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Mit dem Blick aufs weite Meer

Mit dem Blick aufs weite Meer

Titel: Mit dem Blick aufs weite Meer
Autoren: Vanessa Grant
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gleichgültig.
    “Angela Dalton”, erwiderte sie nach einigem Zögern.
    “Dalton?” Kent schaute auf ihre Hand, die auf dem Lenkrad lag. “Ist das Ihr Ehename?”
    Sie betrachtete ihren Ring und beschloss, Kent endlich die Wahrheit zu sagen. “Ja, es ist mein Ehename”, gab sie zu.
    “Wo ist Ihr Mann?”
    Angela blickte Kent forschend in die Augen. Was wollte er bloß von ihr? Hatte er nicht auf Charlottes Boot zu ihr gesagt, dass er daran gedacht habe, sie zu verführen? Plötzlich war ihr die Kehle wie zugeschnürt. Hastig sah sie zur Seite. Wenn sie sonst jemand loswerden wollte, setzte sie eine abweisende Miene auf. Warum gelang es ihr jetzt nicht?
    “Wo ist er?” wiederholte Kent hartnäckig.
    “Möchten Sie ihn kennenlernen?” Sie drückte das Gaspedal durch und startete den Motor.
    Kent ließ die Wagentür los und sprang zurück. Barney hat recht, dachte sie, ich hätte den Ring schon vor Jahren abnehmen sollen. Dann entschloss sie sich, ausnahmsweise nicht die Wahrheit zu sagen. “Besuchen Sie mich im Laden, dann werde ich Ihnen meinen Mann vorstellen.”
    Bevor sie sich nach hinten umsah, weil sie zurücksetzen wollte, schob sich der Bug einer Segeljacht in ihr Blickfeld. Verdammt, ausgerechnet jetzt muss der Travelift vorbeikommen, dachte sie wütend. Mit dem Travelift, einem großen Mobilkran auf vier Rädern, wurden die Boote aus dem Wasser gehoben und, zwischen starken Gurten hängend, an einen anderen Platz transportiert. Hauptsächlich wurden diese Ungetüme eingesetzt, um die Boote vom Liegeplatz in die Werft zu bringen. Aber manchmal fuhren sie auch, im Zeitlupentempo auf der Hauptstraße und brachten die Jachten an einen entfernteren Ort. So wie die beiden Boote, die im Augenblick vor der Firma Dalton aufgebockt waren und von Barney und seinen Leuten repariert werden sollten.
    Endlich hatte der Travelift den Lastwagen so weit passiert, dass Angela zurücksetzen und wenden konnte. Sie sah, dass Kent ihr nachschaute. Aber vielleicht beobachtete er auch nur den Travelift. Sie konzentrierte sich auf die gelbe Jacht in dem blauen Gestell vor sich. Vom Bootsrumpf hingen Algen herunter, aus denen noch das Wasser tropfte. Als zwischen dem Lift und den parkenden Autos genügend Platz zum Überholen war, fuhr sie langsam vorbei.
    Da Angela ihren Schwiegervater nicht im Laden antraf, rief sie zu Hause an. Von dort meldete sich Harvey. Aufgeregt erzählte sie ihm, was sie erlebt hatte: “Auf Charlottes Boot war ein Mann. Er ist ihr… ihr Bruder.” Wie entsetzlich, jetzt hätte sie um ein Haar Charlottes großes Geheimnis verraten! Hastig fuhr Angela fort: “Er will das Boot nach Vancouver bringen lassen. Charlotte hat ihm telegrafiert und ihn gebeten, hier alles zu regeln.”
    Harvey war im ersten Moment sprachlos, dann sagte er entschlossen: “Ich werde hinuntergehen und mit ihm reden.”
    Am liebsten wäre Angela mitgegangen, um zwischen Harvey und Kent Ferguson zu vermitteln, aber sie wollte diesen Mann auf keinen Fall wiedersehen.
    Wenig später legte Angela rotes Segeltuch auf dem langen Tisch aus und bereitete alles zum Zuschneiden von Segelsäcken vor.
    Sie schreckte hoch, als die Glocke der Ladentür anschlug und Kundschaft ankündigte. Doch es waren nur Barneys Frau Sally und ihr Sohn Scott.
    “Ist Barney hier?” Sally war klein und rundlich. Sie hatte schimmerndes blondes Haar und war ziemlich hübsch. Oft lächelte sie auf eine bezaubernd geistesabwesende Art. In dieses Lächeln hatte sich Barney verliebt, als er gerade achtzehn war. Mit der einen Hand hatte sie ihren Sohn fest im Griff, die andere Hand ruhte auf ihrem stark gewölbten Leib. Sie war schwanger Scott versuchte, sich loszureißen. Doch Sally blickte sich zuerst nach Gegenständen um, die ihren sechsjährigen Sohn zu Schandtaten inspirieren könnten.
    “Barney macht gerade Schweißarbeiten in der Werkstatt”, sagte Angela. “Es ist besser, wenn du Scott bei mir lässt, solange du dort drinnen bist. Kaffee ist fertig.” Sie wies mit einer Kopfbewegung zur Kaffeemaschine in der Ecke.
    Sobald Scott frei war, steuerte er zielstrebig auf den Zuschneidetisch zu und umklammerte mit beiden Händen die Tischkante. “Kann ich dir helfen, Tante Angie? Ich mag rot.” Das schmale Gesicht mit dem ernsten Ausdruck und den großen braunen Augen wurde von glattem weizenblondem Haar umrahmt.
    Angela sah sich rasch nach etwas um, womit sie Scott beschäftigen konnte. “Möchtest du das rote Schrägband für mich aufrollen? Dort
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