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Mit Arabella fing alles an

Mit Arabella fing alles an

Titel: Mit Arabella fing alles an
Autoren: Holgate John
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plötzlich Lämmer überall herum, als wären sie wie die Pilze aus dem torfigen Boden geschossen.
    Das Lammen brachte für jeden Betroffenen eine schlimme Zeit mit sich. Es bedeutete unterbrochene Nachtruhe, nächtliche Kontrollgänge und Besorgnis. Wir liefen alle müde und mit Ringen unter den Augen herum.
    »Für eine Prügelei ist man zwar schlecht gelaunt genug, aber zu müde, um die Fäuste in Bewegung zu setzen«, formulierte Aaron unseren Zustand. Aber selbst er, der sein Leben lang Bauer gewesen war, mußte zugeben, daß diese Zeit sehr beglückend war, wenn das Ergebnis zufriedenstellte und sich die Verluste in Grenzen hielten.
    Unsere kleine Herde war sehr gut durch den Winter gekommen und die Vliese eine Handbreit dick. Wenn wir mit einem Eimer voll Zusatzfutter zu den Schafen hinuntergingen, kamen sie angerannt und stellten sich an den Trögen wartend auf, obgleich für jedes Tier nur eine kleine Ration übrigblieb.
    Den Winter über waren die Schafe die unabhängigsten Kreaturen auf einem Bauernhof. Sie durchstöberten die Felder nach Futter und fanden in dem harten Gras noch ausreichend Nahrung, um davon leben zu können. Aber jetzt waren die Mutterschafe schwer trächtig und mußten sorgfältig beobachtet werden. Bei besonderen Anstrengungen wurden sie sehr schnell müde, und wenn etwas schief lief, gaben sie rasch auf.
    »Du mußt sie gut im Auge behalten«, riet Old Jonathon. »So kannst du einige Lämmer am Leben erhalten.«
    Er hatte recht. Wir gewöhnten uns an, mindestens zweimal pro Tag um die Herde herumzugehen, was sich bezahlt machte. Einmal fand John ein Mutterschaf arg verheddert in einem Dornengebüsch in einer Senke und mußte es mit einem Messer befreien. Es war zwar etwas zitterig auf den Beinen, aber ansonsten unverletzt.
    Die Hilfe der beiden Kleinen war von unschätzbarem Wert. Sie organisierten ihre eigene Schafspatrouille, die es in ihrer dramatischen Ausführung mit Batman aufnehmen konnte, aber unseren Beinen eine Menge Kilometer ersparte und sehr nützlich war. Eines Nachmittags kamen sie eilig herbeigerannt — alles wurde mit verstärktem Eifer gemacht — und grüßten militärisch, bevor sie berichteten: »Ein Schaf liegt mit dem Kopf nach unten, Sir. Kommen Sie schnell.«
    Das betreffende Tier lag kopfunter an einem leichten Hang mit den Beinen nach oben in die Luft gestreckt. Es war ihm unmöglich, sich von allein wieder aufzurichten. Wir brauchten nur ein wenig nachzuhelfen, um es wieder in die richtige Lage zu bringen, und bald war es wieder eifrig beim Grasen. Als die Schafe noch schwerer wurden, passierte so etwas mehrere Male.
    Nach dem Kalender waren unsere ersten Lämmer etwa die letzte Woche des Monats fällig. Aber alle warnten uns, >bereits ein paar Tage früher< aufzupassen. Daher brachten wir jetzt die Herde abends auf die leichter erreichbare und besser geschützte Weide für die Kälber; morgens trieben wir sie wieder zu den unteren Wiesen zurück, wo sie reichlicher Nahrung fanden.
    Als der erwartete Zeitpunkt immer näher rückte, begannen John und ich auch nachts um die Herde herumzugehen. Keine sehr erfreuliche Pflicht. Der Wecker ratterte um Mitternacht, und einer von uns beiden mußte aus dem Bett klettern und sich nach draußen wagen. Dabei tat mein alter Duffel Coat, der mittlerweile wie eine kranke Ziege stank, uns beiden gute Dienste; man konnte die Kapuze über eine Mütze mit Ohrenschützern ziehen. So sahen wir aus wie Geistermönche, die über das Gelände schwebten.
    In dieser besonderen Nacht lag tiefe Ruhe über den Feldern. Frost lag in der Luft und der Wind war eisig. Ich konnte die Schafe im fahlen Mondlicht auf dem Gras schlafend liegen sehen. Ihre Augen leuchteten kurz in dem Strahl auf, wenn ich die schwere Taschenlampe auf sie gerichtet hielt, um so jedes Tier einzeln zu kontrollieren. Manchmal stand dann eines auf und ging davon, aber im großen und ganzen nahmen sie keine Notiz von mir.
    Ich fröstelte und fand die Arbeit unergiebig, bis ich in die weiter entfernt liegende Ecke des Feldes kam, wo die Heckenlinie sich etwas krümmte und so eine kleine waldige Senke bildete, die vor dem Wind schützte.
    Dort sah ich sie! Unsere ersten Lämmer! Sie waren gerade erst geboren worden. Eines stand bereits auf zitterigen Beinen, während die Mutter, ein kleines Clun-Schaf mit dunklem Gesicht, noch das zweite säuberte. Ich brauchte nicht zu helfen. Sie wußte, was zu tun war. Wir sahen uns einen Moment lang an, und dann, als sie merkte,
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