aus. »Riccardo war es natürlich auch ums Geld zu tun?«
    »Sie werden bestimmt lachen, aber ihm ging es eigentlich um was anderes.«
    »Wollte er ab und zu seine Cousins sehen, oder was?«
    »Es ging um den Vater. Riccardo wollte, dass der nach dem Fiasko in Neapel seine Träume und Illusionen nicht noch einmal aufgeben muss.«
    »Mein Gott, wie sentimental!«, rief Barbara.
    »Aber es ist wahr. Ich kenne keinen Menschen, der seinen Vater so liebte wie er.«
     
    Hoffnung war sinnlos. Nur wer hoffte, konnte enttäuscht werden. Ein Pessimist sah vielleicht alles in dunklen Farben, aber enttäuscht werden konnte er nicht.
    Thomas Camps hatte gehofft, bei einem seiner neuen Gefährten die Nacht verbringen zu können, aber niemand hatte ihn eingeladen. Von den Obdachlosen hatte er es natürlich nicht erwartet, aber wenigstens von diesem Junkie, der noch eine Wohnung hatte. René, so hieß er, war gerade einmal Mitte zwanzig, aber schon ziemlich kaputt.
    Und so saßen sie noch immer am Bus-Port, die Zeiger der Uhr krochen auf zehn, und schon vor geraumer Zeit hatte ein gnadenloses Schneetreiben
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