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Mit Freuden begraben – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)

Mit Freuden begraben – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)

Titel: Mit Freuden begraben – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Gervase-Fen-Serie (German Edition)
Autoren: Edmund Crispin
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urteilen, weder Deutsche noch Italienerin, Französin, Holländerin oder Spanierin. Auch war nicht der Hauch eines Akzentes herauszuhören, was den befremdlichen Effekt ihrer Aussprache erklärt hätte. Bei genauerem Nachdenken lief es darauf hinaus, dass sie, während ihre Vokale klar und akkurat klangen, eine Neigung hatte, die einzelnen Komponenten der jeweiligen Konsonantengruppen zu verwischen und zu vertauschen – Labiale, Gutturale, Sibilanten. Auf diese Weise unterschied sich das ›p‹ kaum vom ›b‹, ebenso wenig wie das ›s‹ vom ›z‹.
    Fen musste zugeben, dass er nicht in der Lage war, eine Erklärung dafür zu finden, was ihn leicht gereizt machte.
    Er trank seinen Kaffee aus und schaute auf die Armbanduhr. Halb neun. In drei Stunden hatte er einen Termin mit seinem Wahlagenten, aber bis dahin konnte er tun, was ihm beliebte. Und da der Renovierungslärm das »Fish Inn« bis auf weiteres unbewohnbar machte, beschloss er, in den Sonnenschein hinauszugehen und seinen Wahlkreis einmal persönlich in Augenschein zu nehmen. Deswegen verabschiedete er sich von dem Mädchen, wobei er annahm, sie wäre nicht gerade traurig darüber, ihn los zu sein – was er ihr jedoch nicht verübelte.
    Vor der Tür begegnete ihm Myra, und er erkundigte sich nach dem Verrückten.
    »Tja, mein Lieber, den haben sie noch nicht eingefangen«, sagte sie, »obwohl die vom Sanatorium die ganze Nacht hier herumgetapert sind.«
    »Dann war es tatsächlich ein Verrückter?«
    »Oh ja. Zuerst habe ich es ja nicht geglaubt. Mrs. Hennessy ist genau die Sorte von übergeschnappter alter Frau, die … wie sagt man doch gleich … sexuelle Zwangsvorstellungen von nackten Männern hat, die sie im Dunkeln anfallen.«
    »Aber ich habe ihn auch gesehen«, gab Fen zu bedenken.
    Myras Miene deutete an, dass sie nur aus reiner Höflichkeit darauf verzichtete, auch Fen sexuelle Zwangsvorstellungen zu unterstellen.
    »Jedenfalls gibt es ihn wirklich«, sagte sie, »und sie haben verlauten lassen, er sei harmlos. Obwohl sie es aus Angst vor einer Massenpanik natürlich kaum zugeben würden, wenn er gefährlich wäre. Meine Meinung über Verrückte ist die: Wenn man wüsste, was sie als Nächstes vorhaben, wären sie nicht verrückt.«
    Mit dieser düsteren Prognose ließ sie Fen stehen, nicht ohne ihn vorher noch beiläufig darüber zu informieren, dass die Bar um elf aufmachte.
    Er wollte gerade hinausgehen, als sein Blick plötzlich auf das Gästebuch der Herberge fiel, das direkt neben ihm auf einem Tisch lag. Er schaute hinein und erfuhr, dass das Mädchen, mit dem er gefrühstückt hatte, Jane Persimmons hieß, Britin war und in Nottingham wohnte. Und plötzlich fiel ihm ein, dass er sich hier auch Klarheit über den Mann verschaffen konnte, den er am Abend vorher kurz gesehen hatte und dessen Aussehen ihm so bekannt vorgekommen war.
    Er blätterte zurück und las interessiert den Eintrag, der unmittelbar vor seinem eigenen stand. Er lautete:
    Major Rawden Crawley, Brite, 201 Curzon Street, London.
    »Großer Gott«, murmelte Fen bei sich. »Entweder er schert sich nicht darum, oder er bildet sich tatsächlich ein, niemand in dieser Gegend hätte jemals Thackeray gelesen … Wie dem auch sei, vermutlich geht es mich sowieso nichts an.«
    Er nahm zur Kenntnis, dass der so genannte Crawley vor zwei Tagen angereist war. Er klappte das Buch zu und ging hinaus in den Hof des Gasthauses.
    Keine Wolke war am Himmel zu sehen, aber über Nacht hatte ein kurzer Regenschauer den Staub, der sich in den langen Wochen der Trockenheit angesammelt hatte, von Grashalmen, Blättern und Hecken abgewaschen und sie in ein frisches, lebendiges Grün getaucht. Das nichtsnutzige Schwein fraß geräuschvoll Kartoffeln. Fen überquerte den Hof und trat auf die Hauptstraße des Dorfes hinaus.
    Bevor er seine Reise in den Wahlbezirk angetreten hatte, hatte er sich Generalstabskarten angeschaut, deswegen war er mühelos in der Lage, sich zu orientieren. Der Bezirk bestand aus einer Ansammlung von Sanfords, über denen Sanford Hall thronte, einsam auf einer der wenigen Erhebungen des sonst so flachen Landstriches erbaut. Fruchtbares Weideland erstreckt sich hier ohne Unterbrechung fast bis zu den Marlock Hills. Nur vereinzelt sieht man kleinere Felder mit Gerste, die auf diesem Boden zwar kaum gedeiht, die die protestierenden Bauern jedoch aufgrund sachlich unbegründeter Verfügungen aus dem Landwirtschaftsministerium aussäen mussten. Gemütlich schlängelt sich
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