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Mit dir an meiner Seite

Mit dir an meiner Seite

Titel: Mit dir an meiner Seite
Autoren: Nicholas Sparks
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sah, wie er in der Kirche Klavier spielte. Unter der leeren Öffnung in der Mauer, in die später das Fenster eingesetzt wurde.
    Und in dem Augenblick erkannte sie etwas, was in ihrem Innersten schon die ganze Zeit geschlummert hatte.
    »Ja, ich bringe dich nach Hause«, sagte sie. »Aber du musst auch etwas für mich tun.«
    Ihr Vater schluckte. Die Antwort schien ihn ungeheure Kraft zu kosten. »Ich bin mir nicht sicher, ob ich das noch kann.«
    Lächelnd griff Ronnie nach dem Briefumschlag. »Auch nicht, wenn du es für mich tust?«
     
    Pastor Harris borgte ihr seinen Wagen, und sie fuhr, so schnell sie nur konnte. Mit dem Handy erledigte sie den Anruf, während sie die Spur wechselte. Kurz und knapp erläuterte sie die Situation und was sie brauchte. Galadriel war sofort einverstanden. Ronnie raste, als hinge das Leben ihres Vaters davon ab, und bei jeder gelben Ampel drückte sie das Gaspedal durch und fuhr weiter.
    Galadriel erwartete sie schon auf der Veranda, mit zwei Brechstangen.
    »Kann's losgehen?«, fragte sie.
    Ronnie nickte wortlos, und gemeinsam betraten sie das Haus.
    Mit Galadriels Hilfe dauerte es keine Stunde, das Werk ihres Vaters abzumontieren. Dass im Wohnzimmer dadurch ein großes Chaos entstand, störte niemanden. Ronnie konnte nur an eines denken: dass ihrem Vater nicht mehr viel Zeit blieb und sie noch etwas für ihn tun wollte. Als das letzte Brett entfernt war, schaute Galadriel sie an, verschwitzt und außer Atem.
    »So, und jetzt fährst du am besten gleich los und holst deinen Vater. Ich mache hier ein bisschen Ordnung, und nachher helfe ich dir, ihn reinzutragen.«
    Auf dem Weg zurück zum Krankenhaus raste Ronnie sogar noch schneller. Sie hatte dem Arzt genau erklärt, was sie vorhatte, ehe sie vorhin losgefahren war. Die Stationsschwester hatte ihr geholfen, in Windeseile die Entlassungsformulare auszufüllen, die von der Verwaltung verlangt wurden. Als sie jetzt vom Auto aus das Krankenhaus anrief, ließ sie sich zu ebendieser Schwester durchstellen und fragte sie, ob sie ihren Vater in einem Rollstuhl unten an den Ausgang bringen könnte.
    Die Autoreifen quietschten, als sie auf den Klinikparkplatz einbog. Sie folgte den Wegweisern zum Eingang der Notaufnahme und sah sofort, dass die Krankenschwester ihr Versprechen gehalten hatte.
    Gemeinsam mit der Schwester hievte Ronnie ihren Vater ins Auto, und schon war sie wieder unterwegs. Steve wirkte wacher als in seinem Krankenhausbett, aber sie wusste natürlich, dass sich das von einer Minute zur nächsten ändern konnte. Sie musste es schaffen, bevor es zu spät war! Ronnie durchquerte die Stadt, in der sie sich inzwischen richtig heimisch fühlte, und während der Fahrt wechselten sich in ihrem Inneren unablässig Hoffnung und Angst ab. Gleichzeitig war jetzt alles so einfach, so klar!
    Galadriel stand vor dem Haus. Sie hatte das Sofa an die passende Stelle gerückt, und nun half sie Ronnie, ihren Vater ganz behutsam dorthin zu bringen.
    Obwohl sein Zustand so schlecht war, schien er zu ahnen, was Ronnie für ihn vorbereitet hatte. Sein schmerzverzerrtes Gesicht entspannte sich. Mit einem seligen Staunen blickte er auf den Flügel in der nun wieder offenen Nische. Und an seinen Augen konnte Ronnie erkennen, dass sie das Richtige getan hatte. Zart küsste sie ihn auf die Wange.
    »Ich habe deine Komposition zu Ende geschrieben, Dad«, sagte sie. »Unser letztes Werk. Und ich möchte es für dich spielen.«
     

Kapitel 36
    Steve
     
    Das Leben - das wurde ihm jetzt klar - war wie eine Komposition, wie ein Lied.
    Am Anfang steht ein großes Geheimnis, und am Ende kommt die Bestätigung, aber in der Mitte, da wohnen die Gefühle, und wegen der Gefühle lohnt sich das alles.
    Zum ersten Mal seit Monaten hatte er keine Schmerzen. Zum ersten Mal seit Jahren wusste er, dass es eine Antwort auf seine Fragen gab. Während er hingebungsvoll der Komposition lauschte, die Ronnie zu Ende geführt und zur Perfektion gebracht hatte, schloss er die Augen, und er wusste, dass seine Suche nach Gottes Gegenwart beendet war.
    Jetzt verstand er, dass Gott überall war, überall und immer, und irgendwann erkannte ihn jeder Mensch. Seine Gegenwart war spürbar gewesen, als Steve mit Jonah in der Werkstatt an dem Fenster arbeitete und als er die vielen Wochen mit Ronnie verbrachte. Sie zeigte sich im Hier und Jetzt, während seine Tochter Klavier spielte - die letzten Klänge, die sie gemeinsam hören würden. Im Rückblick fragte er sich, wieso ihm das
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