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Mit freundlichen Küssen: Roman (German Edition)

Mit freundlichen Küssen: Roman (German Edition)

Titel: Mit freundlichen Küssen: Roman (German Edition)
Autoren: Jana Voosen
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und ziehe den Fuß nach oben.
    »Alles in Ordnung?«, erkundigt sich Lutz besorgt und legt mir die Hand aufs Schulterblatt.
    »Kümmere du dich lieber darum, dass wir die beiden endlich finden«, fauche ich ungehalten, während ich vorsichtig versuche, aufzutreten. Es geht einigermaßen, zum Glück.
    »Schrei mich nicht so an, ich kann mir was Schöneres vorstellen, als hier mit dir durch den Wald zu stapfen«, sagt er barsch und kehrt mir brüsk den Rücken zu.
    »Ich weiß, es tut mir Leid«, sage ich schnell. »Danke, dass du mitgekommen bist.« Alleine wäre ich schon gestorben vor lauter Angst, füge ich im Geiste hinzu, während ich ihm hinterherhumpele.
    »Na also, ich wusste doch, dass ich mich nicht verlaufen habe«, ertönt Sekunden später ein triumphierender Schrei.
    »Was? Wieso?«, frage ich verwirrt und senke gleich darauf die Stimme. »Wo sind sie?«
    »Offensichtlich nicht mehr hier«, erklärt Lutz mitfühlend und beleuchtet mit der Taschenlampe den Waldboden am Fuße einer mächtigen Eiche.
    »Wie meinst du das?«, frage ich begriffsstutzig, und er legt den Arm um mich.
    »Hier war es«, sagt er sanft und fängt mit dem Lichtkegel einige heruntergebrannte Teelichter, plattgedrückte Grasbüschel und eine leere Flasche Champagner ein.
    »Ja, aber …«
    »Halt mal.« Damit drückt er mir die Taschenlampe in die Hand und beginnt, die Sachen in eine Plastiktüte, die hinter dem Baum hervorlugt, zu packen. Dann sieht er zu mir hoch, die Augen voller Mitleid. Ich will es nicht sehen und lasse schnell die Lampe sinken. Ein paar Sekunden stehen wir unschlüssig voreinander, niemand sagt ein Wort. »Wir sind zu spät gekommen«, flüstert Lutz schließlich, und ich schüttele den Kopf. Das kann nicht sein.
    »Aber Simon würde niemals den Müll einfach so im Wald liegen lassen«, sage ich mit fester Stimme.
    »Anscheinend hat er das aber getan.«
    »Nein, das passt nicht zu ihm. Vielleicht hast du dich doch vertan und die beiden sitzen an einer anderen Stelle hier im Wald.«
    »Ich habe das hier doch selbst aufgebaut.«
    »Aber es ist ganz schön dunkel. Vielleicht hast du dich vertan.« Ich will es einfach nicht wahr haben.
    »Und die Abfälle? Wäre das nicht ein enormer Zufall? Sogar die Champagnermarke ist dieselbe«, argumentiert Lutz und hält mir zum Beweis das orangefarbene Etikett entgegen.
    »Aber …«
    »Wir sind zu spät«, sagt er eindringlich und nimmt mich bei der Hand. Wie betäubt folge ich ihm durch den dunklen Wald. Ich kann immer noch nicht recht glauben, dass Simon einfach so verschwindet, ohne seinen Müll wegzuräumen. Aber vielleicht hat er sich so sehr gefreut, dass die beiden sofort nach Hause fahren mussten, um übereinander herzufallen? Besser gesagt in das Haus seiner Beinahe-Schwiegereltern. Mein Herz zieht sich schmerzhaft zusammen bei diesem Gedanken. Ohne weitere Diskussion öffnet Lutz mir die Beifahrertür und setzt sich selbst hinters Steuer. Stumm blicke ich vor mich hin, ab und zu spüre ich einen Blick von der Seite, aber Lutz ist klug genug, mich jetzt nicht anzusprechen. Ich vergrabe die Hände tief in den Taschen meiner weiten, beigen Leinenhose. Etwas berührt meinen Zeigefinger. Kühl und glatt. Sanft streiche ich über den Ring, wage aber nicht, ihn hervorzuholen. Ich spüre, wie die Tränen hochsteigen. Ich fühle mich so lächerlich. Was habe ich mir bloß bei dieser Aktion gedacht? Vielleicht kann ich sogar froh sein, dass wir die beiden nicht mehr angetroffen haben. Was habe ich mir denn davon versprochen, mitten in Lauras »Antrag« hineinzuplatzen? Dass Simon sie fallen lässt wie eine heiße Kartoffel? Mich in seine Arme schließt und mit mir gemeinsam in die Nacht hineinwandert? Ein gequälter Laut dringt aus meiner Kehle, aber auf Lutz’ Nachfrage antworte ich nur mit einem Kopfschütteln. Nicht darüber reden, am besten auch nicht mehr nachdenken. Schweigend steigen wir die Treppen zu unserer Wohnung empor, Lutz schließt auf und lässt mich eintreten. In diesem Moment stürzt Luisa aus der Wohnküche hervor und ruft:
    »Und, wie war’s?« Mein Anblick lässt sie verstummen, ich kann förmlich spüren, wie Lutz hinter meinem Rücken wild mit den Armen rudert, um sie am Weiterreden zu hindern.
    »Nicht so gut«, bringe ich mühsam hervor.
    »Sie waren nicht mehr da«, fügt Lutz erklärend hinzu.
    »Oh.«
    »Vielleicht besser so«, sage ich tapfer und nicke heftig mit dem Kopf, vor allem, um mich selber davon zu überzeugen. Etwas betreten stehen die
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