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Mitternachtsmorde

Mitternachtsmorde

Titel: Mitternachtsmorde
Autoren: Linda Howard
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sparen. Neue Reifen bekämen Sie für wie viel, sagen wir hundert Dollar?«
    »Ich rufe den Sheriff!«, brüllte Jesse. »Schieben Sie Ihren Arsch von meinem Grund! Ich will jemand anderen, ich …«
    »Sie kriegen mich oder niemanden«, fiel ihm Knox ins Wort. »Und ich kann beim besten Willen nicht sagen, wer Ihre Reifen aufgeschlitzt hat. Es ist mein Job, alle Möglichkeiten in Betracht zu ziehen. Und das ist eine davon.« Er ging weiter hinter die Scheune, wobei er darauf achtete, nicht in den weichen Boden an der Wand zu treten, den Jesse grasfrei hielt. Da. Die Erde war aufgewühlt. Er beugte sich darüber und konnte etwas erkennen, das aussah wie ein doppelter Fußabdruck, so als wäre jemand denselben Weg zurückgegangen, den er gekommen war. Außerdem war der Abdruck eindeutig größer als Jesses Schuh.
    »Und was ist mit meinen Hennen? Glauben Sie, ich hätte meine Hennen auch selbst abgeschlachtet? Schauen Sie sich die Tiere doch an!« Jesse war ihm geifernd gefolgt und hüpfte vor Wut wie ein Rumpelstilzchen auf der Stelle.
    Knox hob die Hand. »Bitte machen Sie diese Fußabdrücke nicht auch noch kaputt. Halten Sie Abstand, okay?«
    »Ach, jetzt haben Sie sich’s anders überlegt, wie? Kommen hier auf meine Farm und beschuldigen mich …«
    »Jesse.« Knox’ Stimme blieb ruhig, aber der Blick, mit dem er Jesse festnagelte, verriet, dass er mit seiner Geduld am Ende war.
    Jesse verstummte mitten in seiner Tirade und begnügte sich damit, mürrisch dreinzublicken.
    »Zeigen Sie mir die Hennen.«
    »Hier lang«, brummte Jesse und führte ihn zurück, am Traktor vorbei zu einem kleinen Hühnerstall, der sich an eine gestutzte Hecke hinter dem Haus schmiegte. »Sehen Sie sich das an«, sagte er und streckte den Finger aus. »Sechs Stück.«
    Sechs Hennen lagen im Gehege verstreut. Weil kein Blut zu sehen war, vermutete Knox, dass man ihnen die Hälse umgedreht hatte. Es überraschte und erschreckte ihn immer wieder, zu welchen Gemeinheiten die Menschen fähig waren.
    »Haben Sie gestern Abend irgendwas gehört?«
    »Nichts, aber ich war müde und hatte Schwierigkeiten mit dem Einschlafen, vielleicht habe ich also zu tief geschlafen. Eine komische Nacht. Dieses Geblitze hat mich wach gehalten, aber gedonnert hat es kein einziges Mal. Um Mitternacht hat das endlich aufgehört, und dann bin ich eingeschlafen. Danach muss es wohl passiert sein.«
    »Blitze?« Knox sah ihn misstrauisch an. Er konnte sich an keine Blitze erinnern, und er war zu der Zeit unterwegs gewesen.
    »Irgendwie viel zu dicht über dem Boden. Wie gesagt: merkwürdig. Nicht wie normale Blitze. Bloß weiße Strahlen, so als würden riesige Blitzlichter losgehen.«
    Weiße Blitze, dachte Knox. Was für ein Zufall. Was, zur Hölle, wurde hier gespielt?

3
    »Die Blitze könnten etwas zu bedeuten haben«, sagte Knox. »Gestern gab es einen weiteren Fall von Sachbeschädigung, bei dem es einen hellen Blitz gab. Aus welcher Richtung kamen die Blitze?«
    »Ich versteh nicht, was ein paar vermaledeite Blitze mit meinen toten Hühnern zu tun haben sollen«, meckerte Jesse, aber er drehte sich um und deutete auf den Wald jenseits der Straße. »Von da drüben. Mein Schlafzimmerfenster zeigt dahin.«
    »Sie sagten, sie seien dicht über dem Boden gewesen.« Knox drehte sich um und ließ den Blick über das Gelände schweifen: hügelig und dicht bewaldet, so wie fast überall im Osten Kentuckys. »Wie niedrig? In Baumhöhe oder höher?«
    »Dicht über den Baumwipfeln, würde ich sagen.«
    »Könnten Sie die Entfernung abschätzen?«
    Jesse war Farmer, und Farmer kannten sich mit Entfernungen aus. Wahrscheinlich konnte er allein durch Abschreiten ziemlich genau einen Hektar abmessen. Da es Nacht gewesen war, würde seine Schätzung zwar gröber ausfallen, aber dafür kannte er jeden Erdhaufen und jede Mulde in der Umgebung. Mit zusammengekniffenen Augen spähte er zum Hügel hinüber, zu neugierig, um noch länger zu meckern. »Ich würde sagen, knapp hundert Meter. Viel weiter können sie nicht weg gewesen sein, weil man sonst über die Hügelkuppe kommt.«
    Das hörte sich vernünftig an, fand Knox. »Ich werde mir das Gelände mal ansehen«, sagte er. »Wollen Sie mitkommen?«
    »Ich ziehe nur noch Stiefel an.«
    Während Jesse seine Stiefel holen ging, öffnete Knox den Kofferraum seines Dienstwagens und holte seine eigenen Stiefel heraus, die ihm fast bis zu den Knien reichten. Das schwere Leder schützte vor Schlangenbissen. Zum Glück war er
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