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Mit 11 erobert man die Welt

Mit 11 erobert man die Welt

Titel: Mit 11 erobert man die Welt
Autoren: Tina Caspari
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und schlug die Seite auf, auf der die Mitwirkenden abgebildet waren. Tatsächlich, sie hatte es ja gewußt! Es war Jurij Bogdanow, einer der Solotänzer. Er hatte ihr so gut gefallen, weil seine Darstellung so etwas Spielerisches gehabt hatte, so, als koste ihn der Tanz überhaupt keine Mühe. Und dieser Jurij Bogdanow saß jetzt mehrere Stunden neben ihr und flog mit ihr nach Frankfurt!
    Wie konnte sie mit ihm ein Gespräch anfangen? Sollte sie ihn um ein Autogramm bitten? Nein, dann fühlte er sich vielleicht belästigt und der ganze Flug machte ihm keinen Spaß mehr.
    Katja dachte fieberhaft darüber nach, wie sie es anstellen konnte, daß er sie ansprach. Seit sie wußte, wen sie neben sich hatte, traute sie sich gar nicht mehr, hinüber zu sehen. Und wenn er nun überhaupt nur russisch sprach? Sicher war er noch nicht oft in der Welt herumgereist. Wieso war er hier überhaupt ohne seine Truppe unterwegs? Oder saßen die anderen hinter ihnen? Katja sah sich um. Nein, das waren ganz sicher Geschäftsleute. Sie trugen langweilige Krawatten zu noch langweiligeren Anzügen.
    Katja reckte den Kopf noch ein wenig weiter auf den Gang vor. Von den anderen Tänzern war nirgends einer zu sehen. Schade. Sie wandte sich wieder zurück. Da passierte es. Hinter ihr hatte eben ein Steward Jurij Bogdanow einen Orangensaft serviert. Durch Katjas heftige Bewegung geriet das kleine Tablett ins Wanken, das Glas kippte und der Inhalt ergoß sich auf die Lederjacke des Tänzers.
    „Oh verdammt..., äh, ich meine, Verzeihung, das tut mir schrecklich leid!“ stotterte Katja und wurde rot wie eine überreife Tomate. „I mean, I’m so sorry, Sir!“ JurijBogdanow lachte gutmütig. „Is nix schlimm. Kann passieren jedes Mensch.“
    Was für eine Stimme! Rauchig mit Samtpfötchen! Katja jubelte innerlich. Dabei begann sie eifrig, die Lederjacke mit ihrem Vorrat an Papiertaschentüchern abzutrocknen.
    „Finde ich ja super, daß sie deutsch sprechen!“ Sie strahlte ihn an. „Ich meine, nicht, daß ich jetzt die ganze Zeit mit Ihnen quatschen möchte, Sie sind sicher müde von der Vorstellung gestern...“
    Jurij Bogdanow verstand höchstens die Hälfte, das war ihm anzusehen. Katja nahm das Programm zu Hilfe. „Hier! Gestern abend, die Vorstellung. Schwanensee! Es war phantastisch!“
    Der Steward brachte neuen Orangensaft, auch Katja bekam einen. Jurij stieß scherzhaft mit ihr an. „Nastarownje! Prost! Schön, das hat dir gefallen..., das.“ Deutsch zu sprechen machte ihm offensichtlich große Mühe, es hörte sich an, als huste er die Worte heraus.
    Katja trank ihren Orangensaft und lächelte hin und wieder zu ihm herüber. Um keinen Preis der Welt wollte sie, daß er sich belästigt fühlte. Andererseits hätte sie sich liebend gern mit ihm unterhalten.
    „Ich bin Jurij“, sagte er plötzlich und reichte Katja die Hand. „Und du?“
    „Ich bin Katja.“
    „Katja, oh! Russischer Name!“
    „Äh... ja“, Katja wußte nicht, wie sie die Unterhaltung fortsetzen sollte, und lächelte etwas hilflos. Dabei versuchte sie, Jurij tief in die Augen zu sehen.
    „Katja, gut!“ wiederholte Jurij. „So ich kann reden deutsch..., ich kann...“, er suchte nach dem richtigen Wort, „ich kann üben! Muß viel üben deutsch reden.“
    „Ja?“ Katja hätte sich ohrfeigen können, daß ihr nichts Vernünftiges einfiel. Da saß nun einer der Tänzer neben ihr, die sie gestern so bewundert hatte, und sie brachte kein Wort heraus!
    „Ja, ist... wichtig, weil ich werde in Deutschland arbeiten.“
    Katja sah ihn mit großen Augen an. „In Deutschland arbeiten? Als Tänzer? Wo?“
    „In Frankfurt“, erzählte Jurij. „Hab Vertrag für zwei Jahre.“
    Nun hatte Katja keine Mühe mehr, sich mit ihrem Nachbarn zu unterhalten. Da gab es so viel zu fragen. Welche Rollen er tanzen würde. Ob er schon eine Wohnung habe. Ob er Frankfurt schon gut kenne. Ob er schon öfter in Deutschland gewesen sei. Welches Ballett sein liebstes wäre und welche Rolle er am liebsten tanzen würde. Jurij gab bereitwillig Auskunft. Etwas stockend und umständlich zwar, und manchmal mußte er die Sätze zwei-, dreimal wiederholen, bis Katja verstanden hatte, was er meinte. Aber er freute sich ganz offensichtlich über die Gelegenheit, sein Deutsch zu verbessern, bevor er in Frankfurt aus der Maschine stieg und sich zu seiner deutschen Truppe begab. Gleich morgen sollte er mit dem Training in Frankfurt beginnen. Natürlich würde er Heimweh haben, erklärte er.
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