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Mitternachtsfalken: Roman

Titel: Mitternachtsfalken: Roman
Autoren: Ken Follett
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einfach, denn obwohl sie in der engen Kabine Schulter an Schulter und Schenkel an Schenkel saßen, war es schwierig, sich im Sitz herumzudrehen, vor allem, wenn man obendrein auch noch angeschnallt war. Trotzdem schaffte er es.
    »Das war schön«, sagte Karen.
    »Wenn wir lebendig aus dieser Sache rauskommen, dann küsse ich dich für den Rest meines Lebens jeden Tag«, erwiderte Harald glücklich.
    »Ist das dein Ernst?«, erwiderte sie. »Der Rest deines Lebens kann ganz schön lange dauern.«
    »Na, hoffentlich!«
    Karen wirkte erfreut. Dann sagte sie: »Wir sollten mal nach dem Treibstoff sehen.«
    Harald drehte sich auf seinem Sitz, um einen Blick auf die Benzinuhr zwischen den Lehnen zu werfen. Sie war schwierig abzulesen, da sie zwei Skalen hatte, eine für den Flug und eine für die geneigte Lage am Boden, wenn die Maschine stand.
    Beide Zeiger standen nahezu auf »Leer«.
    »Verdammt, wir haben fast nichts mehr im Tank«, sagte Harald.
    »Und kein Land in Sicht.« Karen sah auf ihre Uhr. »Wir sind seit fünfeinhalb Stunden in der Luft, also wahrscheinlich noch eine halbe Stunde vom Land entfernt.«
    »Na gut, dann muss ich Sprit nachfüllen.« Harald schnallte sich ab und schaffte es mit einigen Verrenkungen, sich hochzuhieven, umzudrehen und auf seinen Sitz zu knien. Der Benzinkanister stand auf der Gepäckablage hinter ihnen. Daneben lagen ein Trichter und ein Stück Gartenschlauch. Harald steckte den Schlauch durch das eigens zu diesem Zweck vor dem Abflug eingedrückte Fenster und wollte ihn mit dem anderen Schlauchteil verbinden, über den das Benzin in den Einfüllstutzen des Tanks fließen sollte.
    Doch jetzt konnte er sehen, dass das äußere Ende des Schlauchs im Luftstrom flatterte. Er fluchte.
    »Was ist los?«, fragte Karen.
    »Der Schlauch draußen hat sich während des Fluges losgerissen. Ich hab ihn nicht fest genug angebunden.«
    »Und was machen wir nun? Wir müssen nachtanken!«
    Harald betrachtete den Benzinkanister, den Trichter, den Schlauch, das Fenster. »Ich muss den Schlauch in den Einfüllstutzen stecken. Und das kann ich von hier drinnen nicht machen.«
    »Du kannst doch nicht rausgehen!«
    »Was passiert mit dem Flugzeug, wenn ich die Tür aufmache?«
    »Meine Güte, das ist wie eine riesige Luftbremse. Das wird uns in eine Kurve zwingen.«
    »Wirst du damit fertig?«
    »Ich kann die Geschwindigkeit beibehalten, wenn ich die Nase senke. Außerdem könnte ich das rechte Ruderpedal mit dem linken Fuß runterdrücken.«
    »Versuchen wir‘s.«
    Karen brachte die Maschine in einen leichten Sinkflug, dann stellte sie ihren linken Fuß auf das rechte Ruderpedal. »Also los!«
    Harald öffnete die Tür. Im selben Augenblick scherte das Flugzeug scharf nach links aus. Karen drückte das rechte Ruderpedal bis zum Anschlag, doch die Schräglage blieb. Sie schob den Steuerknüppel nach rechts und lenkte nach rechts, doch die Maschine flog immer noch nach links. »Es geht nicht, ich kann sie nicht halten!«, rief sie.
    Harald schloss die Tür wieder. »Wenn ich die Fensterscheibe rausschlage, wird das den Widerstand gegen den Wind fast um die Hälfte reduzieren«, sagte er. Er nahm den Schraubenschlüssel von der Gepäckablage. Die Fensterscheiben waren aus einer Art Zelluloid, das stärker war als Glas, aber nicht unzerbrechlich, hatte er doch erst vor zwei Tagen das Rückfenster herausgeschlagen. Er holte aus, soweit er konnte, und drosch auf das Fenster ein. Das Zelluloid zerbrach, und Harald drückte die Scherbenreste aus dem Rahmen.
    »Können wir‘s jetzt noch mal versuchen?«
    »Warte noch – wir brauchen mehr Geschwindigkeit.« Karen beugte sich nach links und schob den Gashebel auf volle Kraft, dann schob sie den Trimmhebel ein paar Zentimeter vor. »Gut so.«
    Wieder öffnete Harald die Tür.
    Wieder scherte das Flugzeug nach links aus, doch diesmal nicht so heftig. Karen schien es mit dem Ruder ausgleichen zu können.
    Auf dem Sitz kniend steckte Harald den Kopf zur Tür hinaus. Er sah das Schlauchende um die Tankabdeckung flattern. Während er mit der rechten Schulter die Tür offen hielt, packte er mit dem ausgestreckten rechten Arm den Schlauch. Nun musste er das Schlauchende wieder in den Tank einführen. Er konnte die offen stehende Tankabdeckung sehen, den Einfüllstutzen jedoch nicht. Es gelang ihm, das Schlauchende in die Nähe der Abdeckung zu bringen, doch flatterte der Gummischlauch in seiner Hand mit jeder Bewegung des Flugzeugs, sodass es Harald unmöglich war, das
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