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Mit Haut und Haaren

Mit Haut und Haaren

Titel: Mit Haut und Haaren
Autoren: Arnon Grünberg
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Bett gehen, dass ich dich
mit der Peitsche versohle?«
    »Ich glaube nicht, aber Sie können es meiner Mutter ja gerne noch sagen:
›Bevor ich nach Hause gehe, wollt ich Ihnen kurz mitteilen, dass ich Ihre Tochter
mit der Peitsche versohle.‹«
    Sie lacht, doch er findet es nicht lustig.
    Er liest die Buchtitel in ihrem Regal. Alles Romane. Nichts Vernünftiges.
    »Ich habe gehört, du hast eine Wette gewonnen«, sagt er, während er noch
immer ihre Büchersammlung studiert.
    »Was für eine Wette?«
    »Die mit Lieke. Aber ›gewonnen‹ ist nicht mehr das richtige Wort. Korrekt
wäre es, zu sagen, ihr liegt gleichauf. Es steht unentschieden.«
    [649]  29
    Der Bote liegt nackt auf dem Bett in Jasons Loft an der Manhattan Bridge. Jason selbst ist noch angezogen.
Er streicht dem Jungen über den Rücken.
    Immer wieder, von der Poritze zum Nacken und wieder zurück.
    »Auch wenn du deine Green Card hast, musst du weiter hierherkommen«,
sagt Jason leise.
    »Warum?«, fragt der Junge.
    Für einen Moment hört Jasons Hand auf zu streicheln. Dann setzt sie ihre
Bewegungen fort, von der Poritze zum Nacken und wieder zurück.
    »Wenn ich dir eine Green Card besorgen kann, glaubst du, ich könnte dich
nicht auch verschwinden lassen? Das wäre für mich eine Hürde? Meinst du, ich könnte
das nicht?«
    Der Bote schweigt.
    Jason beugt sich über den Hintern des Jungen, drückt einen Kuss darauf
und geht mit der Zunge über seine Pobacken, über Poritze und Anus.
    Der Anus des Jungen schmeckt nach Wild, nach Fasan, frischerlegtem Geflügel, mit einem einzigen Schuss vom Himmel geholt.
    Jason legt seinen Kopf auf den Hintern des Boten. »Das ist Liebe«, sagt
er. »Dass du nicht austauschbar bist, dass ich nicht akzeptiere, wenn du mich verlässt,
dass ich nicht denke: für dich drei Dutzend andere. Dass ich dich lieber tot sehen
würde als nicht hier bei mir. Darum ist das, was wir tun, heilig. Kein Mensch kann
dich ersetzen.«
    [650]  30
    Nachdem Oberstein gegangen ist, hat Gwenny sich auf YouTube
erst ein paar Stunden lang Videos über Dressurreiten und Pferdeschauen angesehen.
Auf ihrem Bett.
    Dann hat sie auf Facebook mit Lieke gesprochen.
    Als sie genug erfahren hat, nimmt sie das Buch von Zweig und liest etwas
darin, teils auch laut.
    »Die ganze Leichtigkeit Deines Wesens war in ihm kindlich wiederholt«,
flüstert sie. »Deine rasche, bewegte Phantasie in ihm
erneuert; stundenlang konnte er verliebt mit Dingen spielen, so wie Du mit dem Leben
spielst, und dann wieder ernst mit hochgezogenen Brauen vor seinen Büchern sitzen.«
    Sie klappt das Buch zu.
    Dann richtet sie ihre Facebookseite neu ein und löscht Lieke aus ihrer
Freundesliste.
    31
    Gegen vier Uhr am Morgen wird Roland von einer SMS wach.
    Neben ihm liegt Violet. Sie schläft.
    Die SMS ist von Gwendolyne. »Wetten kann
man nur gewinnen oder verlieren. Unentschieden ist keine Option. Was wollten Sie
eigentlich von mir?«
    [651]  »Nicht viel«, tippt Roland zurück. »Du verstehst die Ökonomie des
Spiels nicht.«
    Nach ein paar Minuten simst er hinterher: »Ja ist in Ordnung, Nein ist
auch gut. DAS ist die ökonomische Grundregel. Mach
dich nicht so verrückt.«
    Er legt sein Handy weg und versucht, wieder einzuschlafen.
    32
    Um fünf Uhr starrt Gwenny immer noch an die Decke.
    Sie schickt Lieke eine SMS : »Darf ich morgen
früh Herzogin reiten?«
    Sie bekommt keine Antwort, Lieke schläft bestimmt
schon.
    Noch einmal nimmt Gwenny ihr Handy und tippt: » PS: Ich glaube, die Tupperwareparty für Sexspielzeug findet wohl ohne mich statt.«
    Sie knipst das große Licht in ihrem Zimmer an und nimmt das Sommerkleid,
das sie in Lyon getragen hat, aus dem Schrank. Dann stellt sie ihren Fotoapparat
auf ein paar Bücher auf ihrem Schreibtisch, um ein Video zu drehen.
    [652]  33
    Wie jeden Montag in den vergangenen Wochen steht Roland morgens
um acht Uhr auf. Er stellt sich nur kurz unter die Dusche, um keinen weiteren Ärger
mit Antoinette zu riskieren, dann zieht er sich an.
    Er küsst Violet, die sich noch im Halbschlaf befindet.
    Zum Frühstücken hat Oberstein keine Lust, das Bami-Goreng liegt ihm schwer
im Magen.
    Er nimmt den Zug nach Leiden und hält mit routiniertem Elan seine Vorlesung.
Gwendolyne ist nicht da. Es fällt ihm auf, doch macht ihm weiter keine Sorgen.
    Dafür ist Lieke da. Sie sitzt in der ersten Reihe.
    Sie stellt ein paar Fragen, die Oberstein gründlich beantwortet.
    Oberstein mag Gegenstand einer Wette sein, verletzlich fühlt er
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