Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mit anderen Augen (German Edition)

Mit anderen Augen (German Edition)

Titel: Mit anderen Augen (German Edition)
Autoren: Kerstin Kroll
Vom Netzwerk:
kann er mich einen Idioten nennen, so oft er will.
     
    Der Vertrag aus Japan kommt Ende Januar und Jannik ächzt, als wir beim Lesen über die Summe der Ausgleichszahlung stolpern. Yamada war wirklich großzügig. Nicht, dass ich nicht genug Geld hätte, aber mit den zwanzig Millionen US-Dollar, die Jannik ab sofort auf einem dafür angelegten Bankkonto zur Verfügung stehen, ist sein restliches Leben abgesichert.
    „Reicht das, um meine Schulden zu bezahlen?“
    „Du hast doch gar keine Schulden“, antworte ich irritiert und lagere mein Bein auf dem Couchtisch etwas um.
    Die Stichwunde im Oberschenkel war tiefer, als ich gedacht hatte und ich bin froh, dass Jannik mich nach dem Kampf umgehend ins Krankenhaus geschafft hat. Ich kann zwar wieder normal laufen, aber es wird dauern, bis die Wunde richtig verheilt ist und noch kann mir der Physiotherapeut, zu dem ich zweimal pro Woche gehe, nicht sicher sagen, ob Einschränkungen bleiben werden. Die Stichwunde im Arm und meine anderen Verletzungen waren hingegen kein Problem. Außer neuen Narben ist nichts von ihnen zurückgeblieben.
    Jannik grinst schief, als sich unsere Blicke treffen. „Doch. Bei dir. Du hast die letzten Monate alles bezahlt.“
    Ach das meint er. Ich winke ab. „Ich habe genug Geld.“
    „Mehr als das da?“, fragt er und deutet auf die Summe im Vertrag.
    „Ja.“
    Jannik sieht überrascht aus. „Na ja, wenn du für meinen Alten schon zehn gekriegt hast...“
    Er führt den Satz nicht zu Ende. Muss er auch nicht. Ich hatte zwölf Jahre Zeit, um mir mit dem Töten von Menschen ein kleines Vermögen zu verdienen und das habe ich getan. Egal, wo wir in Zukunft leben werden, fehlen wird es uns dabei an nichts. Jetzt müssen wir nur noch klären, ob es ein 'Wir' gibt, nachdem diese ganze Sache ausgestanden ist.
    „Wirst du gehen oder bleiben?“, frage ich daher, worauf Jannik mich verständnislos ansieht. Ich deute auf den Vertrag von Yamada. „Dein Freifahrtschein ins Leben. Du musst nur unterschreiben, dann kannst du gehen, wohin du willst.“
    Janniks Verständnislosigkeit weicht sichtbarer Empörung. „Moment mal, wirfst du mich jetzt etwa raus?“
    „Nein.“
    „Worum geht es dir dann?“
    „Bist du dir sicher, dass du das willst?“
    Jannik stöhnt frustriert auf. „Zack, ich verstehe kein Wort. Würdest du mir bitte mal sagen, wovon du eigentlich redest?“
    „Du hast Yamada gesagt, dass du mich liebst“, werde ich deutlicher, denn ich habe kein einziges Wort vergessen, was er gesagt hat.
    „Und? Ist das jetzt etwa ein Verbrechen, nur weil du mit den Worten nichts anfangen kannst?“
    „Nein“, antworte ich und studiere Janniks Gesicht. Trotz spricht aus seinen Augen. Außerdem steht er kurz davor, ernsthaft sauer auf mich zu werden. „Ich bin vierzehn Jahre älter als du. Vielleicht willst du ja lieber erstmal für eine Weile in der Welt herumziehen.“
    Jetzt hat er es begriffen und im nächsten Moment landet seine Hand mit einem klatschenden Geräusch in meinem Gesicht. Ich weiß nicht, wer darüber erstaunter ist, Jannik oder ich, aber ich schätze, diese Backpfeife habe ich verdient.
    „Du bist so ein Arschloch, echt mal. Als ich kurz vor Thanksgiving mit Jonathan getanzt und geflirtet habe, hast du mir angedroht, ihn umzubringen, wenn ich mit ihm schlafe. Und jetzt bietest du mir an, genau das mit anderen Kerlen zu tun, um mir sicher zu sein, dass ich dich will? Für wie dämlich hältst du mich eigentlich? Ich bin vielleicht erst einundzwanzig, aber ich kann sehr wohl selbst entscheiden, mit wem ich schlafe und mit wem ich zusammenlebe.“
    Oha. Von wegen, er steht kurz davor sauer zu werden. Er ist bereits stinkwütend und wenn ich jetzt nicht aufpasse, fliegen zwischen uns gleich die Fetzen.
    „Jannik...“
    „Halt die Klappe, ich bin noch nicht fertig!“, fährt er mir über den Mund und steht auf, um wütend im Raum auf und abzulaufen. „Wie viele Männer müsste ich denn haben, bis du mich für reif genug hältst, mit dir zu leben? Ich meine, es wäre nur fair, mir eine Zahl zu nennen, wenn du schon so darauf bestehst, dass ich in der nächsten Zeit mit fremden Männern Sex habe.“
    Ich beiße die Zähne zusammen, um bloß nichts Falsches zu sagen. Ich werde jeden Typen umbringen, der Jannik anfasst, daran hat sich nichts geändert, aber ich dachte, es wäre richtig, es ihm wenigstens anzubieten. Wenn er bleibt, wird er von jetzt an und für immer zu mir gehören, und er ist einfach noch so jung. Vielleicht
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher