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Modemädchen Bd. 3 - Wie Sahnewolken mit Blütentaft

Modemädchen Bd. 3 - Wie Sahnewolken mit Blütentaft

Titel: Modemädchen Bd. 3 - Wie Sahnewolken mit Blütentaft
Autoren: Sophia Bennett
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erinnere, den ich eigentlich vor der McQueen-Show vorbereiten wollte, aber nicht geschafft habe.
    »König Lear«, sagt Edie mit einem geduldigen Seufzer. »Und die Canterbury Tales. Aber die sind erst Ende des Halbjahrs fällig.«
    Im Kopf schiebe ich die Canterbury Tales beiseite. Mit allem, was mehr als eine Woche Zeit hat, kann ich mich später auseinandersetzen. Doch der Lear -Aufsatz ist am Freitag fällig. Hoffentlich hat Edie ein paar Tipps für mich, und hoffentlich hat meine Englischlehrerin nichts dagegen, wenn ich den Aufsatz in Stichpunkten abgebe und ihr erkläre, dass ich an der Ausarbeitung noch feile. Letztes Mal hat es funktioniert. Mehr oder weniger. Außerdem habe ich unnormale Freundinnen, um die ich mich kümmern muss. Stichpunkte müssen reichen.

Als ich nach der Schule nach Hause komme, rufe ich Jen auf dem Handy an. Keine Antwort. Also versuche ich es auf dem Festnetz, und da passiert etwas Seltsames. Nach ungefähr acht Mal Klingeln geht jemand ran und ich höre es am anderen Ende atmen. Ein langsames, schweres Keuchen, als hätte die Person am anderen Ende Mühe gehabt, das Telefon zu finden.
    »Jenny?«, frage ich besorgt. Weiteres Keuchen, aber keine Antwort. »Gloria?«
    Gloria ist Jennys Mutter. Jennys Vater kann es nicht sein, der wohnt mit seiner vierten Frau in den Cotswolds.
    »Hier ist Nonie«, sage ich. Schweigen. Langsam wird es echt unheimlich. Ich frage mich, ob ich einen perversen Anrufer am Apparat habe, nur dass eindeutig ich es war, die angerufen hat. Man kann nicht aus Versehen bei einem perversen Anrufer landen, oder? Außerdem habe ich zwei Sekunden der Anrufbeantworteransage gehört, und es war Jennys Stimme. Die Ansage habe ich schon eine Million Mal gehört.
    Ich lege auf und greife nach meiner Tasche und einem warmen Schal. In der Küche unten wird immer noch über Hochzeiten gesprochen.
    »Granny ist unterwegs«, ruft mir Mum hinterher. »Komm bald nach Hause. Hast du den Shakespeare-Aufsatz schon geschrieben?«
    »Ich setze mich mit Jenny dran«, rufe ich vorbildlich zurück. »Bis nachher.«
    Draußen weht mir die kalte Abendluft ins Gesicht, und plötzlich werde ich ein bisschen ruhiger. Der lauernde Paparazzo erkennt schnell, dass ich kein goldgelocktes Supermodel bin, und verkriecht sich wieder in seiner dunklen Ecke. Fünfzehn Minuten später stehe ich in einem großen Wohnblock in der Nähe der Royal Albert Hall vor Jennys Tür und bin fest entschlossen, so lange zu klopfen und zu klingeln, bis mich jemand reinlässt und mir erklärt, was los ist.
    Irgendwann macht Jenny auf und verschanzt sich hinter der Tür. Sie starrt mich an, ohne etwas zu sagen. Mir fällt auf, wie weiß ihr Gesicht unter dem roten Haar ist, und die grauen Schatten unter ihren Augen, die im Flurlicht fast lila wirken.
    »Ach, hallo, Nonie. Du bist wieder da«, sagt sie bedrückt, ohne mir die Tür aufzumachen.
    Edie hat Recht. Irgendwas stimmt hier nicht. Aber ich tue so, als würde ich es nicht bemerken.
    »Wie ist es mit dem Casting-Direktor gelaufen?«, frage ich munter.
    »Gut«, sagt Jenny. Die Tür bewegt sich keinen Millimeter.
    Ich lächele höflich und hoffe, dass meine Sorgenfalten nicht durchschimmern. »Kann ich reinkommen?«
    Sie wirft einen Blick über die Schulter. »Passt grad nicht so gut. Morgen vielleicht?«
    »Sei nicht albern. Ich bin doch schon da. Ich habe lebenswichtige Informationen zu König Lear . Und wir müssen uns unterhalten.«
    Als Jenny sieht, dass ich nicht zum Rückzug bereit bin, tritt sie endlich einen Schritt zurück und lässt mich rein.
    »Tut mir leid wegen der Unordnung«, sagt sie.
    Ich will gerade sagen, ich bin das gewohnt, aber als ich mich umsehe, wird mir klar, dass ich so was doch nicht gewohnt bin. Der enge Flur ist völlig zugemüllt mit Schmutzwäsche, vollen Plastiktüten und Tellerstapeln, die in die Spüle gehören. Selbst an schlimmen Tagen sieht es bei mir nicht annähernd so schlimm aus, und wenn es so wäre, würde meine Mutter Amok laufen und mir mindestens eine Woche Hausarrest aufbrummen.
    »Äh, ist alles in Ordnung?«, frage ich, als wir uns an den Bergen von Zeug vorbeischlängeln, um zu ihrem Zimmer zu kommen.
    »Alles gut«, sagt sie. Doch ihre Worte schaffen es kaum über ihre Lippen. Edie hat Recht. Es geht ihr so was von NICHT gut.
    Als wir bei ihr im Zimmer sind, rollt sie sich auf dem Bett zusammen, wo ihre Katze Stella auf sie wartet, und streichelt ihr zärtlich über das Fell. Ich nehme einen Bücherstapel von
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