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Mit 15 wachsen einem Flügel

Mit 15 wachsen einem Flügel

Titel: Mit 15 wachsen einem Flügel
Autoren: Tina Caspari
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Freund. Und das ist meine Großmutter.“ Klaus schob Katja vor sich her in die Küche. „Luischen, darf ich dir Katja vorstellen?“
    Bei dem Wort „Luischen“ sah Katja sich fragend um. Klaus lachte.
    „Wir nennen sie alle Luischen, sie hat es gern, und wir finden es schöner als ,Oma‘ oder ,Omi‘. Das würde gar nicht zu ihr passen.“
    Die alte Dame strahlte Herzlichkeit und Energie aus. Sie sah Katja an, als wüßte sie bereits alles von ihr und fände es höchst überflüssig, daß sie ihr nun noch extra vorgestellt werden sollte. Sie drückte Katja einen Berg Teller in den Arm und wies mit einer raschen Kopfbewegung, bei der ihre Löckchen wie auf kleinen Spiralfedern tanzten, auf einen der Hängeschränke.
    „Da oben rein. Schau mal nach, ob sie staubig sind.“
    „Die Schränke?“
    „Nein, die Teller.“
    „Nö.“
    „Um so besser. Hier sind die Untertassen und die Frühstücksteller. Die stellst du daneben. Und vorne kommen die Tassen hin.“ Sie lief nach draußen, um weitere Körbe mit Küchenutensilien hereinzuholen.
    „Gefällt sie dir?“ fragte Klaus, der immer noch in der Tür stand.
    „Sehr.“
    „Mir auch. Sie ist der einzige Mensch, vor dem ich keine Geheimnisse habe.“
    Katja wurde rot. Dann wußte Luischen also auch, daß Klaus im vorigen Schuljahr in sie verliebt gewesen war. Und wie blöd sie sich benommen hatte, weil sie einfach nicht kapieren wollte, daß ein Junge sich für die häßliche, langweilige Katharina Steinebach interessieren könnte. Damals hatte sie noch diese gräßliche Zahnspange getragen, „Klemmentine“. Du lieber Himmel, hatte sie sich blamiert!
    „Mußt du heute nicht zum Balletttraining?“ riß Klaus sie aus ihren Gedanken.
    „Nein, erst morgen.“
    „Und auch nicht zu Petra?“
    „Die ist mit ihrer Mutter in der Stadt. Schuhe kaufen.“
    „Hab ich ein Glück. Dann kannst du mir ja helfen, mein Zimmer einzurichten.“
    „Klar, so was mache ich wahnsinnig gern!“ Es klang ein bißchen verkrampft, obgleich es doch so richtig strahlend hatte herauskommen sollen.
    Klaus merkte es zum Glück nicht.
    „Fein, dann setze ich jetzt den Schrank und das Bücherregal zusammen, bis du hier fertig bist. Ich ruf dich dann.“
    „Okay.“
    Zwei Stunden später hockten sie erschöpft auf dem Fensterbrett und betrachteten ihr Werk.
    „Richtig gemütlich!“ stellte Klaus zufrieden fest. „Das Poster gefällt mir nicht mehr, da muß bald etwas anderes her. Was würdest du als Stoff für die Vorhänge und den Sessel vorschlagen?“
    Katja sog an ihrer Cola. „Jeansstoff. Oder Schotten — irgend so was.“
    Draußen gab es einen Tumult. Mami war mit dem frischgebackenen Brot erschienen, das sie in ein rotweißkariertes Tuch eingeschlagen hatte. In der Mitte des Brotes war eine kleine Mulde, in die sie ein Schälchen mit Salz gestellt hatte. Klaus und Katja hörten, wie Luischen sich überschwenglich bedankte.
    „Komm, laß uns zu den anderen gehen, jetzt wird’s sicher richtig gemütlich bei uns.“
    Klaus hatte recht. Herr Funke, der darauf bestand, daß die Nachbarkinder ihn von Anfang an mit „Onkel Edi“ anredeten, hatte Bier und Wein bereitgestellt, Luischen brachte Schüsseln mit Keksen und Chips, und bald saß im halbeingerichteten Wohnzimmer alles im Kreis herum und schwatzte und lachte. Als Papi draußen vorfuhr, wurde er sofort von den Zwillingen herbeigeschleppt und in einen Sessel gedrückt. Die Männer fachsimpelten bald über die Vor- und Nachteile dieser Reihenhaussiedlung, in der sie nun Wand an Wand wohnen würden. Mami schilderte Luischen in glühenden Farben alle Katastrophen, die während des ersten Jahres mit Wasserrohren, elektrischen Leitungen, undichten Stellen im Dach und ähnlichen Tücken über sie hereingebrochen waren. Sie versprach in all solchen Fällen ihre nachbarliche Hilfe. Und die Zwillinge und Celia hockten mit dem dicken Onkel Erich um die Gebäck-Schüsseln und teilten die Schokoladenkekse unter sich auf.
    Klaus hockte sich neben Katja auf die Sessellehne. Die Verandatür stand weit auf, es war mild an diesem Märzabend, die Vögel begrüßten jubelnd den Frühling, und die letzten Strahlen der Sonne vergoldeten die Kraterlandschaft, aus der mal ein Garten werden sollte.
    „Dürfen wir die Glotze anmachen? Ich glaube, jetzt kommt ’ne Kindersendung!“ posaunte Markus.
    „Hier nicht“, knurrte Mami.
    „Sind wir nicht schon klasse Nachbarn?“ fragte Klaus leise.
    „Doch“, meinte Katja und wurde rot.

Eine
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