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Modesty Blaise 08: Heiße Nächte für die Lady

Modesty Blaise 08: Heiße Nächte für die Lady

Titel: Modesty Blaise 08: Heiße Nächte für die Lady
Autoren: Peter O'Donnell
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blondem Haar, neuen Jeans und Karohemd stand vor Dall und sah ihn an. In den Händen hielt er eine doppelläufige Schrotflinte, die wie zufällig auf Dalls Magen gerichtet war. Das lange Kinn bewegte sich, Kaugummi kauend, auf und ab.
    Langsam führte Dall seinen Schritt zu Ende und ebenso langsam hob er die Hände. Er holte Luft zum Sprechen, laut genug, um Modesty zu warnen, aber der große Lässige schüttelte den Kopf, blickte kurz auf Dalls rechte Seite und sagte leise: «Besser, du behältst es bei dir, Freund.» Die ungeheure innere Anstrengung, die Schrecklähmung abzuschütteln, trieb Dall den Schweiß auf die Stirn. Er wandte den Kopf und sah einen zweiten Mann dicht neben den Büschen, untersetzt und stämmig, dunkel, auf dem Kopf einen breitkrempigen Hut. Er blickte durch das Gesträuch zum Wasser hin, an seiner Schulter hing locker ein Gewehr.
    Am Gürtel trug er einen Revolver im offenen Halfter, dessen unterer Teil mit einem Lederriemen an seinem Schenkel befestigt war.
    Zorn, Niedergeschlagenheit und Furcht überdeckten nun den Schock. Hinter Dalls ausdruckslosem Gesicht jagten einander die Gedanken. Charlie Langer Pfeil war sicher tot, oder so gut wie tot. Wenn die zwei Männer sie alle umbringen wollten, konnte ein Warnruf Modesty vielleicht noch die Spur einer Chance geben. Falls sie seine Stimme hörte, und wenn der kleine Stämmige sie nicht schon gestellt hatte.
    Wenn es aber kein sinnloses Töten war, was war es dann? Wollten sie Modesty haben, weil sie eine Frau war, oder ihn, weil er John Dall war? Langsam verstrichen die Sekunden. Niemand regte sich oder sprach.
    Dall kam zu dem Schluß, daß es kein Abschlachten war. Dazu waren die Männer zu ruhig und zu zielstrebig. Mit dieser Erkenntnis schwand seine Anspannung ein wenig, und ganz langsam ließ er die Hände sinken, bis sie deutlich sichtbar herunterhingen. Nichts geschah.
    Dall hatte sein Imperium durch gesundes Urteilsvermögen aufgebaut, vor allem dadurch, daß er fähige Mitarbeiter aussuchte. Für jede Aufgabe das richtige Talent. Mit der Situation, in der er sich jetzt befand, wußte er nichts anzufangen. Ihm fehlte das Wissen, damit fertig zu werden. Was er auch unternahm, es würde immer das Falsche sein. Bei Modesty war das anders. Er hatte sie nie in Aktion gesehen, und sie sprach kaum über ihre Erlebnisse oder Unternehmungen. Aber Dall hatte einige Male Gelegenheit gehabt, noch spät abends mit Willie Garvin zusammenzusitzen, dem bemerkenswerten Cockney, der viele Jahre sein Leben mit ihr geteilt hatte und sie besser als jeder andere kannte. Wenn man ihn nicht drängte, sondern nur ein wenig ermunterte, sich an das zu erinnern, was er rückblickend als amüsant ansah, konnte man ihn dazu bringen, daß er etwas erzählte.
    Ja … das hier war genau das, was Modesty lag. Dall blickte von dem großen Schlaksigen zu dem anderen, und sein Mut sank wieder. Zwei Profis, zwei Schrotflinten, ein Revolver. Unvorstellbar, wie Modesty damit fertig werden sollte. Er starrte mit leeren Augen zwischen den beiden Männern hindurch, besann sich der stoischen Geduld, die in seinem indianischen Blut lag, und wartete.
    Drüben bei den Kanus zog Modesty den Reißverschluß ihrer Jeans zu, schlüpfte in das weite Leinenhemd, stieg in die Mokassins und kämmte das verworrene Haar, den Blick flußabwärts gerichtet. Zwischen den steilen Canyonwänden machte der Wasserlauf eine scharfe Biegung; Modesty vernahm das drohende Rauschen der Stromschnellen. Charlie zufolge waren dies die letzten, und der Rest des Weges bis zu dem kleinen, nur aus einer Straße bestehenden Städtchen Harmony Falls war verhältnismäßig leicht.
    Es war ein Nebenfluß des Salmon River, den sie bereisten. Zwei Wochen schon waren sie in ihren Kanadiern durch die unwegsame Urlandschaft Idahos unterwegs. Modesty und Dall in dem Fünfeinhalb-Meter-Einsitzer, Charlie Langer Pfeil in einem Viereinhalb-Meter-Einsitzer. Es war eine herrliche Fahrt, dachte Modesty und untersuchte einen abgebrochenen Fingernagel. Willie Garvin wäre sicher gern dabei gewesen, er und John kamen gut miteinander aus. Schade, daß er bereits zugesagt hatte, diesen Monat als Ausbilder in dem großen Haus in Sussex tätig zu sein, das nach außenhin als Nebenstelle des Statistischen Amtes fungierte. Sie raffte das nasse Haar zusammen, band es mit einem verblichenen Stoffstreifen, breitete ihr Handtuch über das Gepäck im Kanu, drehte sich um und machte sich auf den Weg durch das Buschwerk.
    Ihr Blick war zu
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