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Mit Haut und Haar: 6. Fall mit Tempe Brennan

Mit Haut und Haar: 6. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Mit Haut und Haar: 6. Fall mit Tempe Brennan
Autoren: Kathy Reichs
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eine Reihe gutturaler Laute von sich. »Grillfest!«
    »Kann jetzt nicht reden, Katy.«
    Ich wandte mich von Slidell ab und presste das Handy fest ans Ohr, um Katy über das statische Rauschen verstehen zu können.
    Slidell klopfte noch einmal, diesmal mit Gestapo-Gewalt. »Mr. Banks!«
    »Ich hol dich morgen gegen Mittag ab«, sagte Katy.
    »Ich habe doch keine Ahnung von Zigarren«, sagte ich so leise ich konnte. Katy wollte, dass ich sie zu einem Picknick begleitete, das der Besitzer eines Zigarren- und Pfeifengeschäfts veranstaltete.
    »Aber du isst Grillfleisch.«
    Bam! Bam! Bam! Das Fliegengitter schepperte.
    »Schon, ab …«
    »Du magst Bluegrass.« Katy konnte hartnäckig sein.
    In diesem Augenblick ging die innere Tür auf, und eine Frau starrte finster durch den Rahmen. Obwohl Slidell etwas größer war als sie, brachte sie einiges mehr auf die Waage.
    »Ist Gideon Banks zu Hause?«, kläffte Slidell.
    »Wer will das wissen?«
    »Katy, ich muss aufhören.«
    »Boyd freut sich schon drauf. Er hat was mit dir zu besprechen.« Boyd ist der Hund meines Exmannes. Unterhaltungen mit oder über Boyd führen normalerweise zu Problemen.
    Slidell hielt seine Marke an das Fliegengitter.
    »Ich hol dich mittags ab?« Meine Tochter konnte so unnachgiebig sein wie Skinny Slidell.
    »Okay«, zischte ich und drückte die Unterbrechungstaste.
    Die Arme in die Seiten gestemmt wie eine Gefängniswärterin, musterte die Frau die Marke.
    »Daddy schläft.«
    »Ich glaube, es ist das Beste, wenn Sie ihn wecken«, warf ich ein, um Slidells Ton etwas die Schärfe zu nehmen.
    »Geht’s um Tamela?«
    »Ja.«
    »Ich bin Tamelas Schwester. Geneva. Wie die Stadt in der Schweiz.« Ihr Ton verriet, dass sie das nicht zum ersten Mal sagte.
    Geneva drückte das Fliegengitter mit dem Handrücken auf. Diesmal klang die Feder wie der Anschlag einer Klaviertaste.
    Slidell nahm die Sonnenbrille ab und schob sich an ihr vorbei. Ich folgte ihm in ein kleines, düsteres Wohnzimmer. Ein Durchgang führte in eine Diele direkt gegenüber. Rechts konnte ich eine Küche mit einer geschlossenen Tür an der hinteren Wand sehen, links zwei geschlossene Türen und am Ende ein Bad.
    Sechs Kinder. Ich konnte mir den Streit um Dusche und Waschbecken nur vorstellen.
    Unsere Gastgeberin ließ das Fliegengitter wieder zuratschen, schloss die Innentür und drehte sich zu uns um. Ihre Haut war von einem tiefen Schokoladenbraun, die Lederhaut des Auges blassgelb wie Pinienkerne. Ich schätzte sie auf Mitte zwanzig.
    »Geneva ist ein wunderschöner Name«, sagte ich, weil mir nichts Besseres einfiel. »Waren Sie schon mal in der Schweiz?«
    Geneva sah mich lange mit völlig ausdruckslosem Gesicht an. Schweißtropfen standen ihr auf Stirn und Schläfen, von denen das Haar straff nach hinten gezogen war. Das einzelne Fensteraggregat kühlte offenbar ein anderes Zimmer.
    »Ich hole Daddy.«
    Sie nickte zu einer abgewetzten Couch an der rechten Wand des Wohnzimmers. Die Vorhänge, die das Fenster umrahmten, hingen vor Hitze und Feuchtigkeit schlaff herunter.
    »Wollense sich setzen.« Es war eher eine Feststellung als eine Frage.
    »Vielen Dank«, sagte ich.
    Geneva watschelte zum Durchgang, und die Shorts knitterten zwischen ihren Schenkeln. Ein kleiner, steifer Pferdeschwanz stand von ihrem Hinterkopf ab.
    Als Slidell und ich an den entgegengesetzten Enden der Couch Platz nahmen, hörte ich, wie eine Tür geöffnet wurde, und dann das blecherne Geräusch eines Gospel-Senders. Sekunden später verstummte die Musik wieder.
    Ich schaute mich um.
    Die Ausstattung war Nouveau Wal-Mart. Linoleum. Kunstledersessel. Couch- und Beistelltische aus Eichenlaminat. Plastikpalmen.
    Aber offensichtlich von liebevoller Hand gepflegt.
    Die Rüschenvorhänge hinter uns rochen nach Waschmittel und Weichspüler. Ein Riss auf meiner Armlehne war sorgfältig gestopft worden. Jede Oberfläche glänzte.
    Auf Bücherregalen und Tischen drängten sich gerahmte Fotos und plumpe objets d’art. Ein grell bemalter Tonvogel. Eine Keramikplatte mit dem Abdruck einer winzigen Hand und darunter in einem Bogen die Inschrift »Reggie«. Ein Kästchen aus Eisstielen. Dutzende billiger Trophäen.
    Schulterpolster und Helme, für die Ewigkeit mit goldgetöntem Plastik überzogen. Ein Foto von einem Sprungwurf beim Basketball. Eins von einem Schlag beim Baseball.
    Ich betrachtete die Schnappschüsse in meiner Nähe. Weihnachtsmorgen. Geburtstagspartys. Sportmannschaften. Jede Erinnerung wurde in einem
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