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Mit der Zeit

Mit der Zeit

Titel: Mit der Zeit
Autoren: Ambler
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Velden und wieder zurück gefahren hatte. Sobald sie weg waren, kam Schelm an meinen Tisch und setzte sich mir gegenüber.
    »Ich bin froh, Sie heil wiederzusehen«, sagte er. »Ich habe nicht weit von hier ein Hotelzimmer für Sie reservieren lassen, und für den Mittagsflug der Lufthansa nach New York ist ein Sitz für Sie gebucht, wenn Sie ihn wollen. Ich würde vorschlagen, Sie versuchen möglichst, den Flug zu erwischen. Hier ist das Ticket. Die österreichische Polizei berichtet von zwei Zwischenfällen in der Nähe der jugoslawischen Grenze; es waren Schußwaffen im Spiel, vier Tote und ein Schwerverletzter. Der Regionalfunk spricht von einer Schießerei am Wurzenpaß, die eine Racheaktion der italienischen Roten Brigaden sein soll. Wollen Sie mir kurz erzählen, was gestern passiert ist, nachdem Sie weggefahren sind?«
    Ich erzählte es ihm in aller Kürze. Er ließ seinen Blick nachdenklich über mich wandern.
    »Was ist bloß mit Ihrem Anzug passiert?« fragte er. »Man könnte meinen, Sie seien schwanger.«
    »Es ist kein neuer Anzug, und er ist es nicht gewohnt, daß ich darin an österreichischen Berghängen durchs Gebüsch stolpere. Das Futter ist zerrissen.« Ich dachte wieder an Simones Anregung, den zweiten Film meinem guten Freund Schelm zu geben und ihn zu bitten, Kopien davon an Interessenten in der Golfregion zu verteilen. Nun schien mir das doch keine so gute Idee. Wenn die Nato – trotz des verlangten Preises und all der anderen Argumente, die dagegensprachen – vielleicht doch mit dem Gedanken spielte, wegen der Bucht von Abra einen Handel zu schließen, dann konnte ein Film mit einem Interview, in dem sich der Herrscher als Narr und als krimineller Psychopath bloßstellte, als überaus lästig angesehen werden. Er könnte dann leicht verlorengehen. Möglicherweise würde ich ihn nie wiedersehen. Am besten behielt ich ihn vorläufig selber. »Wohin werden Sie Zander und seine Familie schicken?« fragte ich.
    Die Frage verletzte sein Gefühl für Anstand so sehr, daß sie ihn zunächst einmal von der Beschäftigung mit meinem Anzug und der eigenartigen Ausbeulung in meinem Jackett ablenkte. Auf dem Weg zum Hotel, das er für mich ausgesucht hatte und das unweit vom Münchner Flughafen lag, gab ich vor zu dösen und schlief auch fast ein. Als er mich am Hotel absetzte, sagte er, ich solle den Zubringerflug nach Frankfurt nehmen, er werde mir um zehn einen Wagen schicken. So könnte ich wenigstens noch drei Stunden schlafen.
    Die brauchte ich zwar dringend, aber ich war entschlossen, das Risiko nicht einzugehen. Statt dessen duschte ich, rasierte mich und zog mich um. Nun war es fast sieben, und ich konnte das Frühstück bestellen. Um halb acht ging ich aus dem Hotel und hinterließ Schelm die Nachricht, ich hätte mich zu einem früheren Nachhauseflug entschlossen und hoffte, im Flugzeug schlafen zu können. Als ich in Frankfurt ankam, blieben mir noch zwei Stunden, genügend Zeit für das, was ich vorhatte. Ich bekam ohne Schwierigkeiten einen Platz im Lufthansa-Flug nach New York.
    Im Kennedy-Flughafen hatte der Mann von der Einwanderungsbehörde nur ein gelangweiltes Nicken für mich übrig. Am Zoll warteten sie jedoch bereits auf mich, schmallippig und erwartungsfroh.
    »Ist das Ihr ganzes Gepäck, Mr. Halliday?«
    »Ja, mehr hab ich nicht.«
    »Auf dieser Erklärung hier geben Sie an, daß Sie während Ihres Aufenthalts in Europa nichts gekauft haben. Ist das richtig?«
    »Richtig.«
    »Haben Sie in Übersee vielleicht etwas erworben ? Einen Handelsartikel oder ein Geschenk zum Beispiel?«
    »Ich habe nichts dabei. Möchten Sie die Koffer öffnen?«
    »Mr. Halliday, das hier ist eine Stichprobe. Wir möchten Sie in das Büro da drüben bitten, wo wir uns über Ihre Zollinhaltserklärung unterhalten können. Sie haben doch keine Einwände, oder? Wenn Sie nichts haben, finden wir auch nichts. Richtig?«
    Zu dritt brauchten sie eine halbe Stunde. Sie machten auch eine Leibesvisitation, wurden aber nicht richtig intim. Sie klopften mich nur ab.
    »Wollen Sie mir denn nicht sagen, was das alles soll?« fragte ich, als sie fertig waren. »Und reden Sie nicht wieder von einer Stichprobe. Ich bin vielleicht kein Reporter mehr, aber ich kann mir durchaus noch Gehör verschaffen. Bis jetzt habe ich mitgespielt. Ich habe hier nicht rumgebrüllt, daß man mich belästigt oder mich meiner Bürgerrechte beraubt. Also, schenken Sie mir jetzt wenigstens reinen Wein ein. Wonach haben Sie gesucht?«
    Der
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