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Mit anderen Augen (German Edition)

Mit anderen Augen (German Edition)

Titel: Mit anderen Augen (German Edition)
Autoren: Kerstin Kroll
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geklopft.
    „Yakuza?“, fragt Jannik leise, während ich aufstehe und nach meinen restlichen Sachen greife. Er wird blass, als ich nicke.
    Unsere Schonfrist ist soeben abgelaufen.
     
     

 
     
    XI
     
     
    Hiroki Yamada sieht genauso aus, wie ich ihn in Erinnerung habe. Ein aufrechter und sehr stolzer Mann, der weiß, wer er ist und welche Macht er hat. Er bräuchte nur mit dem Finger schnipsen oder nicken und Jannik und ich wären Geschichte. Yamada tut nichts von Beidem, sondern steht nur da und sieht uns entgegen.
    Ich habe Jannik befohlen hinter mir zu bleiben, sodass ich zwar sein Gesicht jetzt nicht sehen kann, aber ich höre, wie er scharf Luft holt und sich dann in meinen Pullover verkrallt. Er hat Angst. Ich kann sie ihm nicht verübeln. Mein Blick schweift kurz über die Umgebung. Ich sehe keine Wagen. Sie müssen durch den Wald gekommen sein.
    „Bist du gewillt, dein Wort zu halten, Attentäter?“, fragt Yamada und bevor ich nachhaken kann, was er damit meint, tritt hinter zwei seiner Männer ein mir äußerst bekanntes Gesicht hervor. Yamada hat Yoshiro mitgebracht und damit ist mir klar, was er will.
    „Ich werde mein Wort halten.“
    Yamada nickt. „So wie mein Sohn das seine.“
    „Du hast seinen Sohn abgestochen?“, fragt Jannik hinter mir abrupt, was Yoshiro grinsen lässt. Jannik wird rot, als ich ihm einen tadelnden Blick zuwerfe. „Sorry. Bin schon still.“
    Das ist auch besser so. Ich will Yamada nicht ungewollt verärgern, nur weil Jannik sich verbal nicht zurückhalten kann. Dabei ist meine Überraschung genauso groß wie seine, ich kann es allerdings besser verbergen. Ich hatte keine Ahnung, dass Yamada ein Kind hat und ich muss zugeben, ich bin überrascht, dass Jannik und ich noch am Leben sind, nachdem ich Yoshiro in Philadelphia beinahe umgebracht habe.
    Aber selbst wenn ich es gewusst hätte, es hätte nichts geändert. Das tut es auch jetzt nicht. Ich gab Yoshiro mein Wort, auf ihn zu warten, und ich werde es halten.
    „Jannik? Du wirst dich nicht einmischen.“
    „Aber...“
    Er verstummt, als ich ihn ansehe. „Es geht um die Ehre, verstehst du mich?“
    Nein, tut er nicht. Wie sollte er auch? Trotzdem nickt Jannik, weil er, auch wenn er die japanischen Traditionen und die Gesetze der Yakuza nicht kennt, sehr wohl begreift, wie wichtig es mir ist, dass er sich hier und jetzt zurückhält.
    „Sag' es!“ Ich will sein Wort, denn er wird es halten, das weiß ich.
    Jannik schluckt und nickt erneut. „Ja.“
     
    'Wenn du kämpfst, musst du aufhören, darüber nachzudenken. Du musst angreifen, du musst reagieren und du musst schneller sein, als dein Gegner, denn sonst bist du tot.'
     
    Das hat einer meiner Lehrmeister in Japan vor vielen Jahren zu mir gesagt und auch wenn wir später verschiedener Meinung waren, damit hat er Recht behalten.
    In Philadelphia hatte ich keine Gelegenheit, mit Yoshiro zu kämpfen und dabei seinen Stil und seine Technik genau zu studieren. Ich weiß nicht, was für ein Gegner er sein wird, aber ich weiß, dass seine Wunde von meinem Messer ein Schwachpunkt ist. Und Schwachpunkte weiß ich zu nutzen. Ich werde ausblenden, wer sein Vater ist, und ich werde ausblenden, dass Jannik uns zusieht und sein Leben von mir abhängt. Von meiner Fähigkeit zu kämpfen.
    „Wähle deine Waffe, Attentäter“, fordert Yamada, als ich schweigend zu ihm sehe, denn er ist der Älteste von uns und es ist sein Sohn, gegen den ich gleich kämpfen werde.
    Ich müsste nicht auf sein Wort warten, aber dass ich es tue, wird er nicht vergessen. Ganz gleich wie dieser Kampf ausgeht.
    Ich ziehe eines meiner Messer unter dem Pullover hervor und halte es mit fragendem Blick Yoshiro hin. Ein Angebot, das er annimmt. Er stünde ihm frei, eine andere Waffe zu wählen, dennoch akzeptiert er das Messer und zieht sein Jackett aus, während ich ein zweites Messer aus der Halterung an meinem linken Knöchel ziehe und dann Jannik andeute, sich zur Haustür zurückzuziehen.
    Yoshiro und ich brauchen Platz. Ich will nicht, dass Jannik verletzt wird, nur weil er zufällig zu nah bei uns steht. Yamadas Leute machen es Jannik nach und weichen bis zu unserem Wagen zurück.
    Yoshiro und ich verbeugen uns voreinander, bevor er mein Messer an sich nimmt. Ich überlasse ihm den ersten Schlag und den weiß er zu nutzen. Er ist schnell und gut ausgebildet. Wir landen im Schnee, ich über ihm. Mit einer Hand halte ich seine fest, die das Messer hält, mit dem anderen Unterarm drücke ich seine
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