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Mittwinternacht

Mittwinternacht

Titel: Mittwinternacht
Autoren: Phil Rickman
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und Hase gute Nacht sagen. Verstecken Sie sich hier?»
    «Was?»
    «Ich kaufe Ihnen diesen ganzen Land-meines-Vaters-Quatsch nicht ab. In Sheffield ist Ihnen irgendetwas passiert, und Sie dachten, Sie würden es nicht   …»
    «Nicht mehr packen?»
    «Tut mir leid. Das geht mich nichts an.»
    Es tat ihr wirklich leid. Merrily wünschte, sie könnte seine Augen sehen, doch sein Gesicht lag im Dunkeln.
    «Tja, es war nicht in Sheffield», sagte Huw.
    «Sie müssen mir nichts   …»
    «Das werde ich auch nicht. Ich sage nur, dass es nicht in Sheffield war. Ich habe einfach   … Hören Sie, versuchen Sie nicht, die Sache umzudrehen, Merrily. Sie sollten Ihre Situation überdenken. Sie sind auf sich selbst gestellt, Ihre Tochter wird vermutlich in absehbarer Zeit ausziehen   …»
    «Und ich komme ohne Mann unmöglich klar.»
    Huw stand auf, der Mond schien auf seiner Schulter zu sitzen. «Mir geht es nicht bloß um ein paar Wichser in den hinteren Bänken.»
    Sie sah ihn an. «Ich bin dem Bösen schon begegnet.»
    «Von Angesicht zu Angesicht? Hat es Sie beim Namen gerufen? Hat es den Namen Ihrer Mutter gerufen und den Ihrer Tochter? Haben Sie es am ganzen Körper gespürt wie ein unheilvolles, stinkendes   …»
    Kopfschüttelnd wandte er sich ab und stapfte zurück Richtung Kapelle.
    «Sehen Sie sich doch mal diese Typen dadrinnen an – zuverlässige,abgeklärte Pfarrer im mittleren Alter. Ich kann Ihnen sagen, dass vier von ihnen nicht durchhalten werden. Und was die übrigen betrifft, wird es eine ruinierte Ehe und einen Nervenzusammenbruch geben. Hören Sie mir zu, Merrily?»
    «Ja!»
    Sie lief hinter ihm her, und er rief über die Schulter zurück: «Weibliche Exorzisten? Weibliche Hüterinnen der Tore? Da könnten Sie sich ebenso gut gleich eine Zielscheibe zwischen die Titten malen.»
     
    Als sie zurückkamen, lag die Kapelle beinahe in völliger Dunkelheit, nur unter der Tür fiel ein dünner Lichtstreifen hindurch.
    Drinnen auf Huws Tisch neben dem Fernseher stand die Petroleumlampe, die normalerweise im Flur hing.
    «Stromausfall», sagte jemand. Sie standen alle um die Lampe herum und sahen aus wie schuldbewusste kleine Jungs. In der Luft lag ein brenzliger Geruch.
    «Also, hm   … Huw   …» Hochwürden Charlie Headland tippte gegen die Klappe des Videorecorders. «Ein paar von uns wollten sich die Dame nochmal ansehen. Kamen zu keinem rechten Schluss. Es gab da ein paar unklare Punkte, was den Poltergeist angeht.»
    «Die habe vor allem ich aufgebracht», sagte Barry Ambrose, der sorgenvolle Vikar aus Wiltshire. «Ich habe ihr halb geglaubt, aber ich denke, ich wäre nochmal für ein weiteres Gespräch zu ihr gegangen.»
    «Ja.» Huw zog die Tür hinter sich zu. «Das haben sie auch gemacht. Es war ein Pfarrer aus Northampton. Er hatte ein schlechtes Gewissen, weil sie das erste Gespräch mit ihr für Leute wie uns aufgezeichnet, die Frau aber mit ein paar symbolischen Gebeten abgespeist haben. Also ist er nochmal hin, um sich in Ruhe mit ihr zu unterhalten.»
    Merrily spürte, wie die Spannung im Raum stieg.
    «Sorry, Huw.» Charlie hob die Hände, in denen ein schmales, raschelndes Band im Licht der Petroleumlampe glänzte. «Ich weiß auch nicht, was hier passiert ist.»
    Nun hielt er die Videokassette hoch. Ungefähr vier Meter des Bandes hatten sich herausgespult.
    «Auf einmal ist der Bildschirm dunkel geworden. Hab das Band rausgeholt, und das verdammte Ding hat gebrannt. Musste es rausreißen und das Feuer austreten. Unglaublich. Das war nicht Ihre einzige Kopie, oder?»
    «Das macht nichts.» Huw nahm die Überreste des Videos entgegen. «War sowieso schon ziemlich abgenudelt, diese Fallgeschichte.»
    «Ich fürchte, ein neuer Videorecorder ist auch fällig.»
    Merrily beugte sich vor und sah, dass die Klappe des Gerätes angekohlt und verzogen war. Sie hatte noch nie gehört, dass so etwas mit einem Videorecorder passieren konnte.
    «Das ist schon der vierte innerhalb von zwei Jahren», sagte Huw. «Scheint hier ein ziemlich problematischer Ort zu sein.»
    «Meine Güte», Merrily wurde etwas schwach. Sie hielt sich an einer Stuhllehne fest. «Sie wollen doch nicht sagen   …»
    «Nein, meine Liebe. Ich sage überhaupt nichts.»
    Wieder breitete sich Schweigen aus. Es war einer dieser Augenblicke, in denen sich in den Wänden der Realität spinnwebartige Ritzen auszubreiten schienen.
Will ich diese Arbeit wirklich machen? Sollte sie überhaupt irgendwer machen?,
dachte
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