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Mit den Augen der Fremden

Mit den Augen der Fremden

Titel: Mit den Augen der Fremden
Autoren: Gordon R. Dickson
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seinerseits ein Reich gründen wollte. Diese Frage mußte – in Ehren natürlich – geklärt werden. Es war dabei ohne jeden Belang, daß die zivilisierten Ruml-Familienoberhäupter sich – rational – selbstverständlich eine friedliche Koexistenz mit uns vorstellen konnten. Ihr Instinkt aber sagte ihnen, daß wir eine Bedrohung für die Zukunft ihrer Rasse darstellten, weil wir Kators Plan vereitelt hatten – was wir natürlich tun mußten, um nicht seine Sklaven zu werden. Ihre Ehre verpflichtet sie, Schritte gegen uns zu unternehmen – wenn eines nicht gewesen wäre.“
    „Was denn?“ fragte Swenson. Er merkte, daß alle ihn jetzt anstarrten, selbst Thornybright.
    „Der Kontrollreflex. Der Regulator. Sie sagen, Sie haben mitangehört, was ich Mele im Krankenhaus gesagt habe“, erklärte Jason. „Der Reflex, der beinahe alle Ruml-Individuen davon abhält, den Versuch der Gründung eines Reiches zu wagen. Die Ruml verstehen es nur, alles auf eine Karte zu setzen – oder es bleiben zu lassen, also überhaupt nicht zu wetten, um im Beispiel zu bleiben. Ihre ganze Kultur beruht auf der Entdeckung des reinen Talents. Für sie gibt es nur Erfolg oder Mißerfolg – und nichts dazwischen.“
    Er sah seine Zuhörer an und erkannte, daß sie ihn immer noch nicht verstanden hatten.
    „Wie ich schon sagte“, fuhr er fort, „die Angst vor dem Mißerfolg ist sehr ausgeprägt. Nur in äußerster Not, sozusagen mit dem Rücken zur Wand, als letzter Strohhalm des Ertrinkenden, ist die Natur der Ruml fähig, etwas in Angriff zu nehmen, bei dem auch ein Mißerfolg denkbar oder sogar möglich erscheint. Daher kommt es auch, daß sie keine Spiele kennen und ihre Duelle automatisch bis zum Tode durchkämpfen. Wenn man ihnen zeigt, daß man ihnen gegenüber einen Vorteil besitzt, so wie ich das in Kators Filmaufzeichnung tat, so drängt der instinktive Impuls die Ruml dazu, der Auseinandersetzung ganz aus dem Wege zu gehen.“
    „Aber Sie sagten doch …“ Swenson zögerte. „Sie sagten doch, intellektuell wären die Ruml durchaus imstande, sich über ihre eigenen instinktiven Impulse hinwegzusetzen, so wie sie es auch taten, nachdem sie Kator getötet und sich die Zeit genommen hatten, über das Geschehene nachzudenken.“
    „Stimmt“, nickte Jason. „Und deshalb sind sie jetzt hier. Wenn die menschliche Rasse irgend etwas unternimmt, womit ihr Sinn für das Überleben ihrer Rasse herausgefordert wird, werden sie kämpfen, hier und jetzt. Aber wenn eine solche Herausforderung vermieden werden kann – durch uns“, fügte er mit einem angespannten Lächeln hinzu, „werden die rationalen Zentren ihres Gehirns Gelegenheit haben, sich vorsichtig an die Idee heranzutasten und sich mit ihr abzufinden, daß sie mit Ungeheuern wie uns im gleichen Bereich des interstellaren Raums leben müssen.“
    „Ungeheuern?“ sagte Thornybright, und das war das erste Mal, seit Jason hereingekommen war, daß er den Mund aufmachte. „Sehen die wirklich Ungeheuer in uns, Jason?“
    „Warum nicht?“ fragte Jason grimmig. „Sehen wir denn nicht in ihnen auch Ungeheuer? Schließlich verfügen sie nicht über die Milch der frommen Denkungsart. Und wir besitzen, in ihren Augen, keine Ehre.“
    Swenson nickte. Und dann richtete er sich auf und blickte auf Jason hinab.
    „Jetzt habe ich endlich begriffen“, sagte er. „Ja. Ich glaube, wenn Sie es physisch schaffen, sollten Sie jetzt mitkommen und sie begrüßen. Wir möchten keine Fehler machen.“
    Er beugte sich hinunter und griff nach Jasons Arm. Der stemmte sich hoch und mühte sich, gerade zu stehen. Jetzt, da alles vorbei war, hatte er das Gefühl, als sei eine verborgene Kraftreserve plötzlich in ihm eingeschaltet worden.
    An einer Seite von Swenson, auf der anderen von einem der Männer in Zivil flankiert, fuhren sie mit dem Lift hinunter und traten auf das Flugfeld hinaus. Ein niedriger Gepäckwagen erwartete sie. Sie stiegen auf die Plattform und fuhren zu dem Schiff hinaus, wo die Ruml in Reih und Glied hinter ihrem Schlüsselträger warteten.
    Der Wagen hielt. Sie stiegen ab. Jason ging zwischen Swenson und dem Mann in Zivil bis auf ein paar Schritte auf den Schlüsselträger zu. Der Schlüsselträger starrte ihn an.
    „Du …“ Der beinahe lippenlose Mund und die engen Kiefer verzerrten die menschlichen Worte beinahe bis zur Unkenntlichkeit. „Du bist der Angler.“
    „Ja“, sagte Jason. Er nickte, mit einer Neigung seines Kopfes, die bei den Ruml als eine Geste
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