Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mit dir an meiner Seite

Mit dir an meiner Seite

Titel: Mit dir an meiner Seite
Autoren: Nicholas Sparks
Vom Netzwerk:
liefen so viele Menschen herum! Sie hatte fast vergessen, dass die Gehwege von den Wolkenkratzern überschattet wurden und sämtliche Passanten immer in Eile waren, selbst in den schmalen Gängen der kleinen Lebensmittelläden. Und seltsamerweise hatte sie wenig Lust, sich mit ihren Freundinnen zu verabreden. Als Kayla anrief und fragte, ob sie mit ihr ausgehen würde, lehnte sie ab. Sie und Kayla verbanden zwar viele gemeinsame Erinnerungen, aber ihre Freundschaft würde von jetzt an auf einer anderen Ebene weitergehen. Dagegen hatte Ronnie nichts einzuwenden, und außerdem blieb ihr sowieso nicht viel Zeit, weil sie sich um Jonah kümmern musste und weil sie Klavier übte.
    Der Flügel ihres Vaters war noch nicht nach Manhattan transportiert worden, deshalb fuhr sie immer mit der U-Bahn zur Juilliard School und übte dort. Gleich an ihrem ersten Tag in New York hatte sie angerufen und mit dem Direktor gesprochen. Er war ein guter Freund ihres Vaters gewesen. Als er Ronnies Stimme hörte, klang er erstaunt, aber auch erfreut. Sie teilte ihm mit, dass sie sich nun doch an der Musikhochschule bewerben wolle. Daraufhin sorgte er persönlich dafür, dass sie einen vorgezogenen Termin für die Aufnahmeprüfung bekam, und erklärte ihr, an wen sie sich mit ihrer Bewerbung wenden musste.
    Schon drei Wochen nach ihrer Rückkehr spielte sie das erste Mal vor. Sie wählte das Stück aus, das sie mit ihrem Vater komponiert hatte. Ihre Fingertechnik war ein bisschen eingerostet - drei Wochen waren nicht sehr viel, um sich für eine anspruchsvolle Prüfung vorzubereiten -, aber als sie den Saal verließ, wusste sie, dass ihr Vater stolz auf sie gewesen wäre. Na ja, dachte sie lächelnd und klemmte die Noten unter den Arm, irgendwie war er ja immer stolz auf sie gewesen.
    Seit dem ersten Vorspiel übte sie drei bis vier Stunden täglich. Der Direktor hatte ihr einen Übungsraum an der Hochschule zugewiesen, und sie begann auch wieder zu komponieren. Beim Üben dachte sie oft an Dad. Er hatte auch sehr viel Zeit in diesen Räumen verbracht. Bevor die Sonne unterging, fanden ihre Strahlen gelegentlich noch einen Weg zwischen den hohen Gebäuden hindurch und beschienen den Parkettfußboden. Und immer, wenn Ronnie dies sah, dachte sie an das Glasfenster in der Kirche und an den Lichtstrahl bei der Trauerfeier.
    Und natürlich dachte sie an Will.
    Vor allem an ihren gemeinsamen Sommer. Die kurze Begegnung draußen vor der Kirche trat eher in den Hintergrund. Sie hatte seither nicht mehr von ihm gehört. Nach Weihnachten verlor sie zunehmend die Hoffnung, dass er sich tatsächlich melden würde. Natürlich, er hatte gesagt, dass er nach Europa reiste, aber mit jedem Tag ohne ein Lebenszeichen von ihm wurde sie unsicherer. Sie schwankte zwischen dem festen Glauben, dass er sie immer noch liebte, und der allgemeinen Hoffnungslosigkeit ihrer Situation. Vielleicht war es ja sogar besser, wenn er nicht anrief, sagte sie sich. Im Grunde hatten sie sich doch nichts mehr mitzuteilen, oder?
    Mit einem traurigen Lächeln zwang sie sich dann immer, solche Gedanken wegzuschieben. Sie hatte so viel zu tun! Vor allem wollte sie sich ihrem neuesten Projekt widmen, einer Komposition, die von der Country-Western-Tradition und von der Popmusik beeinflusst war. Sie musste nach vorn schauen, nicht zurück. Ob sie an der Juilliard School of Music angenommen wurde, stand noch nicht fest, aber der Direktor hatte ihr immerhin gesagt, ihre Bewerbung sei »sehr positiv« aufgenommen worden. Gleichgültig, was passierte -, sie wusste, dass ihre Zukunft auf jeden Fall in der Musik lag - auf irgendeine Weise würde sie zu ihrer alten Leidenschaft zurückfinden.
    Ihr Handy, das oben auf dem Klavier lag, begann zu vibrieren. Bestimmt ihre Mutter, die sie etwas fragen wollte. Doch dann schaute sie auf das Display und erstarrte. Sie holte tief Luft.
    »Ja, hallo?«
    »Hi«, sagte eine vertraute Stimme. »Ich bin's. Will.«
    Von wo rief er an? Sie glaubte ein Echo zu hören, wie bei einer Flughafenhalle.
    »Bist du gerade gelandet?«, fragte sie.
    »Nein, ich bin schon seit ein paar Tagen hier. Wieso fragst du?«
    »Du klingst so komisch.« Ihr wurde schwer ums Herz. Er war schon seit ein paar Tagen wieder im Lande? Wieso fand er erst jetzt die Zeit, sie anzurufen? »Wie war's in Europa?«
    »Echt gut. Ich habe mich viel besser mit meiner Mom verstanden als erwartet. Wie geht es Jonah?«
    »So langsam wird es besser, aber ... es ist immer noch sehr schwer.«
    »Das
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher