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Mit anderen Augen (German Edition)

Mit anderen Augen (German Edition)

Titel: Mit anderen Augen (German Edition)
Autoren: Kerstin Kroll
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Damit wäre die Frage geklärt, wie sie Yoshiro hier wegbringen wollen, ohne ihn umzubringen.
    Die Yakuza verschwinden so schnell wie sie zuvor aufgetaucht sind, während ich mit den Fingern die Stichwunde in meinem rechten Bein abdrücke.
    Nachdem er das ganze Blut mit einem Würgen kommentiert, läuft Jannik ins Haus, um unseren Verbandskasten zu holen. Ich sollte ihm folgen, anstatt weiter den Schnee vollzubluten, aber ich kann meinen Blick nicht vom Boden abwenden.
    Zwischen all dem vom Kampf zertrampelten Schnee ist ein intakter, blutiger Handabdruck zu sehen. Ich weiß nicht, ob er von Yoshiro oder mir stammt. Ich weiß auch nicht, was an dem Anblick so faszinierend ist, aber ich finde ihn wunderschön.
    Rot auf weiß, Tod auf Unschuld.
    Ein merkwürdiger Vergleich, aber irgendwie doch passend.
    „Bring' mir mein Handy mit“, rufe ich ins Haus, denn ich möchte ein Foto davon machen, auch wenn ich nicht weiß warum.
    „Wozu?“, ruft Jannik zurück.
    Wenn ich ihm das sage, hält er mich für verrückt. Also verrückter als ohnehin. „Wirst du schon sehen“, wiegle ich daher ab und wende mich meinem verletzten Arm zu.
    Die Wunde muss genäht werden, genauso wie mein Bein. Und der gebrochene Finger braucht mindestens eine vernünftige Schiene. Ich bin mir nicht sicher, ob ich das dieses Mal alleine kann, denn wenn ich nicht völlig falsch liege, habe ich mindestens drei geprellte Rippen und eine Zerrung in der Schulter. Yoshiro ist ein sehr guter Kämpfer und in ein paar Jahren wird er besser sein als ich.
    Jannik kommt atemlos bei mir an, reicht mir das Handy und nimmt dann die Stichwunde an meinem Bein näher in Augenschein. „Oh je.“ Er sieht zu mir auf. „Was ist mit deinem Arm und dem Finger?“
    „Nicht umfallen oder kotzen“, necke ich ihn und suche im Handy nach der Fotofunktion. „Gebrochen. Ich hatte schon ewig keinen Gips mehr. Der Arm tut weh. Genauso wie meine Schulter  und die Rippen. Ich schätze geprellt und gezerrt.“
    „Schulter? Rippen?“, fragt Jannik entsetzt und schnaubt, als ich ihn angrinse. „Das ist nicht witzig“, murrt er und öffnet den Erste-Hilfe-Kasten. „Was soll ich machen? Abbinden?“
    „Nimm eines von den Verbandpäcken, drück es auf die Wunde und fixiere es mit einer der Binden.“
    „Du musst ins Krankenhaus“, verlangt er verärgert und wird derweil immer blasser. Ich muss ihn von dem Blut ablenken, bevor er mir hier umkippt und das dürfte am besten klappen, indem ich ihn ärgere.
    „Ich sehe mir an, ob ich es selbst nähen kann, ansonsten fahren wir in die Notaufnahme“, erkläre ich deshalb abwinkend, obwohl mir klar ist, dass er Recht hat. Ich brauche einen Arzt.
    „Wieso musst du immer so stur sein? Gott, ich kotze gleich.“
    „Wenn du kotzt, ruinierst du das Foto.“
    „Was für ein Foto?“, fragt er verblüfft und ich stöhne auf, als er den Verband etwas zu fest auf mein Bein drückt. „Tschuldige. Was machst du da eigentlich?“, will er wissen, als ich gerade versuche den Abdruck im Schnee zu fotografieren.
    „Den Handabdruck fotografieren.“
    „Den Handab...?“ Jannik verstummt mitten im Wort und als ich das Foto gemacht habe und zu ihm sehe, sieht er verdutzt auf den blutigen Handabdruck im Schnee. Im nächsten Moment fängt er an zu lachen und tippt sich dabei vielsagend gegen die Stirn. „Du hast eindeutig nicht mehr alle Tassen im Schrank“, erklärt er dann, bevor er nach der Binde greift und erst mein Bein und dann den Arm abbindet.
    Als wir uns auf den Weg machen, muss ich mich auf ihn stützen, so sehr tut mir mittlerweile alles weh. Ich sage nichts dazu, dass er mich zum Wagen führt und ich sage auch nichts, nachdem er mir geholfen hat, ins Auto zu steigen. Erst als er den Wagen kurz darauf die Straßen entlang lenkt, sehe ich fragend zu ihm.
    „Und wie willst du den Ärzten meine Verletzungen erklären?“
    „Wir haben trainiert, du wolltest mir Selbstverteidigung beibringen, das ging daneben, weil ich mich angestellt habe wie der letzte Trottel und wir deshalb in Streit geraten sind“, antwortet Jannik trocken und sieht mich an, während er an einer roten Ampel hält. „Kurz gesagt, ich werde lügen wie gedruckt und hoffen, dass die Ärzte mir glauben, dass ich dich verletzt habe. So oft wie wir hier schon Stadtgespräch waren, kommt es auf einmal mehr oder weniger nicht an.“
    Er ist unmöglich. Wirklich unmöglich.
    Und auch wenn mir alles wehtut, ich muss einfach darüber lachen. Ich kann nicht anders. Da
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