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Mit 15 wachsen einem Flügel

Mit 15 wachsen einem Flügel

Titel: Mit 15 wachsen einem Flügel
Autoren: Tina Caspari
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Fensterbrett.
    Die „Heldengalerie“ war eine Reihe von Fotos ehemaliger Schüler, die es an einem der großen Theater zu Ruhm und Ehren gebracht hatten. Sie zierten, versehen mit schwungvollen Widmungen, die Wände des Flurs und des Empfangsraumes.
    „Ja. Es kämen eigentlich nur zwei in Frage — die beiden, die in der Nähe sind. Bibi Castell, aber die probt für eine Fernseh-show. Und Janos Thöldy, der an der Staatsoper engagiert ist.“
    „Janos? Der macht das doch nie!“ rief Inga aus. „Neben all den Proben und Vorstellungen...“
    „Nun, ich werde ihn jedenfalls fragen. Er war ein Lieblingsschüler von Frau Künzel, und wenn er uns schon nicht helfen kann, dann kann er uns vielleicht einen geeigneten Kollegen nennen. Ich werde jetzt telefonieren. Und ihr — ihr macht euch wohl besser an die Arbeit. Constanze, übernimmst du heute die Leitung des Trainings?“
    „Mach ich.“
    Die Mädchen erhoben sich und verließen eine nach der anderen den Raum, immer noch wie gelähmt von der schrecklichen Nachricht. Als Katja den Ballettsaal betreten wollte, rief Elfie sie noch einmal zurück.
    „Könntest du den ,Zwergen-Kurs‘ um vier Uhr übernehmen, Katja? Die Drei- bis Fünfjährigen — ein bißchen Bodenturnen, Laufübungen und so weiter. Ich stelle dir ein Programm zusammen.“
    „Klar, gern!“ Katja wurde rot vor Stolz.
    Mami würde Augen machen, wenn sie heute abend von ihren neuen Aufgaben erzählen würde. Assistentin in der Ballettschule Künzel. Sie nahm sich vor, alles zu tun, um Frau Künzel Ehre zu machen.
    Im großen Ballettsaal hatten die Mädchen bereits mit dem Training begonnen. Katja schlüpfte schnell an ihren Platz. Mit so viel Ernst und Konzentration hatten sie schon lange nicht mehr gearbeitet.
    „Wißt ihr was?“ sagte die kleine Britta plötzlich in das gleichmäßige Füßescharren hinein. „Wie wär’s, wenn wir zugunsten von Frau Künzel einen Tanzabend veranstalten würden?“
    Constanze ließ überrascht das Tamburin sinken, a.uf dem sie den Takt geklopft hatte, und die Mädchen unterbrachen die Übung.
    „Mensch, Britta, das ist die Idee! Das müssen wir nachher gleich mal mit Elfie besprechen“, sagte Constanze aufgeregt. Sie hatte seit langem auf eine Gelegenheit gehofft, ihr Können vor einem Publikum zu zeigen. Vielleicht würden ihre Eltern dann endlich nachgeben und ihr die Berufsausbildung zur Tänzerin gestatten.
    Auch die übrigen Mädchen waren bei dem Gedanken, bei einem Ballettabend aufzutreten, Feuer und Flamme. Jede träumte sich in ihre Lieblingsrolle hinein, bis Constanze schließlich mahnte: „So, nun laßt uns aber noch was tun, sonst reicht unsere Kondition nicht mal für ’ne Pantomime.“

    „Kinder, es hat geklappt!“ rief Elfie glücklich, als die Mädchen später aus dem Ballettsaal kamen. „Janos Thöldy will für Frau Künzel einspringen. Er hat gemeint, für seine zweite Mutter, der er all seinen Erfolg verdankt, würde er alles andere stehen- und liegenlassen. Außerdem muß er sich ohnehin im Augenblick wegen einer Verletzung etwas schonen und hat seine schwierigsten Partien vorübergehend abgegeben.“
    „Wir haben also Glück im Unglück“, meinte Ulrike erleichtert. „Ich glaube, wenn Frau Künzel das hört, wird es ihr gleich ein bißchen besser gehen. Darf man sie besuchen?“
    „Vorläufig noch nicht. Aber ich rufe täglich zweimal im Krankenhaus an, um mich nach ihr zu erkundigen. Sobald sie Besuch bekommen darf, sage ich euch Bescheid.“
    Die Garderobe füllte sich mit Müttern und ihren drei- bis fünfjährigen Sprößlingen. Elfie nahm Katja am Arm und stellte sie als vorläufige Lehrkraft für diesen Kurs vor. Katja
    wurde fast ein wenig mulmig, als die Frauen sie mit einer Mischung aus Skepsis und Neugier musterten. Aber wenn sie mit Markus und Fips fertig wurde, würde sie auch diese acht Zwerge schaffen.
    Und es ging leichter, als sie gedacht hatte. Sie ließ die Kleinen Figuren laufen, hüpfen und rückwärtsgehen, dann kam eine Reihe von Bodenübungen und Geschicklichkeits-Aufgaben, und schließlich ein paar Ballspiele. Ihre anfängliche Hemmung vor den Müttern, die am Rande saßen und zuschauten, verflog sehr schnell. Ein versteckter Seitenblick auf ihr gestrenges Publikum zeigte ihr bald, daß man mit ihrer Arbeit zufrieden war.
    „Ich habe nicht geglaubt, daß mir das Unterrichten so viel Spaß machen würde!“ sagte sie später zu Elfie. „Hast du schon einen Plan gemacht, welche Stunden ich noch
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